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Berufsmäßiges ZockenNiklas aus Iversheim hat für das Gaming die Schule abgebrochen

Lesezeit 3 Minuten
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Niklas Weber hat Erfolge und Nachteile beim Thema eSport selbst erlebt.

Bad Münstereifel-Iversheim – Traumberuf eSportler? Das berufsmäßige Zocken am PC ist heute die Idealvorstellung vieler junger Leute. Wer Talent, Disziplin und Durchhaltevermögen mitbringt, kann vom heimischen Computer aus die professionelle Gamer-Karriere starten und damit gutes Geld verdienen. Doch auch im Amateurbereich locken internationale Wettbewerbe mit Gewinnfonds von 100.000 US-Dollar und mehr.

Die Vor- und Nachteile des Dauer-Daddelns hat Niklas Weber aus Iversheim erlebt. „Durch einen Freund bin ich im Sommer 2017 zu dem Spiel »Playerunknown’s Battlegrounds« gekommen“, erinnert sich der 20-Jährige. An dem Mehrspieler-Shooter hätten ihn vor allem die Strategien fasziniert, mit denen man sich im Spiel in Zweier- oder Vierer-Teams durch verschiedene Terrains arbeitet und sich gegnerischen Mannschaften stellt. Das Prinzip ähnele ein wenig dem Roman „Die Tribute von Panem“, so der eSportler: „Wer als Letzter übrig ist, gewinnt.“

4000 Euro pro Person bei einem Turnier

Bis zum ersten Online-Turnier im Oktober 2017 hatte der Schüler bereits rund 300 Spielstunden in den taktischen Ego-Shooter investiert, der von Gamern nur kurz „PUBG“ genannt wird. Zwar gab es für das Erreichen des zweiten Platzes nur ein T-Shirt und eine Kappe – das „coole Gefühl“ des Gewinnens aber spornte weiter an.

Im Februar dieses Jahres waren es dann bereits 4000 Dollar pro Person, die der Iversheimer und die drei Teamkameraden seines „Squads“ (englisch: Kader, Gruppe) für den Sieg des Rivals-Turniers des Live-Streaming-Videoportals „Twitch“ kassierten. Da war das Zeitkontingent bereits auf 1200 Stunden angewachsen.

2000 Dollar erspielte sich Niklas beim Regional-Finale in Berlin, 5000 Dollar bei den Grand Finals in Paris. Summen, von denen Gleichaltrige nur träumen können, genauso wie von den vom Organisator gesponserten Reisen und Hotelaufenthalten während der Wettbewerbe.

Eltern sehen Gaming kritisch

Doch weil nicht alles Gold ist, was glänzt, kam der rasante Erfolg in der digitalen Welt mit einer Kehrseite im wahren Leben daher. „Ich konnte damit zuerst überhaupt nichts anfangen“, berichtet Niklas’ Vater Frank über das FSK-16-Spiel. Nicht nur der Inhalt des Computer-Games sei Anlass für Diskussionen gewesen.

„Durch das viele Spielen kam es natürlich auch zu Konflikten in der Familie, weil Niklas sich nur noch in seinem Zimmer aufgehalten und trainiert hat“, beschreibt der Vater die ungewohnte Situation daheim: „Bis vor wenigen Jahren hat er für den ETSC in der Jugendbundesliga Fußball gespielt und nur ab und an mal am PC gesessen.“

Niklas macht Fachabi in Kall

Als sich der Sohn im Frühjahr schließlich vom Gymnasium abmeldete, um sich komplett dem PUBG-Zocken zu widmen, stieß das auf wenig Verständnis bei Eltern und Geschwistern. Doch auch hier überraschte der junge Mann wieder mit einer unerwarteten Wendung im Lebenslauf. „Mittlerweile sehe ich das ähnlich wie meine Familie“, berichtet er: „Deshalb besuche ich seit dem Herbst das Berufskolleg in Kall und mache mein Fachabi in Ernährung und Hauswirtschaft.“ Dafür ganz aufs Spielen verzichten möchte er jedoch nicht, erklärt der ehemalige ETSC-Fußballer: „Ich habe Anfang kommenden Jahres vielleicht die Möglichkeit, der vierte Mann in einem Profi-Team zu werden.“

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Dann winkten ein Festgehalt und ein Zeitaufwand von rund vier Stunden fürs tägliche Training, erläutert Niklas. Sofern der Sohn weiterhin Einser-Noten in der Schule schreibe, könne man sich mit diesen Konditionen auch als Eltern anfreunden, bestätigte Mutter Sabine: „Es muss sich die Waage halten.“