Wandern in Corona-ZeitenAbstandsregel gilt auch im Wald
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Kreis Euskirchen – Kreis Euskirchen. Bei dem prognostizierten, traumhaften Frühlingswetter am Wochenende – vielleicht sogar bis Ostern – entwickelt eine Frage in der Region zunehmend Brisanz: Darf man noch wandern oder sollte man dies mit Blick auf mögliche Infektionsgefahren lieber nicht tun? Werden beliebte Wege wie der Eifelsteig oder im Nationalpark vorsorglich gesperrt? Die Sperrungen der Narzissenwiesen und des Freilinger Sees samt Uferrundweg haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Macht das Beispiel jetzt Schule?
Für Blankenheims Bürgermeister Rolf Hartmann ist das eine gute Frage. Etwa mit Blick auf den Curtius-Schulten-Platz mitten im Ort. Dort trifft sich eine ganze Reihe bekannter Eifelwanderwege – vom Jakobsweg über Ahr- und Eifelsteig bis zum Quellen- und Tiergartentunnelweg. Was geschieht, wenn es zur Gruppenbildung ohne den ausreichenden Sicherheitsabstand kommt? Kommt dann das Ordnungsamt? „Wer sich an die Regeln hält, der ist bei uns willkommen“, sagt Hartmann. Ihm ist aber eben auch wichtig: „Wir haben nur diese eine Welt. Die gehört allen.“ Er werde doch keine „Kontrolljagden“ auf Wanderwegen anordnen.
Die Touristiker
Das sehen zwei wichtige Tourismus-Organisationen der Region – die Nordeifel Tourismus (NET) in Kall und die Eifel Tourismus (ET) in Prüm – genauso. Sie ziehen aber andere Konsequenzen. „Es ist nicht an der Zeit, die Region als potenzielles Ausflugsziel anzupreisen“, so NET-Geschäftsführerin Iris Poth. Man bewerbe daher selbst die nagelneuen Eifelschleifen und Eifelspuren derzeit nicht. Die große Eröffnungsveranstaltung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Wanderfreunde hält man so allerdings kaum ab: „Das überaus große Interesse an den Wegen können wir an den Besucherzahlen auf der Schleifen- und Spuren-Webseite ablesen“, so Poth.
Wie die NET muss offenbar auch die Eifel Tourismus , die unter anderem den Eifelsteig zwischen Kornelimünster und Trier betreut, einen letztlich aussichtslosen Kampf führen. „Wir raten grundsätzlich von Reisen in die Eifel ab“, so Uschi Regh. Man habe alle bei eingebuchten Urlaubsreisen storniert und den Appell online gestellt: „Bleiben Sie zum Wohle aller bitte zu Hause!“ Natürlich wissen die Touristiker, dass das bei einem bundesweit so bekannten und beliebten Wanderweg wie dem Eifelsteig Wunschdenken ist. So bleibt ihnen nur nachzuverfolgen, was von den Anliegerkommunen gemeldet wird. Und da sind die Verstöße gegen Sicherheitsabstände oder Gruppenbildungen bislang überschaubar, heißt es von der ET, die ebenfalls alle Marketingaktivitäten bis zum Aufheben der Verordnungen eingestellt
Forst und Nationalpark
„Natürlich können wir keine ganzen Wälder absperren. Es gilt das freie Waldbetretungsrecht in Deutschland“, so Holger Hoffmann, Forstdirektor der Arenbergischen Forstverwaltung in Schleiden. Weit über 100 Kilometer Wanderwege führen über Arenbergischen Grund. Bislang kann Hoffmann eine – kleinflächige – Sperrung nur aus anderen Gründen beim Regionalforstamt Hocheifel-Zülpicher Börde beantragen. „Aus Gründen der Waldbewirtschaftung wie Holzeinschlag, bei Gesellschaftsjagden, zur Wildhege, etwa um Ruhezonen einzurichten, oder aus Gründen des Forstschutzes, wenn zum Beispiel Windwurf auf den Wegen liegt“, zählt Christoph Böltz, Forstamtsleiter in Nettersheim, auf. Eine Sperrung für Wanderer ist nicht dabei. Da müsse es schon eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit geben. Dann sei eine Sperrung Sache des Landes NRW, so Böltz – oder eben der Kommunen für ihre gemeindeeigenen Flächen, wie die Beispiele Narzissenwiese, Freilinger See oder auch Archäologischer Landschaftspark und Fossilienacker zeigen.
Der Eifelverein rät, zuhause zu bleiben
Manfred Rippinger, Geschäftsführer des Hauptvereins des Eifelvereins, befürwortet, auf Wandern derzeit gänzlich zu verzichten. Das sei auch ein Akt der Solidarität mit den Ortsgruppen, die ihre Wanderungen einstellen mussten, um so die Vorgaben, soziale Kontakte zu minimieren, zu erfüllen. „Wer jetzt wandert, kann Begegnungsverkehr kaum vermeiden. Deshalb empfehle ich, zuhause zu bleiben“, so Rippinger.
Zurückhaltend beurteilt er Auswüchse an Kontrollmaßnahmen, wie sie von den beliebten Traumpfaden in der Osteifel am Wochenende berichtet wurden. Dort wurden Autos auf den überfüllten Wanderparkplätzen fotografiert, die Bilder an die Aufsichtsbehörden weitergeleitet. Die Stadt Andernach hat daher die Parkplätze an den Traumpfaden gesperrt. „Ob das angemessen oder zielführend ist, muss jeder für sich selbst entscheiden“, so Rippinger.
Er hofft auf bessere Zeiten: „Dann kann man dem gesunden Wandern wieder nach Herzenslust frönen, am besten mit dem Eifelverein.“ (sli)
Im Nationalpark bleiben jedenfalls auch dieses Wochenende die Wege offen, so Annette Simantke von der Nationalpark-Verwaltung. Die Ranger achten allerdings verstärkt darauf, dass Wanderer keine unerlaubten Gruppen bilden, und weisen im Bedarfsfall auf den Verstoß hin. Zudem wird für den Wilden Weg empfohlen, entgegen dem Uhrzeigersinn zu gehen, um
Der Eifelverein
Die, die sich mit Wandern – ob als gesellige Gruppentour oder Exkursion für Spezialisten – auskennen, sind die Eifelvereine. „Für die meisten unserer rund 24000 Mitglieder entfällt derzeit deren beliebteste Freizeitbeschäftigung“, so Manfred Rippinger, Geschäftsführer des Hauptvereins. Die Touren im diesjährigen Wanderplan sind bis auf Weiteres abgesagt, Mitgliederversammlungen und Stammtische sind ausgefallen.
Untätig sind die Verantwortlichen vor Ort aber deshalb nicht: „Wir haben neue Möbel auf dem Kräuterpfad von Nettersheim nach Bad Münstereifel aufgestellt“, so Matthias Schmitz, Vorsitzender in Zingsheim. Er und seine Frau bleiben auch jetzt bei ihrer Gewohnheit, sich bei schönem Wetter täglich auf eine kleine Wanderrunde zu machen. Doch ob die Aktiven die geplante Wegeschau in diesem Monat vornehmen – im Frühjahr müssen Zeichen und Bänke kontrolliert sowie Wege bei Bedarf freigeschnitten werden –, ist noch offen.
Schmitz und seine Kollegen wie Heinrich Bertram in Blankenheim kennen natürlich auch Routen in ihren Beritten, die garantiert nicht überlaufen sind. Wer dieses Wissen nicht hat, nutzt eben die bekannten Strecken. Bertram sieht es fatalistisch: „Festbinden können wir die Leute jedenfalls nicht.“