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Erst ein Dorf, dann die StädteWie sich das Coronavirus über NRW verteilt hat

Lesezeit 4 Minuten
Gesundheitsamt Coronavirus Heinsberg

 Das Gesundheitsamt in Heinsberg

Düsseldorf – Was im kleinen Gangelter Ortsteil Langbroich-Harzel begann, erreicht die größeren Städte: Patienten, die sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben, wurden am Freitag auch aus Düsseldorf und Bergheim gemeldet. Ihre Arbeitsstätten wurden geschlossen, Kollegen unter häusliche Quarantäne gestellt. Allein der Kreis Heinsberg, bislang Schwerpunkt des Virus in NRW, geht mittlerweile von schätzungsweise 1000 Menschen in häuslicher Quarantäne aus.

„Das ist eine rein statistische Rechnung“, sagte ein Sprecher des Kreises am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur. Positiv auf den Coronavirus Sars-CoV-2 getestet wurden offiziell bislang 20 Menschen in NRW. Bei der im Fokus stehenden „Kappensitzung“ in Gangelt am 15. Februar könnte es etwa 400 Kontaktpersonen gegeben haben. Für deren Partner und gegebenenfalls Kinder könnte rein rechnerisch der Faktor 2,5 angesetzt werden, womit man auf die Zahl 1000 komme.

Heinsberg: „Die neuen Fälle sind nicht dramatisch“

Die Besucher kamen dabei auch von außerhalb: Von 14 am Donnerstagabend positiv getesteten Betroffenen stammen neun aus Gangelt, zwei aus der Gemeinde Selfkant, eine aus der Stadt Heinsberg, eine aus Herzogenrath und eine aus Düsseldorf. Die Frau sei aber die letzten Tage nicht in der Landeshauptstadt gewesen, sondern bei ihrem ebenfalls erkrankten Freund, so die Stadt am Freitag. „Die neuen Fälle sind nicht dramatisch“, versicherte der Heinsberger Behörden-Sprecher Ulrich Hollwitz am Freitag.

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In Düsseldorf tauchte am Freitag noch ein weiterer Fall auf: Ein Mitarbeiter der Unternehmensberatung Ernst & Young sei mit dem Virus infiziert, bestätigte ein Sprecher. Die „Rheinische Post“ hatte zuvor berichtet. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte, der Mann gehöre zu den 20 bereits bekannten Infizierten in NRW. Er habe Bezüge in den Kreis Heinsberg. Ernst & Young schloss nach eigenen Angaben sein Büro Graf-Adolf-Platz mitten in der City vorerst und forderte die übrigen Mitarbeiter auf, zu Hause zu bleiben. Der infizierte Mitarbeiter habe nach derzeitigen Erkenntnissen keinen Kontakt zu Mandanten gehabt.

Uni Düsseldorf bietet Home-Office an

Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität hat ihren Mitarbeitern angeboten, von zu Hause zu arbeiten. Wer sich ernsthafte Sorgen mache, vom neuen Coronavirus betroffen zu sein, solle auf jeden Fall daheim bleiben. Die Universität hat rund 4000 Mitarbeiter in Wissenschaft und Verwaltung. Da gerade Semesterferien sind, müssen zunächst keine Vorlesungen ausfallen.

Der Zustand des 47-jährigen Mannes, der als erster positiv auf das Virus getestet und auf die Intensivstation der Düsseldorfer Uni-Klinik verlegt worden war, ist weiter ernst - aber habe sich nun „etwas stabilisiert“, so die Klinik am Freitagmittag. Auch seine Frau (46) ist laut den Behörden infiziert und gilt als stabil.

Heinsberger Paar: Kinder zeigen keine Symptome

Ob die beiden Kinder des Paares erkrankt sind, sollten Testergebnisse am Freitag klarstellen. Bislang zeigten sie aber keine Symptome. Ebenfalls gut ging es zunächst dutzenden Kindern eines Kindergartens in Gangelt, wo die 46-Jährige als Erzieherin arbeitet. Auch hier wurden die Testergebnisse für Freitag erwartet.

Im Kreis Heinsberg, dem westlichsten Kreis Deutschlands, kämpft weiter ein rund 100-köpfiger Krisenstab gegen die Ausbreitung des neuartigen Virus. Schulen und Kindergärten im Kreis, in dem rund 252 000 Menschen leben, bleiben weiter geschlossen. Auch alle Kreisbehörden und Gerichte sind für den Publikumsverkehr dicht. Auch die Knappschaft in Bergheim, wo ein Infizierter aus dem Kreis Heinsberg arbeitet, wurde für 14 Tage geschlossen.

Betrieb am Krankenhaus Maria Hilf in Mönchengladbach läuft weiter

In Mönchengladbach lief der Betrieb an den Maria Hilf-Kliniken weiter. Dort war ein Arzt positiv auf das Virus getestet worden. Allerdings stehen auch dort etwa 35 Menschen unter Quarantäne. Der Arzt - der sich wohl auch bei der Karnevalssitzung angesteckt hatte - habe Kontakt zu 15 Patienten und 20 Mitarbeitern gehabt, sagte ein Sprecher der Stadt am Freitag. Sie seien bislang ohne Symptome. Eine Patientin mit Symptomen sei negativ auf das Virus getestet worden.

Bereits wegen eines noch Coronavirus-Verdachtsfalls sagte eine Schule in Bielefeld am Freitagmorgen den Unterricht ab. Das bestätigte ein Sprecher der Stadt. Zuvor hatte die „Neue Westfälische“ berichtet. Der Schulleiter habe diese Entscheidung getroffen, hieß es. Über das weitere Vorgehen werde nun beraten.

Coronavirus ist keine Ausrede vor Gericht

Der Landesbetrieb Straßen.NRW strich wegen des Coronavirus eine Informationsveranstaltung für den Ausbau der Autobahn 3 in Hünxe im Kreis Wesel. Bei der Veranstaltung am kommenden Dienstag sollte es um den Neubau einer Brücke und die Erweiterung einer Raststätte gehen, teilte Straßen.NRW am Freitagmorgen mit. Der Termin im Rathaus der Stadt Hünxe solle nachgeholt werden.

Kuriose Folgen hatte das Virus am Freitag auf einen Prozess am Düsseldorfer Landgericht: Ein 29-jähriger Angeklagter blieb mit der Begründung fern, er stehe als Verdachtsfall unter Quarantäne und dürfe das Haus nicht verlassen. Auf Nachfrage des Staatsanwalts erklärte das Düsseldorfer Gesundheitsamt, dass der 29-jährige Mann definitiv nicht zu den Verdachtsfällen gehöre. Das Landgericht entschied daher in Abwesenheit des Mannes gegen ihn: 1200 Euro Geldstrafe wegen Betrugs. (dpa)