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Corona-LockdownDie Kulturanbieter sind wütend und enttäuscht

Lesezeit 3 Minuten

Kulturhäuser mit Publikum, wie hier das Forum bei einem früheren Konzert der Westdeutschen Sinfonia, wird es vorerst nicht geben - mehr noch: Die Säle bleiben einmal mehr geschlossen.

  1. Die Corona-Infektinszahlen steigen, der neue Lockdown ist da - und trifft die Kulturbranche hart.
  2. Die Verantwortlichen der Jazztage, der Bayer-Kultur und des Kinopolis üben harte Kritik.

Leverkusen – Die neuerliche Schließung von Kulturstätten zur Eindämmung der Corona-Pandemie betrifft einmal mehr auch Leverkusener Veranstalter und Kulturinstitutionen – und ruft neben Verständnis für die Maßnahmen auch Wut und Enttäuschung hervor.

Betroffene als Bauernopfer

Claudia Hebbel, Geschäftsführerin der Kinopolis GmbH, die das gleichnamige Multiplexkino in Wiesdorf betreibt, schimpft: „Bei allem Verständnis dafür, dass etwas getan werden muss: Wir fühlen uns als Bauernopfer.“ Denn: Die Kinos hätten ganz sicher nicht zu den wieder rasant steigenden Infektionszahlen geführt. „Hier in Leverkusen haben wir ein ins Detail ausgearbeitetes Hygiene- und Sicherheitskonzept. Wir haben eine Lüftungsanlage, die alle vier bis sechs Minuten die Luft in den Sälen komplett austauscht. Die Menschen sitzen im Kino und schauen nach vorne. Sie sprechen nicht.“ Ergo: Da sei alles sicher – und die Misere nun umso größer. Denn natürlich fielen Einnahmen weg. Stünden knapp 40 Beschäftigte erneut beschäftigungslos da. Gebe es keine Alternativen. Zögen die Filmfirmen erstmal wieder ihre Produktionen vom Markt zurück. Und überhaupt: „Das kleine Pflänzchen, das wir seit dem Sommer, als wir nach dem ersten Lockdown wieder öffnen dürften, hochgezogen haben, wurde jetzt schon wieder zertrampelt.“

Andere tragen die Schuld

Auch Fabian Stiens ist – mal wieder – in einer prekären Lage. Die von ihm organisierten Jazztage sollen in der kommenden Woche starten. Eigentlich mit Zuschauern. Jetzt aber nur im Rahmen des bereist angekündigten Plan B (wir berichteten), sprich: als Festival der vom WDR im Internet übertragenen Live-Stream-Konzerte ohne Publikum. „Natürlich war dieser Lockdown nach den Entwicklungen in den vergangenen Tagen zu erwarten gewesen“, sagt Stiens. Und er habe Verständnis, stehe als Veranstalter ohnehin jeden Tag in Kontakt mit Behörden wie dem Gesundheitsamt. Aber er sieht es wie Kino-Betreiberin Hebbel, wenn er sagt: „Es gab superviele Menschen, die die Pandemie im Gegensatz zu uns Veranstaltern oder zu den Gastronomen nicht ernst genommen haben. Wegen denen müssen wir nun mit diesem neuerlichen Shutdown leben. Das macht mich wütend.“

Zumal im Falle von Stiens nicht nur die Jazztage betroffen sind, sondern auch der von ihm betriebene Scala-Club, dessen Programm nun entfällt. Zudem das integrierte Scala-Cinema, geleitet von Nadine Melzer. Und das von Stiens und Annika Hesemann betriebene Scala-Restaurant „Canapé“, das erst vor wenigen Monaten eröffnet hatte.

Helge Schneider sagte ab

Immerhin: Die Jazztage-Konzerte werden stattfinden. Das betont er nach wie vor. Bislang habe nur Musiker und Kabarettist Helge Schneider seinen Auftritt am 20. November abgesagt. „Ich habe heute Morgen mit ihm telefoniert. Er sagte mir, dass er für seine Show Zuschauer brauche und es daher keinen Sinn mache, ohne Publikum aufzutreten. Wir werden im kommenden Jahr etwas zusammen machen und das nachholen.“ Zudem sei noch nicht klar, ob die schwedischen Musiker Nils Landgren und Jan Lundgren sowie die norwegische Sängerin Rebekka Bakken aus ihren Ländern nach Deutschland reisen könnten. Solange das möglich sei, sollen sie kommen.

Wie auch immer: „Das Telefon steht derzeit nicht still“, sagt Stiens. Er plane an mehreren Fronten zwischen Jazztagen und Clubbetrieb. Und er sei froh, dass das Festival auch ohne Publikum zu finanzieren sei. Zumindest in diesem Jahr. Geld verdienen werde er zwar keines. „Ganz bestimmt nicht.“ Aber immerhin: „Unsere Sponsoren bleiben allesamt an Bord. Die Künstler zeigen sich solidarisch.“ Sollten sich derartige Lockdowns aber auch 2021 fortsetzen, „wird es sehr, sehr schwer“.

Bedenkliche Wortwahl

Thomas Helfrich, Leiter der Bayer-Kultur, betont, er finde nicht die Entscheidung, etwas zu tun, falsch. „Ich halte vielmehr die Argumentation und Wortwahl für bedenklich. Denn wenn Theater und Opernhäuser in Sachen Shutdown in einem Atemzug mit Freizeiteinrichtungen, Bädern und Bordellen genannt werden, dann haben wir ein seltsames Bild von Kultur.“ Und dann sei Deutschland zweifelsohne nicht mehr das immer wieder so gerne angeführte „Land der Dichter und Denker“. „Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung.“

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