City-Maut und Co.Autofahrer sollen künftig für den ÖPNV zahlen
Köln/Bonn – Bis 2030 soll das Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr um mindestens 60 Prozent ausgebaut werden, das hat die schwarz-grüne Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn sollen bis dahin verdoppelt werden, dieses Ziel hat sich die Verkehrsministerkonferenz zum Erreichen der Klimaziele gesteckt. Die Umsetzung der Verkehrswende hat einen hohen Preis: Für den Bereich des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) wären das zwischen 300 und 500 Millionen Euro zusätzlich zu den derzeitigen 600 Millionen Euro im Jahr.
Sechs Vorschläge zur Nutznießerfinanzierung des ÖPNV
Als dritte Säule zur ÖPNV-Finanzierung neben Ticketerlösen und Mitteln der Öffentlichen Hand schlägt das Gutachten sechs mögliche Instrumente vor:
Maut: Denkbar sind verschiedene Varianten, etwa eine City-Maut oder eine Vignette. Durch eine Maut ließen sich nach erster Schätzung ca. 40 Millionen Euro pro Jahr einnehmen.
Parkraumbewirtschaftung: Die Erhöhung von Parkgebühren und Einnahmen durch Anwohnendenparken würden schätzungsweise mindestens 20 Millionen Euro im Jahr einbringen.
ÖPNV-Grundbeitrag: Eine pauschale Abgabe in Höhe von durchschnittlich 10 Euro pro Monat, erhoben von zahlungspflichtigen Einwohner*innen des VRS-Gebiets (volljährige Personen inkl. Ausnahmen für bestimme soziale Gruppen), hätte ein jährliches Finanzierungspotenzial (Erlös minus entstehende Kosten) von 200 Millionen Euro.
Bürgerticket: Würden alle zahlungspflichtigen Einwohner*innen des VRS-Gebiets 30 Euro monatlich für ein Bürger*innenticket zahlen, kämen jährlich 80 Millionen zusammen.
Kfz-Abgabe: Falls alle Kfz-Halter*innen im VRS-Gebiet jährlich 60 Euro bezahlten, läge das Finanzierungspotenzial einer Kfz-Angabe bei 115 Millionen Euro jährlich.
Grundsteuer: Durch eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B um 10 Prozent kämen 45 Millionen Euro jährlich zusammen.
Das geht aus einem Gutachten der mobilité Unternehmensberatung hervor, das der VRS in Auftrag gegeben hat. Auch zur Finanzierung zeigt das Gutachten, das am Donnerstag vorgestellt wurde, Möglichkeiten auf, für die Bund, Land und Kommunen allerdings noch rechtliche Voraussetzungen schaffen müssten. Es sieht beispielsweise die Einführung einer City-Maut für Pkw, einen ÖPNV-Grundbetrag beziehungsweise ein Pflicht-Bürgerticket, einen Zuschlag auf Grundsteuer und/oder Kfz-Steuer sowie eine Verteuerung des Anwohnerparkens vor (siehe Infokasten).
Bernd Kolvenbach, der Vorsitzende der VRS-Verbandsversammlung, begrüßte das Gutachten: „Das bisherige Finanzierungssystem hat seine Grenzen längst erreicht. Weder können die Kommunen einen noch größeren Beitrag leisten, noch wollen wir den Fahrgästen eine immer größere Belastung aufbürden.“ Die Kosten und damit die Preise für Bus und Bahn steigen Jahr für Jahr. Für 2023 sind zwei Erhöhungen beim VRS geplant. Zum 1. Januar im Durchschnitt um 3,5 Prozent, am 1. Juli um durchschnittlich 3,87 Prozent.
Aus Sicht des VRS ist jetzt die Politik am Zuge. „Das Gutachten beziffert passgenau zu den Zielen des Koalitionsvertrages für die Verkehrswende in NRW die notwendigen Aufwände zum ÖPNV-Ausbau für den VRS“, so Geschäftsführer Michael Vogel. „Neben Nutzern und öffentlicher Hand sollten die Nutznießer stärker in die Verantwortung genommen werden. Wir freuen uns, der Politik mit dem Gutachten eine fundierte Grundlage an die Hand geben zu können.“