Beim Rheinischen Obstbautag in Wachtberg haben sich Landwirte über Erfahrungen mit Schädlingen ausgetauscht. Die Zahl der zugelassenen Mittel schwindet.
Rheinischer ObstbautagLandwirte tauschen in Wachtberg Erfahrung mit Schädlingen aus

Rheinischer Obstbautag in Villip
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So langsam gehen den Obstbauern die Mittel aus. Gemeint sind die Pflanzenschutzpräparate, die nach und nach ihre Zulassung verlieren. Beim Rheinischen Obstbautag im Hotel Görres in Wachtberg-Villip hörten sich 134 Teilnehmer, meist Landwirte, die Vorträge von Experten an. Vor allem wollten sie dabei neue Möglichkeiten finden, um lästige Schädlinge loszuwerden, wie die Blutblattlaus, den Birnenblattsauger oder die Stinkwanze.

Die Drahtbürste als letztes Mittel gegen die Blutlaus?
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Doch die Möglichkeiten der Branche sind gar nicht so groß. Arne Schulz von Certis Belchim, einem Anbieter von Pflanzenschutzprodukten, hatte im Vorraum Drahtbürsten auslegt. Das eher scherzhaft angepriesene „letzte Mittel“ gegen die Blutlaus, eignet sich durchaus, um im Winter die Brutmütter vom Stamm zu bürsten. „Die Blutlaus ist eine eigene Problematik. Sie verspinnt sich, baut ihre typischen weißen Nester, und es gibt nur wenige Pestizide, die da ran kommen“, räumt Schulz ein.
Ferdinand Völzgen aus Fritzdorf hatte für die Landesfachgruppe Obstbau Rheinland am Morgen das etwa siebenstündige Programm eröffnet. Beim Thema Kirschen spitze er die Ohren, denn dieses Steinobst ist noch empfindlicher in Sachen Klimawandel, als Kernobst, wie Äpfel: „Bei Gewitter und starkem Regen platzen Kirschen leicht auf und müssen am besten unterm Foliendach gezogen werden.“ Solardächer, wie gerade diskutiert, seien nicht dicht genug für diesen Zweck.
Neue Methoden faszinierten nicht nur Völzgen, etwa die vermutlich zweidimensionalen Obstbäume der Zukunft, die so flach gezogen werden, dass Roboter sie leicht abernten könnten und die Reihen bei guter Durchlüftung enger sein können als heute. Für die veredelten Pflanzen fehle es aber noch an der passenden Wurzelunterlage. Das Wachstum sei noch zu stark, findet Völzgen: „Aber das wird immer mehr kommen - bei allen Obstsorten. So werden sich auch etwa Äpfel gleichmäßiger färben und reifen.“
Wachtberg: Neue Wege im Pflanzenschutz
Auch Völzgen sucht wegen der Verschärfungen beim Pflanzenschutz in Europa neue Wege. „Teils gibt es Mittel nur noch mit Notfallzulassungen, aber die invasiven Arten werden mehr.“ Dr. Olaf Zimmermann sprach über Mittelmeerfruchtfliege, Baumwanzen und Japankäfer. Die Liste der Schädlinge wird länger. Völzgen weiß, was die harmlos aussehenden Wanzen anrichten, die derzeit überall in warmen Wohnungen überwintern. „Die Wanze sticht in die Frucht und saugt. Dabei sondert sie ein Sekret ab, wodurch die Frucht verholzt, an dieser Stelle einsinkt und nachher genauso schmeckt, wie die Wanze stinkt. Solches Obst ist nicht vermarktbar.“ Versuche mit Lockstoff und Massenfallen machen Hoffnung, bringen aber hohe Kosten mit sich.
Und wegen der Blutlaus in Apfelplantagen sagt Völzgen: „Über die Drahtbürsten kann man lachen, aber mit ihnen ist es durchaus möglich, im Winter die Brutmütter am Stamm mit ihren Nestern abzukratzen.“ Andernfalls gebe es Wucherungen am Holz, und die Bäume trügen nichts mehr. Werde nichts unternommen, stürben sie ab.
Prinzipiell befassen sich die Landwirte seit langer Zeit mit den Folgen des Klimawandels und langer Trockenheit. „Doch die vergangenen beiden Jahre waren so nass, dass wir nicht mal mit den Schleppern in die Anlagen fahren konnten“, sagt Völzgen.
Ralf Jung von der Landwirtschaftskammer in Köln-Auweiler sprach über Schorf beim Apfel, Jürgen Zimmer von der Fachgruppe Obstbau am Campus in Klein-Altendorf informierte über die biologische Birnenblattsaugerbekämpfung. Völzgen: „Biobetriebe mit Birnen haben ein riesiges Problem. Die Schädlinge kommen in einem großen Zeitraum mit sich überschneidenden Generationen vor, so dass sie schwer zu fassen sind.“

Rheinischer Obstbautag in Villip: Fabian Häger aus Fritzdorf
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Fabian Häger vom gleichnamigen Obsthof in Fritzdorf suchte ebenfalls den Austausch mit Kollegen und Fachleuten. Vor allem wegen seiner Äpfel. „Wir setzen auch auf chemische Mittel, aber verfolgen immer mehrere Strategien. Darum fördern wir auch Nützlinge.“ Der Obsthof Häger ist in Versuche des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück eingebunden. Trockenheit muss er auch nicht fürchten; er gehört zu den Mitbegründern der Bewässerungsgemeinschaft in Fritzdorf.
Roland Schmitz-Hübsch aus Bornheim ging es um „Pflanzenschutzmittel, die wir elementar brauchen, um unsere Pflanzen zu schützen, und zwar so nachhaltig wie möglich“. Bei der Bekämpfung von Pilzen und Insekten gebe es Lücken im Mittelangebot und darum Schwierigkeiten im Obstbau. „Nur biologisch vorgehen ist nicht nachhaltig“, findet Schmitz-Hübsch und verweist auf die CO2-Bilanz. Die sei bei einer rein biologischen Herangehensweise meist schlechter. Umso mehr interessiere er sich für die sehr konkreten Empfehlungen, die Jürgen Jung aus den Versuchserfahrungen gab. So kann er nämlich die Mittel weit unter den Herstellerangaben dosieren und auf die Zeiten beschränken, zu denen sie der Erfahrung nach auch gut wirken. Auch Robotik und E-Mobilität interessierten den bekannten Apfelbauern, zumal er in seinen Lagern schon lange solarbetrieben E-Fahrzeuge rollen lässt.