Der Tod einer 17 Jahre alten Radfahrerin aus Bonn auf einer Landstraße in Wachtberg hat ein gerichtliches Nachspiel. Die Unfallfahrerin muss sich am Landgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Prozess um den Tod einer RadfahrerinUnfallfahrerin aus Wachtberg wegen fahrlässiger Tötung angeklagt
Seit einem Jahr schweigt sich die Autofahrerin, die am 3. Juli 2023 auf der Landstraße zwischen den beiden Wachtberger Orten Villip und Gimmersdorf auf der Gegenspur mit zwei jungen Radfahrerinnen kollidierte, über die Ursachen des folgenschweren Unfalls aus. Seit einigen Tagen hat sie es schriftlich, dass sie sich vor Gericht verantworten muss; an diesem Dienstag bestätigte das Gericht die Zustellung der seit Wochen vorliegenden Anklage.
Weil die überlebende der beiden Schwestern, die damals mit ihren Fahrrädern zu Opfern wurden, in dem Prozess gehört werden soll, findet die Verhandlung vor einer Jugendschutzkammer des Landgerichts statt. Eine solche Kammer unterscheidet sich von einer gewöhnlichen Großen Kammer lediglich in der Besetzung durch Richter mit besonderer Sachkunde in Bezug auf die schutzwürdigen Belange von Jugendlichen.
Der Prozess wird aufrollen, was das überlebende Mädchen und Zeugen, an jenem Montag vor einem Jahr erlebten und was Ermittler aus den Spuren lesen. Laut Polizeibericht von damals geschah es gegen 15.50 Uhr. Die beiden Mädchen fuhren nach dem Reiten mit ihren E-Bikes am rechten Rand der Landstraße, wie Zeugen aussagten, nach Hause. Von Villip her kam ihnen kurz hinter einem Feldweg ein Mercedes entgegen, an dessen Steuer die Angeklagte saß, damals 61 Jahre alt.
Im Polizeibericht hieß es zum weiteren Verlauf: „Aus noch ungeklärter Ursache kam sie mit ihrem Wagen nach links von der Fahrbahn ab und geriet mit der linken Fahrzeugseite auf den unbefestigten Bereich neben der Fahrbahn.“ Die beiden Radfahrerin wurden laut Bericht „von dem Wagen frontal erfasst und in das neben der Fahrbahn befindliche Feld geschleudert“. Ein Notarzt versorgte die beiden Mädchen, 16 und 17 Jahre alt, die ältere starb im Krankenhaus.
Mit farbigen Markierungen kennzeichnete später ein auf Unfälle spezialisiertes Team der Polizei sämtliche Spuren. Von der Wucht des Unfalls zeugen die Bruchstücke von Fahrzeugen, die Angehörige und Freunde an einem Holzkreuz mit Andenken an die Tote zusammengetragen haben: ein Stück Zierleiste aus dem Kühlergrill des Autos, ein abgebrochenes Stück vom Lenker eines E-Bikes. Teile waren aus dem Feld neben der sanft geschwungenen Landstraße geborgen worden, über deren Gefahr nach dem Unfall heftig diskutiert wurde.
Forderungen nach einer Geschwindigkeitsbeschränkung kamen auf, tatsächlich verhängte der Rhein-Sieg-Kreis ein Tempolimit, jedoch nur kurzzeitig - wegen der Ermittler und der Trauernden am Unglücksort. Die Ermittler rätselten zudem, wieso die Seniorin am Steuer des Wagens, der nicht ihrer war, sondern einem Familienmitglied gehörte, überhaupt auf die Gegenfahrbahn geriet. Eine Blutprobe schloss alle üblichen Vermutungen aus, eine Einlassung der Fahrerin konnte die Polizei nicht erreichen. Im Krankenhaus war sie nur kurz.
Auch die Staatsanwaltschaft suchte nach einer Erklärung für den Unfall, fand aber - zumindest nach Sachstand von März - keine. Letztlich muss sie auch keine finden, um die strafrechtliche Verfolgung einer Körperverletzung voranschreiten zu lassen. Der Autofahrerin wird nun, wie Gerichtssprecherin Gerlind Keller der Rundschau auf Anfrage erklärte, „von der Staatsanwaltschaft Bonn fahrlässige Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zur Last gelegt“. Nach Paragraf 222 des Strafgesetzbuches, der sich auf fahrlässige Tötung bezieht, sei bei solch einem Vergehen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe möglich.