200 Obstbauern aus dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Kreis Ahrweiler sowie den angrenzenden Regionen nahmen am Rheinischen Obstbautag im Hotel Görres in Villip teil.
Obstbautag in WachtbergDie Rechnung für Obstbauern geht oft nicht mehr auf
200 Obstbauern aus dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Kreis Ahrweiler sowie den angrenzenden Regionen nahmen jetzt am Rheinischen Obstbautag im Hotel Görres in Villip teil. Dabei blickte Ferdinand Völzgen, Vorsitzender der Landesfachgruppe Obstbau Rheinland, eher skeptisch auf die Situation seines Berufsstands: „Ich kann nicht sagen, ob es besser werden wird. Aber soviel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“
Das Erntejahr 2022 und die Vermarktungssaison hätten allen sehr viel abverlangt, wusste Völzgen, der einen Betrieb in Fritzdorf leitet. Die weltpolitische Lage und die daraus resultierende Konsumzurückhaltung treffe auch den Obstbau massiv. Das Ganze werde noch durch eine große inländische und europäische Ernte verstärkt. „Die Konsumenten kaufen sehr preisorientiert ein, der Handel bewirbt unsere Produkte sehr preisaggressiv, und die Medien schüren die ganze Situation auch noch durch Berichte über stark gestiegene Lebensmittelpreise“, kritisierte er. Wenn von der hohen Inflation die Rede sei, würden den Konsumenten Bilder von Obst und Gemüse präsentiert. „Als wären wir die Preistreiber! Das Gegenteil ist doch der Fall.“ Und jetzt werde auch noch so getan, als würde die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel den Abverkauf beflügeln.
Die Betriebe hätten jedoch ebenso wie andere Teile der Wirtschaft mit stark gestiegenen Kosten für Energie und Betriebsmittel sowie mit explodierenden Lohnkosten zu kämpfen. Da falle es schon mal schwer, am Morgen mit frohem Mut ans Tagwerk zu gehen, und der eine oder andere beginne, an sich selber und an seinem Tun zu zweifeln. „Doch wir produzieren nachhaltig erstklassige, gesunde und vollwertige Lebensmittel unter höchsten Umwelt- und Sozialstandards, müssen dabei eine erdrückende Last von Vorschriften und Dokumentationen erfüllen. Wir bauen beste Lebensmittel an, das ist Fakt“, stellte er klar.
Immer neue Forderungen
All diese Leistungen müssten am Ende bezahlt werden, und da gehe die Rechnung sehr oft nicht mehr auf. Immer neue Forderungen der Gesellschaft würden mit fast olympischem Ehrgeiz in Deutschland durchgesetzt, nicht so in anderen EU-Partnerländern. „Wir können diese Leistungen aber niemandem in Rechnung stellen, an diesem Punkt muss die Politik ansetzen“, forderte er. „Ernährungssicherheit mit Obst und Gemüse im eigenen Land muss der Gesellschaft etwas wert sein.“ Jedoch sei es falsch, die Fehler nur bei anderen zu suchen, gab Völzgen zu. „Auch der Berufsstand muss seine Hausaufgaben machen.“
So sei dafür Sorge zu tragen, dass keine heimische Ware aus alter Ernte mit in die neue Saison geschleppt werde. Die Qualitätserhaltung der Ware vom Erzeuger bis in das Verkaufsregal müsse verbessert werden, aber auch über die Warenpräsentation im Geschäft müsse neu nachgedacht werden. Außerdem forderte er: „Wir müssen uns auf den Anbau von guten neuen Sorten konzentrieren, ältere Sorten mit Schwächen müssen konsequent vom Markt genommen werden.“
Es werde auch in Zukunft einen deutschen Obstbau geben, sagte Völzgen dennoch voraus. Wie dieser aussehen werde, hänge von sehr vielen externen und auch internen Faktoren ab. Politik und Gesellschaft seien gefordert, den hohen Stellenwert einer inländischen Lebensmittelproduktion anzuerkennen – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, etwa dem Kauf von einheimischen Produkten. „Unsere Leistungen für die Verbraucher, für die Umwelt und für das Allgemeinwohl sind es wert, für einen heimischen Obstbau zu kämpfen“, rief er unter dem Beifall der 200 Obstbauern.