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Kriminalstatistik für Rhein-Sieg-Bereich der Bonner PolizeiMesser sitzen locker, Telefontäter ängstigen Rentner

Lesezeit 6 Minuten
Polizeipräsidium Bonn.

Polizeipräsidium Bonn.

Immer wieder werden Senioren am Telefon geschockt, um ihre Geld zu stehlen, und ganz aktuell fand die Polizei in Wachtberg gestohlenes Werkzeug - die Kriminalstatistik der Bonner Polizei für Rhein-Sieg ist da.

„Sicher leben und sicher fühlen“ sollen sich die Menschen in Bonn und Umgebung. Polizeipräsident Frank Hoever stellte gestern neben seinem Sicherheitsziel im Präsidium vor allem die Fallzahlen für die Stadt und die von Bonn betreuten Rhein-Sieg-Kommunen vor. Das sind die sechs Linksrheinischen von Rheinbach bis Bornheim, aber auch Bad Honnef und Königswinter. Genau dort hagelte es im vorigen Jahr Fälle für die Statistik: Eine Bande von Taschendieben hatte sich im Umfeld der Drachenfelsbahn, am Rheinufer und an der Linie 66 immer dann bedient, wenn sich die Touristen besonders knubbelten. Die Geldkarten aus den diversen Brieftaschen setzten die Kriminellen meist kurz danach an Bank- oder Zigarettenautomaten ein. Drei Täter sitzen ein.

Von den 44 729 Kriminalfällen, die voriges Jahr die Polizei Bonn beschäftigten, betrafen letztlich 10 749 die Rhein-Sieg-Kommunen. Die Aufklärungsquote hier passt zwar immer noch zur freudigen Feststellung des Polizeipräsidenten, dass jeder zweite Fall aufgeklärt ist, doch mit 52,1 Prozent liegt die Aufklärungsquote etwas unter dem Bonner Gesamtschnitt von 56,2 Prozent. „Das ist jedoch sehr gut und die höchste Quote, die wir seit 30 Jahren geschafft haben“, stellte Hoever fest. 

Messerattacke in Wachtberger Unterkunft zählt mit

Er hat Gewalttaten „in besonderem Fokus“, wie er sagt. In den 1907 Fällen insgesamt stecken 392 aus den Rhein-Sieg-Kommunen. Von den 15 Straftaten gegen das Leben und der Arbeit von 45 Mordkommissionen berichtete der Leitende Direktor Kriminalität, Klaus Zimmermann. Vier Fälle betrafen Rhein-Sieg; einer war die Messerattacke in einer Flüchtlingsunterkunft in Wachtberg, bei der ein gekränkter Syrer einen Mitbewohner mit einem Messer schwer verletzte. Das Ereignis vom 15. Mai 2024 ist auch schon juristisch bewertet und der Täter zu vier Jahren Haft verurteilt.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, mit einem Messer in eine Bar oder ein Kino zu gehen
Frank Hoever, Polizeipräsident in Bonn

180 Mal ist laut Frank Hoever im Jahr 2024 in seinem Zuständigkeitsbereich ein Messer gezückt worden, so dass es die Polizei beschäftigte, 49 Mal bei einem der 389 registrierten Raubdelikte. „Die Gefahren, die von Messern ausgehen, sind ja hinlänglich bekannt“, sagte Hoever: „Es gibt keinen vernünftigen Grund, mit einem Messer in eine Bar oder ein Kino zu gehen.“ Tatsächlich seien Messer in bestimmten Kulturen und vor allem bei Männern häufig vorzufinden. Auf Nachfrage nannte der Polizeipräsident Ausländeranteile zur Kriminalstatistik. „In unserem Zuständigkeitsbereich sind 16,6 Prozent der Bevölkerung Ausländer. Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtkriminalität beträgt 37,6 Prozent.“ Im Bereich Gewaltkriminalität seien es 41,1 Prozent.

Senioren immer wieder zutiefst geschockt

Von den 48 Menschen, meist Senioren in fortgeschrittenem Alter, die auf einen Telefonbetrüger hereinfielen, waren auch einige aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Immer wieder werden nach einem Anruf aus dem Ausland falsche Polizisten oder angebliche Handwerker, die nur mal gerade in der Wohnung etwas nachprüfen müssten, Menschen um Geld oder Wertsachen gebracht. Der Schaden im vorigen Jahr summierte sich auf 1,6 Millionen Euro.

Das Resultat ist: Die Menschen sind verängstigt und gehen vielleicht nie mehr in ihrem Leben vor die Tür.
Frank Hoever, Polizeipräsident in Bonn

Die Taten lassen nicht nach, obwohl die Masche nahezu jedem bekannt ist. Dieses Jahr, also in den ersten zweieinhalb Monaten des laufenden Jahres, gab es schon wieder 20 Fälle, in denen Betrüger zum Ziel kamen. Am Telefon oder an der Haustüre werde so großer Stress aufgebaut, dass die Opfer nicht mehr klar denken könnten, oder einfach nur den Betrüger loswerden wollten, sagte Zimmermann. Hoever: „Es ist auch anders nicht zu erklären, wenn jemand sein Vermögen in einer Plastiktüte neben die Mülltonne stellt. Das Resultat ist: Die Menschen sind verängstigt und gehen vielleicht nie mehr in ihrem Leben vor die Tür.“

Ein Blick in die Rhein-Sieg-Statistik:

Die Straßenkriminalität legte um 71 Fälle zu und stieg auf 2503 Fälle. Das ist jedoch weniger als im Zehn-Jahres-Schnitt, der 2705 Fälle ausweist. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nahmen indes sehr deutlich zu – wegen eines zusätzlichen Ermittlungsengagements der Kollegen, wie Hoever erklärte. Die Zahl stieg um 64 auf 285 Fälle. Der Zehn-Jahres-Schnitt weit nur 148 solcher Fälle aus. Die Zahl der Rohheitsdelikte sank um 127 auf 2141. 1807 Fälle von einfachem Diebstahl und 1701 von schwererem (mit Gewalt gegen Sachen) schlugen zu Buche. Vor allem die schwere Form des Diebstahls nahm wieder stark zu, liegt aber noch deutlich unter dem Zehn-Jahres-Schnitt. Vermögens- und Fälschungsdelikte kletterten auf 2098 Fälle. Raub kam 64 Mal vor – etwas seltener als 2023, aber doch mehr als im Schnitt. Statistisch nahm in den Rhein-Sieg-Kommunen die Zahl der Körperverletzungen ab. Sie liegt aber mit 1321 Fällen noch deutlich über dem Schnitt. Wohnungseinbrüche waren etwas seltener als noch im Jahr zuvor. Hoever führt das auf die Präventionsarbeit zurück, denn Täter ließen sich von technischen Einrichtungen, die sie Zeit bei der Überwindung kosteten, schnell abschrecken. 275 Fälle gingen dennoch in die Statistik ein. Der Zehn-Jahres-Schnitt beträgt 527 Fälle. Hoever wünscht sich, dass verdächtige Beobachtungen schneller an die Notrufnummer 110 gemeldet würden.

407 Fahrraddiebstähle hat es im Rhein-Sieg-Bereich gegeben – 46 weniger als im Jahr zuvor. 159 Taschendiebstähle sind kaum weniger als im Jahr zuvor. Auch aus Kellern verschwanden immer noch 50 Mal Dinge. Im Bereich Betrug trug die Polizei selbst dazu bei, dass die Statistik stieg. In den 1618 Fällen (74 mehr als im Vorjahr) stecken 274 „Leistungserschleichungen“. Das sind 38 mehr als im Jahr 2023 und laut Hoever vor allem auf umfangreichere Kontrollen bei der Personenbeförderung zurückzuführen. Es geht also um ertappte „Schwarzfahrer“. Die Zahl der Rauschgiftdelikte ist deutlich gesunken: um 109 auf 272, was natürlich mit der Legalisierung von bestimmten Cannabis-Mengen an bestimmten Orten zu tun hat. „Ein einziger Ermittlungsfall hat aber mehr Personal gebunden, als wir in diesem Bereich eingespart haben“, sagte Hoever. Und das war das Ausheben eines Drogenlabors in Dransdorf, gleich an der Grenze zu Alfter. Im Keller einer Ruine war ein Labor ausgehoben worden, in dem vor allem Amphetamine hergestellt wurden.


Aktuell: Diebesgut aus Fahrzeugaufbrüchen in Wachtberg entdeckt

709 Diebstähle an und aus Kraftfahrzeugen stehen allein für die acht Rhein-Sieg-Kommunen im Bereich der Bonner Polizei in der Statistik. 2024 nahm die Zahl der Fälle um 109 zu.

Nachdem in Wachtberg und Bonn-Mehlem ganz aktuell in der Nacht zu Dienstag mehrere Handwerkerfahrzeuge aufgebrochen und hochwertige Werkzeuge entwendet worden waren, hat die Polizei bei einer Durchsuchung eine große Menge Diebesgut sichergestellt. Eine der Geräte sind mit GPS-Transponder ausgestattet, so dass der Eigentümer die Beute orten konnte.

Die Polizei ließ sich von einem Richter einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen. Am Dienstagmorgen fuhren Beamte zu einem Wohnhaus in Wachtberg, das sie samt Grundstück durchsuchten. Im Vorgarten des Hauses fanden sie teilweise unter Planen versteckt mehr als 80 Werkzeuge, die allesamt aus Straftaten stammen dürften. Weiterhin stellte die Polizei diverse originalverpackte Kabel und einen Laptop sicher. Die georteten Werkzeuge bekam der Eigentümer zurück. Die Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Diebe dauern an.

Die Polizei bittet um Hinweise. Tatorte in Wachtberg waren: Villiper Hauptstraße, Gimmersdorfer Straße, Auf dem Köllenhof, Am Zingsheimer Hof und Raiffeisenstraße. Wer dort etwas Verdächtiges beobachtet hat, wird gebeten, sich unter Ruf (02 28) 150 oder per Mail an kk16.bonn@polizei.nrw.de zu melden.