Der Dorfsaal von Gimmersdorf ist ein Stück ins Dorf und sogar die Durchgangsstraße hineingewachsen. Am Tag vor der Eröffnung durfte die Rundschau mit der Architektin einen Blick auf die Neuerungen werfen.
Größer und barrierefreiDorfsaal ist in Gimmersdorf hineingewachsen
Für neue Fliesen im großen Saal oder einen anderen Wandschrank mit Biergläsern hat das Geld am Ende nicht mehr gereicht, und die neue Heizung kommt auch erst im Mai. Ansonsten ist der Dorfsaal von Gimmersdorf allerdings prächtig saniert worden und geht heute wieder in Betrieb.
Das Gebäude am Kommunalweg in dem Wachtberger Ort ist für die dort laut Gemeinde eingesetzten 1,36 Millionen Euro nicht nur wesentlich moderner geworden, sondern auch barrierefrei und vor allem größer. Severine Nicolaus und Katharina Chatterjee, kurz NC Architekten, haben den Dorfsaal im Auftrag der Gemeinde so umgestaltet, dass nun 268 Quadratmeter öffentlich zugänglicher Fläche vorhanden sind statt ursprünglich 188.
Dazu ist das Gebäude, das einmal das Gasthaus Zorn war, um einen Saal in den Straßenraum hinein erweitert worden. „Das gab einen Schockmoment für die Einwohner, als das Gerüst abgebaut war, und sie feststellten: Huch, das Gebäude steht ja immer noch auf der Straße“, erklärt Katharina Chatterjee schmunzelnd am Vortag der Eröffnung beim Rundgang mit der Rundschau.
Die Architektin hadert noch mit der Straßensituation, die zwar aufgepflastert ist, um den Platzcharakter zu betonen, aber der Verkehr müsse an dieser Stelle noch viel stärker beruhigt werden als nur mit Tempo 30, um dort eine Aufenthaltsqualität zu erreichen und das Dorfhaus wirklich mit seiner ganzen Funktion ins Dorf hineinragen zu lassen. Ein paar Parkplätze gibt es um die Ecke Am Stockenpütz.
Chatterjee ist zufrieden: „Die Fassade ist nachhaltig, das heißt, sie ist zwar massiv gemauert, aber das Holz von der Verkleidung kann leicht zurückgebaut werden.“
342 Personen können in den neuen Sälen gleichzeitig zu Gast sein, allerdings dann kuschelig zu zweit auf einem Quadratmeter, mit Stühlen und einem Podium sind es immerhin noch rund 250. Der große Saal hat, teilbar, 84 plus 66 Quadratmeter, der neue Mehrzweckraum 39.
Der große Saal mit seinem Fachwerkgebälk ist immer noch zweigeteilt, aber nun im kleineren Teil, wo sich Theke und die neue Küchenausgabe befinden, mit abgehängter Akustikdecke. „Die Akustik war vorher schrecklich. Das hat sich jetzt deutlich verbessert“, findet Chatterjee.
Um nachhaltig zu heißen, bekommt das Gebäude noch eine Luft-Wärmepumpe. Die alten Heizkörper werden daran angeschlossen, aber es war auch eine große Heizfläche notwendig, um den alten Saal warm zu bekommen. Und diese neue Heizung steckt nun hinter der Stirnwand. Dort dürfen darum keine Nägel eingeschlagen werden. Es gibt eine sehr hoch angebrachte Leiste, um Dinge aufzuhängen.
Am Vortag der Eröffnung besteht die Theke noch aus einem Element. Chatterjee erwähnt jedoch einen Block auf Rollen, mit dem dort angebaut werden kann.
Eine Empore mit Blick in den großen Saal gibt es, die ist allerdings nicht öffentlich zugänglich. „Fotografen, Beleuchter und andere Organisationshelfer dürfen dort hoch, aber für Publikum eignet sich die Treppe nicht“, schränkt Chatterjee ein.
Hinter der Durchreiche steckt eine moderne Küche mit roten Fronten und Edelstahl-Einbauten wie in einer Großküche. Spüle und Spülmaschine sind da, ebenfalls ein Kühlschrank sowie viel Platz zum Anrichten. Die alte Küche hinten rechts am Saal ist nun ein Lager, von einem Rolltor verdeckt.
Die Toiletten haben Türe in hellem Grün, wie es auch schon mal in den 70er Jahren modern war. Jedenfalls gibt es auch eine Toilette, die mit Rollstuhl befahren werden kann.
Der aufwendigste Teil ist jedoch der Anbau, der in die Straße ragt. Er hat keinen Keller, sondern steht auf fünf Bohrpfählen. „Der Untergrund war schwierig“, erinnert sich Chatterjee: „Lehm wie Pudding“. Aber nun steht der Anbau und genießt alle Vorzüge der Moderne: Viele schmale hohe Fenster, die alle geöffnet werden können, so tief herunter reichend, dass auch jemand im Rollstuhl sitzend hinausschauen kann, betont die Architektin, denn das gehöre auch zu Barrierefreiheit.
Und wenn niemand hineinschauen soll, etwa weil gerade eine Damengruppe Gymnastikstunde hat, lässt sich auf Knopfdruck der Sonnenschutz herunterfahren und ist dann Sichtschutz. Die Beleuchtung am Rand unter der Decke ist mit farbig einstellbaren LED bestückt: „Da kann dann die richtige Farbe zur gewünschten Stimmung ausgewählt werden“, sagt Chatterjee. Das Waschbecken im Raum, gleich neben dem Eingang, ist eine Kuriosität, die Chatterjee nur mit „Wunsch des Bauherrn“erklären kann.
Seit November 1992 ist der Karnevalsverein Grün-Gold Gimmersdorf für die Vermietung der Räume verantwortlich. Er hatte damals bei der Umwandlung des Saals in ein Dorfhaus kräftig mit angepackt. Und so soll sich zunächst auch an dieser Regelung nichts ändern.
2017 ist der jetzige Umbau ausgeheckt worden. Auch Bauschäden waren zu sanieren. So begannen im Februar 2022 die ersten Arbeiten. Die hintere Giebelwand benötigte eine Stützmauer und musste abgedichtet werden. Auch an den Seiten bedurfte der alte Saal neuer Stützen. Nach einer Bauunterbrechung ab Oktober wegen der Kanalbauarbeiten im Straßenraum ging es im Februar 2023 weiter. Pfahlgründung, Fundamentunterfangung - also mächtige Vorarbeiten für eine sichere Gründung. Nun ist alles fertig, und die Putzkolonne raus. Gestern waren noch Fugen an den Türen frisch, heute kann gefeiert werden.