Zu viele Beschwerden und Probleme: Die Gemeinde Wachtberg hat dem Unternehmen Blatzheim Networks Telecom die Aufbruchgenehmigung für den Ort Pech entzogen.
Falsch verbunden, gefährliche GräbenGemeinde Wachtberg stoppt Glasfaserausbau in Pech
Bis zu 17 Zentimeter tiefe Löcher, ein gestürzter Radfahrer, keine ausreichende Baustellenabsicherung - die Verlegung von Glasfaser in Wachtberg steht unter keinem guten Stern. Nach viel Ärger mit der Telekom und ihren Subunternehmern hatte Bürgermeister Jörg Schmidt im Oktober vorigen Jahres noch einen Vertrag mit Blatzheim Networks Telecom (bn:t) gefeiert, zumal das Unternehmen aus Godesberg versprach, alles viel besser zu machen und die noch unversorgten Orte anzuschließen, wenn denn genügend Bürger Verträge unterzeichnen. Ja sogar zum Nulltarif für die Gemeinde. Doch in der Praxis sieht es gerade gar nicht gut aus. Und das liegt wieder einmal an der Ausführung der Arbeit.
Subunternehmer im Auftrag der Telekom hatten in Wachtberg schon vor längerer Zeit den Ruf der Glasfaserverleger nachhaltig beschädigt. Sie hatten in Niederbachem einfach andere Leitungen im Boden zertrennt, etwa die Zuleitung von Straßenlaternen, oder mit ihren Gräben ohne jede Vorwarnung Grundstückszufahrten für unbestimmte Zeit unbenutzbar gemacht. Die Liste der Probleme war damals schon lang, und aktuell ist sie es wieder:
„Wir haben hier jeden Tag eine zweistellige Zahl an Beschwerden, und die binden Arbeitskraft“, beklagt Gemeindesprecherin Margit Märtens. Die Gemeinde Wachtberg hat sofort reagiert. Das rühmen auch Anlieger der Straße Auf dem Reeg. Wenige Minuten nach ihrem Anruf am Montag stand das Ordnungsamt an den Gräben und machte der Firma klar: So können die nicht ungesichert bleiben, und schon gar nicht über Nacht. Es müsse sofort verfüllt werden.
Die Gemeinde hat wegen der Fülle der Probleme und der teils 17 Zentimeter tiefen Gräben umgehend die Straßenaufbrucherlaubnis für Blatzheim wiederrufen. Alle Gräben müssen sofort ordentlich geschlossen werden, wenn noch einmal eine neue Genehmigung erteilt werden soll. Eine „Ersatzvornahme“ sei angedroht, und in diesem Fall würde es teuer für Blatzheim, denn dann würde die Gemeinde auf Kosten der Godesberger Firma ein anderes Unternehmen beauftragen, um die Probleme beseitigen zu lassen.
Immerhin ist durch die Aussicht auf eine neue Aufbrucherlaubnis für die noch nicht angeschlossenen Netzkunden das vertraglich vereinbarte Ziel noch erreichbar. Nur mit solch einer Aufbruchgenehmigung und der straßenrechtlichen Erlaubnis der Kreisverkehrsbehörde dürfe eine Firma eine Fahrbahndecke öffnen, machte Märtens deutlich. Eine von beiden Genehmigungen alleine genüge nicht.
Seit Pfingsten sind die Arbeiter dabei, die Glasfaserleitungen in den Straßen zu versenken und Hausanschlüsse herzustellen. Doch es ging gleich mit Problemen los. Starke Regenfälle spülten Gräben aus und boten dem Wasser eine Schussfahrt in die bebauten Hanggrundstücke. Jürgen Kleikamp, für die CDU Mitglied im Gemeinderat, ist als Anlieger Auf dem Reeg einer der Betroffenen. „Die Feuerwehr war da. Das Wasser ist in Strömen auf mein Grundstück geflossen und hat sogar 40 Kilogramm schweren Pflanzsteine weggedrückt.“ Den Schaden von 20.000 Euro habe die Versicherung übernommen.
Kleikamp gehört zu denen im Ort, die von Anfang an kein Glasfaserkabel wollten. „Ich komme seit neun Jahren ganz gut mit dem Anbieter MyQuix aus Saarlouis zurecht, der mir eine Datenrate von 100 MBit per Kupferkabel zur Verfügung stellt, und wenn mal irgendwas hapert, dann habe ich einen Menschen am Telefon und keine Box.“
Mit den Arbeitern, die das Glasfaserkabel in Pech verlegen, hat Kleikamp Mitleid: „Die hatten nicht mal eine Toilette und nichts.“ Der Lokalpolitiker: „Die haben auch Hinweise der Experten der Gemeinde ignoriert und Gräben mit einer Zwei-Millimeter-Körnung zugeschüttet, obwohl es vier sein müssen.“ Auf der Straße Am Langenacker habe der Glasfaserverleger fünf Mal nachbessern müssen.
Mehrere Menschen seien mit dem Fahrrad in Gräben geraten und gestürzt, sagt Kleikamp. Angezeigt wurde aber nur ein Fall: ein Unfall am vorigen Samstag auf der Herrenkauler Allee, wie Margit Märten auf Anfrage mitteilte. Dort verläuft die Verbindung von Villiprott nach Pech.
Trotz der Anordnung von Montag, sofort die Gräben zu verfüllen, gab es auch am Donnerstag noch tiefere Kanten. Allerdings waren Arbeiter dabei, mit flüssigem Teer aus Fässern, den Untergrund für Aspalt vorzubereiten.
Vor Haus Nummer 27 standen kopfschüttelnd Anlieger. Gabriele Westphal aus Haus Nummer 16 hatte schon einen Besen in der Hand und war versucht, selbst aufzuräumen. Schwarze Flüssigkeit tropfte vor ihren Augen aus einem blauen Metallfass auf leere Glasflaschen. An der Schnittkante des teilweise verfüllten Grabens schaute ein Medienkabel heraus, das vielleicht ein Anlieger knapp unter der Straßendecke durchgestochen hatte, freilich ohne Aussicht auf einen Anschluss auf diese Weise.
Ein anderer Nachbar hatte sich bereits vor Jahren beim Bau der Gasleitung ein Leerrohr für den Internetanschluss in die Garage legen lassen und lehnte dann das Anschlussangebot von Blatzheim ab, weil die lieber einen eigenen Kabel weg auf dem Grundstück schaffen wollten.
Ein alter Mann an der Straße Bergwiese beobachtet die verwaiste Baugrube vor seinem Haus: „Ich wünschte, es wäre fertig. Es sagt aber keiner Bescheid, wann es weitergeht. Erst hat es geregnet, dann waren die Arbeiter weg.“ Er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sein Haus einen Internetanschluss bekommt.
Anders bei Anwohnern Auf dem Reeg. Dort schwant so manchem, der noch keinen Abzweig erhalten hat, dass es vielleicht doch nichts mit dem Anschluss werden könnte. So hat Gabriele Westphal etwa den Auftrag einer Nachbarin zu schauen, „dass die nicht zumachen, ohne sie anzuschließen“, aber da sieht es gerade düster aus.
Westphal hat, anders als mancher Nachbar, auch selbst noch kein funktionierendes Internet: „Einige hatten am 10. oder am 11. schon ihre Fritzbox anschalten können und hatten dann innerhalb von einer Sekunde Netz. Bei mir nicht, und ein Nachbar hat gar nicht erst die Fritzbox bekommen.“ Ein Drittel ihres Lebens habe sie in Uganda und anderen Staaten der „Dritten Welt“, wie sie sagt, zugebracht, aber so sähen auch dort die Straßen nicht aus.
Ein Nachbar hat immerhin eine telefonische Auskunft von Blatzheim erhalten können: „Wir bekommen kein Signal; wir sind falsch gepatched.“ Tja, und so gibt es noch im Digitalzeitalter am Telefon die Auskunft: „falsch verbunden!“
Und was sagt Blatzheim selbst? „Die Rest- und Nacharbeiten in Pech und Villiprott sind in vollem Gange. Es ist täglich eine Asphaltkolonne vor Ort, um die noch offenen Oberflächen fertigzustellen, wenn die Witterung es zulässt. In Abstimmung mit der Gemeinde Wachtberg ist beschlossen worden, den weiteren Ausbau in der Gemeinde erst nach mängelfreier Abnahme der aktuellen Baumaßnahme fortzuführen“, teilte Carsten Hartmann, Leiter Netzausbau auf Anfrage mit: „Nicht fehlerfrei laufende Anschlüsse werden von uns mit höchster Priorität repariert. Wir sind zuversichtlich, zeitnah einen Abschluss zu finden.“
Glasfaserausbau in Wachtberg
In Fritzdorf, Arzdorf, Klein Villip sowie Züllighoven ist der Glasfaserausbau in Wachtberg laut Gemeindeverwaltung fertig. In Niederbachem, Adendorf, Villip, Villiprott und Pech werde indes noch gebaut. Geplant sei der Ausbau für Werthhoven, Oberbachem, Berkum, Kürrighoven und Gimmersdorf.
In Ließem ist nicht die erforderliche Zahl an Anschlussbestellungen zusammengekommen. Das Neubaugebiet Roggenacker war ohnehin vom Investor selbst an einen Glasfaserknoten angeschlossen worden.
Laut Telekom ist der Tiefbau in Niederbachem bis auf wenige Nachbesserungen abgeschlossen. In Adendorf befinde er sich in den letzten Zügen. „Am Tiefbau in Villip sind wir dran. Sobald der Tiefbau in Adendorf beendet ist, werden wir mit weiteren Kolonnen dort arbeiten können.“ Ende des Jahres sollen laut Telekomsprecherin Julia della Peruta in diesen drei Ortsteilen Tiefbau und Montage abgeschlossen sein. Glasfaser hätten dann in Niederbachem 1913 Haushalte, in Villip 1043 und in Adendorf 725.