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Aufregung in WachtbergBonner Windkraftpläne im militärischen Schutzbereich?

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Das Radom in Werthhoven bei Berkum in der Gemeinde Wachtberg gehört zu einer militärisch genutzten Radaranlage, an der auch Fraunhofer-Institute forschen.

Das Radom in Werthhoven bei Berkum in der Gemeinde Wachtberg gehört zu einer militärisch genutzten Radaranlage, an der auch Fraunhofer-Institute forschen.

Die Stadt Bonn plant Windräder am Rande von Wachtberg. Ob das so nah an der militärischen Radaranlage bei Berkum geht, muss aber noch ergründet werden.

Die Bonner Pläne für Windkraftanlagen am Rande der Gemeinde Wachtberg haben nicht nur in Pech und Ließem für Irritationen gesorgt, sondern in ganz Wachtberg. Denn einige Einwohner von Pech, die Windräder als eine Beeinträchtigung der Landschaft ablehnen, vertrauten offenbar darauf, dass die militärisch genutzte Radaranlage bei Berkum wegen der technisch gebotenen Abstandsflächen auch in ihrer Nähe solche Bauten nicht zulassen würden.

Diese Abstandsregelung war bislang stets als Hinderungsgrund auch für Windkraftanlagen im Bereich Adendorf oder Fritzdorf angeführt worden, seit das Land den 1000-Meter-Schutzbereich für Siedlungen aufgehoben hatte. Stichtag der Gesetzesänderung war der 25. August.

Wegen des Brückentags am Montag, an dem in der Gemeindeverwaltung von Wachtberg die Post liegen blieb, hat die Kommune von dem Bonner Vorhaben aus der Zeitung erfahren. Nächste Woche sollen Gespräche mit Bonn auf Bürgermeisterebene angebahnt werden.

Stadtwerke prüfen Standort auf Haselingsberg bei Heiderhof

In Fachkreisen heißt es: „Windenergieanlagen können durch Gondel, Rotorblattwurzel und Mast zu radarwirksamen Verschattungen führen. Dies hat Reichweiten-Reduzierung, Zielunterdrückung und Positionsfehler zur Folge.“ Verschattung heißt in diesem Fall, dass die Reflexion der Radarstrahlen wegen des Hindernisses nicht korrekt erfasst werden kann. In der Regel ging es um einen Schutzradius von fünf Kilometern. Die Bundeswehr machte zeitweise sogar einen Interessensraum im Umfeld von 50 Kilometern geltend, hat aber auch schon in einem Gerichtsstreit gegen eine Anlage in 4,1 Kilometern Nähe den Rückzug angetreten.

Die Stadtwerke Bonn (SWB) prüfen derzeit einen Windenergie-Standort auf dem Haselingsberg sowie dem benachbarten Umfeld im Godesberger Ortsteil Heiderhof. Ein Pachtvertrag soll die Fläche sichern. Parallel versucht das Unternehmen herauszufinden, ob die neue Gesetzeslage dort Windkraft zulässt. Denn nicht nur die Abstandsregelung zur Wohnbebauung war gekippt worden, sondern auch die Möglichkeit entstanden, Windkraftanlagen in den Wald oder in Landschaftsschutzgebiete zu bauen.

„Wir kennen die Diskussionen um den Bau von Windenergieanlagen aus anderen Teilen Deutschlands. Geeignete Fläche sondiert zu haben, bedeutet nicht, dass die jeweilige Eigentümerschaft sich dem Vorhaben anschließt“, schränkte SWB-Chef Olaf Hermes ein: „Auch Bedenken aufgrund des sichtbaren Eingriffs in eine natürlich gewachsene Umgebung sind denkbar. Diese nehmen wir ernst. Für die Energiewende müssen wir jedoch jede Option prüfen.“

Die Kommunen stehen alle unter dem Druck, bis 2035 klimaneutral zu werden. „Selbstproduzierter Ökostrom“ ist nach Auffassung der SWB ein Beitrag dazu. Zwei bis drei Windräder zu je 6,5 Megawatt - „rund 170 Meter hoch, zuzüglich der Länge des Rotors“ - seien voraussichtlich geeignet, um etwa 4300 Haushalte zu versorgen. Baubeginn: nicht vor 2026.

BBB kritisiert Planung am Bonner Rat vorbei

Auch in Bonn haben die Pläne eine Diskussion entfacht. Die freie Wählervereinigung Bürger Bund Bonn kritisiert ein „Verfahren nach Gutsherrenart“ am Bonner Rat vorbei. Schon vor zehn Jahren seien auch die Flächen am Haselingsberg untersucht und aussortiert worden. 52 Prozent des Areals hätten damals in einem Vier-Kilometer-Radius des Radoms gelegen, der im Dezember 2012 vom Verteidigungsministerium erlassen worden sei. Höher als 272 Meter über dem Meeresspiegel dürfe dort kein Bauwerk aufragen. Das Gelände liege auf einer Höhe von etwa 140 bis 190 Metern.

Der BBB misstraut zudem der Ankündigung der Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne), die Anlagen würden mindestens 800 Meter weit von der Wohnbebauung entfernt aufgebaut. Die bereits geschaffenen Fakten machten eine Bürgerbeteiligung unglaubwürdig. Davon, den Erlös der Stadtwerketochter EnW zu überlassen, an der die Stadt nur mit knapp über 50 Prozent beteiligt sei, hält der BBB nichts.

Die Grünen begrüßen den Plan ausdrücklich. Fraktionsgeschäftsführer Maximilian Krupp: „Mit der Abschaffung der pauschalen Abstandsregelung in NRW besteht nun die Möglichkeit, auf Basis tatsächlicher Emissionsrichtwerte den Standort zu prüfen. Die Windenergieanlagen können zum Gewinn für alle werden: Sie liefern günstigen Strom, schaffen Wertschöpfung in Bonn, und für die Bürger*innen im Umfeld der Anlage soll eine monetäre Beteiligungsmöglichkeit geschaffen werden.“