HumorRenate Offergeld schaut auf ihre Amtszeit als Wachtberger Bürgermeisterin zurück

Die Vielseitigkeit ihres Amtes gefiel Renate Offergeld besonders. Heute hat die 69-Jährige ihren letzten Arbeitstag im Berkumer Rathaus.
Copyright: Foto: Meike Böschemeyer
Frau Offergeld, erinnern Sie sich noch an ihren ersten Arbeitstag im Amt als Bürgermeisterin?
Renate Offergeld: Sehr gut sogar. Das war schon sehr aufregend, ich hatte morgens richtig Knieflattern und Herzklopfen – aber der Empfang im Rathaus war grandios. Ich sehe noch, wie die Außentür aufgeht und, vom Foyer angefangen, auf jeder Stufe bis ins Bürgermeisterzimmer die Mitarbeiter standen und mich herzlich mit Rosen empfingen. Da hatte ich schon Tränen in den Augen, so etwas hatte ich noch nie erlebt.
Die Freude und die Herzlichkeit haben sich auf mich übertragen, und ich bin jeden Tag gerne ins Rathaus gekommen. Aber damals wusste ich noch nicht, was alles auf mich zukommt. Denn ich war kaum im Amt, da ging die Flüchtlingskrise los.
Wie war das damals?
Renate Offergeld: Das war schon eine Herausforderung. Da konnten wir nicht lange fragen und planen, sondern mussten direkt entscheiden und handeln. Die schutzsuchenden Menschen kamen an, und wir mussten sofort festlegen, wo wir sie unterbringen und wie es mit ihnen weitergeht. Das hat uns manchmal schon an den Rand der Verzweiflung gebracht. Aber wir hatten das große Glück, die Wiesenau anmieten zu können, wo wir nach dem Umbau bis zu 70 Leute unterbringen konnten.
Weil wir aber von Anfang an den Gedanken der dezentralen Unterbringung hochgehalten haben, wurden auch Wohnungen angemietet und die Flüchtlingsunterkunft in Fritzdorf belegt. Zum Glück haben uns der Ökumenische Arbeitskreis und der DRK-Ortsverein mit supertoller Arbeit unterstützt. Heute ist das Thema immer noch aktuell und die Integration ist die große Herausforderung.
Gab es auch positive Erlebnisse?
Renate Offergeld: Das Jubiläum 50 Jahre Wachtberg im vergangenen Jahr war so eine großartige Veranstaltung, angefangen vom Festakt über das Bürgerfest, dazu gehörte auch noch das Rathaus-Dreigestirn im Karneval mit dem Ersten Beigeordneten Swen Christian, Kämmerin Beate Pflaumann und mir. Das hat sehr viel Spaß gemacht.
Was hat Ihnen an der Arbeit am meisten gefallen?
Renate Offergeld: Die Vielseitigkeit. Eine Verwaltung leiten in erster Linie; den Rat und die Ausschüsse vorbereiten, Personalentscheidungen treffen und regelmäßige Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden gehören ebenfalls dazu.Aber es gibt auch viele repräsentative Aufgaben, die ich gerne wahrgenommen habe. Ich finde es daher sehr bedauerlich, dass wegen der Corona-Pandemie so gut wie gar nichts mehr stattfindet, die sozialen Begegnungen fehlen einfach und die Kontakte zu den Bürgern, nicht nur mir. Das hat mich schon sehr bedrückt.
Was hat Ihnen weniger gefallen?
Renate Offergeld: Sehr betroffen und nachdenklich gemacht haben mich die Angriffe über die Sozialen Medien. Vielleicht bin ich zum Schluss noch etwas dünnhäutig geworden, weil ich so manche Diskussion und Entscheidung nicht verstanden habe, aber ich bin auch nur ein Mensch. Unverständlich für mich war auch, dass mein Haushalt niemals durchgekommen ist, weil man angeblich die Bürger nicht belasten wollte. Aber die Bürger nutzen die Infrastruktur, daher war es aus meiner Sicht vertretbar, diese behutsam an den Kosten zu beteiligen.
Wäre man uns gefolgt, hätte es nur eine moderate Steigerung über die Jahre gegeben. Jetzt wird es sehr viel schwieriger, in den Zeiten der Pandemie den Haushalt der Gemeinde ausgeglichen zu gestalten. Ich habe mich aber vor nichts gedrückt, denn das würde heißen, sich vor Verantwortung zu drücken. Im Gegenteil, ich habe meine Arbeit weiterhin gerne gemacht – auch gegen Widerstände.
Ihr Verhältnis zum Gemeinderat war nicht immer einfach, oder?
Renate Offergeld: Es gab oft eine unterschwellige Kritik an meiner Person, aber ich habe vieles mit Humor genommen. Mit der Zeit habe ich das nötige Selbstvertrauen entwickelt und meine Argumente sachlich und deutlich kommuniziert.
Was wird von ihrer Amtszeit für die Nachwelt zurückbleiben?
Renate Offergeld: Ich würde mir wünschen, dass es heißt: Sie war eine Bürgermeisterin zum Anfassen, die für alle ein offenes Ohr hatte und immer mit viel Motivation und mit großer Freude ihre Arbeit gemacht hat. Ich denke, ich kann mit hoch erhobenem Haupt hier herausgehen und werde ein gut bestelltes Haus an meinen Nachfolger Jörg Schmidt übergeben.
Was machen Sie mit Ihrer neu gewonnenen Freizeit?
Ich möchte mehr Zeit für die Familie haben und auch meine Hobbys wieder richtig pflegen. Ich sehe dann meine beiden Enkelkinder häufiger. Ich falle nicht in ein Loch – hoffe ich jedenfalls.