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UmfrageWie Personalmangel Bonner Gastronomen zur Aufgabe treibt

Lesezeit 5 Minuten

Am 18. Dezember ist Schluss. Dann werden Marc Wadehn und Marion van Hasselt ihre Gäste im Restaurant „Culinarisch.es im Römerhof“ letztmals bewirten.

Die Gastronomie leidet nicht erst seit der Corona-Krise unter akutem Personalmangel. Schon vor dem Ausbruch der Pandemie klagten viele Betriebe über zu wenige Fachkräfte. Inzwischen fehlen aber auch Aushilfen. Viele, die zuvor als Barkeeper, Servicekräfte und Küchenpersonal gearbeitet haben, sind in krisenresistentere Branchen abgewandert, die verlorenen Arbeitskräfte sind nur schwer zurückzugewinnen. Von diesem Missstand bleibt auch die hiesige Gastronomie nicht verschont. Das Restaurant „Culinarisch.es im Römerhof“ und das Landgasthaus „Op de Hüh“ verabschieden sich aufgrund fehlenden Personals.

„Op de Hüh“ in Aegidienberg ist geschlossen

22 Jahre hat Susanne Schmidt das Landgasthaus „Op de Hüh“ in Aegidienberg geführt. Ende Oktober hat die 61-Jährige den Betrieb eingestellt. Obgleich mehrere Gründe zum Aus beigetragen haben, ist der Mangel an personeller Unterstützung ausschlaggebend. Susanne Schmidt ist seit 40 Jahren als Gastronomin tätig. Das Landgasthaus hatte sie im Dezember 1999 mit Ehemann Jens eröffnet. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie sich entschieden, den Betrieb trotz des schmerzlichen Verlustes weiterzuführen. Mit der Hilfe ihrer beiden erwachsenen Kinder Louisa und Jan sowie mehrerer langjähriger Mitarbeiter gelang es ihr, das zu behalten, was über Jahrzehnte ihr Lebensinhalt war. Der Personalmangel, insbesondere an den Wochenenden, war bereits zuvor eine ständige Herausforderung.

Die Corona-Krise sieht Susanne Schmidt nicht als das ausschlaggebende Kriterium für ihren Entschluss. „Wir haben diese Phase gut überbrücken können, allerdings sind durch die erzwungene Auszeit viele Mitarbeiter abgewandert. Zusätzlich hat uns im Sommer ein langjähriger Koch verlassen. Dadurch hat sich die Situation weiter verschärft“, sagt sie. Die Probleme allerdings lägen tiefer. Es mangele in der Gastronomie an grundlegenden Dingen, so Schmidt. Es gebe zum Beispiel keinen Schichtdienst wie in anderen Branchen. Das wirke sich vor allem an den Wochenenden aus, wenn die Mehrzahl der Feste und Feiern stattfinden. Dann wisse niemand vorher, wann Feierabend ist. Zuletzt hatte Susanne Schmidt das Restaurant noch an zwei Abenden wöchentlich (donnerstags und freitags) geöffnet. Das war aber nur eine weitere Etappe hin zur Schließung. Viele Stammgäste werden das Gasthaus schmerzlich vermissen. So ganz möchte die Gastronomin ihre Karriere aber noch nicht beenden. Für sie ist es eindeutig zu früh, um an einen vorzeitigen Ruhestand zu denken. „Ich möchte weiterhin Veranstaltungen ausrichten. Dafür wird mein Landgasthaus nach wie vor bereitstehen“, verspricht sie. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern oder sonstige Festivitäten wird es in der attraktiven Atmosphäre des Hauses also weiterhin geben.

Im Dezember ist Schluss im „Culinarisch.es im Römerhof“

Acht Jahre haben Marc Wadehn und Marion van Hasselt das gastronomische Geschehen im Breniger Golfclub Römerhof bestimmt. Am 18. Dezember werden sie die Gäste zum letzten Mal im dortigen Restaurant „Culinarisch.es im Römerhof“ verwöhnen. Das Paar spricht von einer „gereiften Entscheidung“, die sich zwar durch die Corona-Krise beschleunigt hat, aber letztlich früher oder später auch ohne das Virus und seine Folgen gefallen wäre. „Die Personalbeschaffung war im Römerhof stets schwieriger als die Gästebeschaffung“, erklärt Wadehn. Eine derart problematische Situation habe er in seiner ganzen Karriere nicht erlebt. Man habe den Gästekreis zwar beständig vergrößern, aber trotzdem die gesamte Kapazität des Betriebes nur selten ausnutzen können. Die räumlichen Voraussetzungen des Bistros sind ideal: Im Innenbereich finden auf zwei Ebenen insgesamt 200 Personen eine Sitzgelegenheit. Doch was nützt das, wenn in allen Bereichen Mitarbeiter fehlen, um das Potenzial voll auszuschöpfen?

Marc Wadehn und Marion van Hasselt mangelte es nicht nur an Menschen, die in der Küche oder im Service mit anpacken, sondern auch an Reinigungskräften. Die Lockdowns haben den Betrieb zusätzlich belastet. „2021 war trotz des guten Zuspruchs der letzten Monate wirtschaftlich ein verlorenes Jahr. Wir konnten nur 15 statt der üblichen 50 Feiern und Veranstaltungen ausrichten“, sagt Wadehn. Um den Rückstand aufzuholen, mangelte es wiederum an helfenden Händen. Was ein natürlicher Vorteil sein sollte, gerät zuweilen zum Nachteil: Die herrliche Lage inmitten der Natur, der weite Blick aufs satte Grün und den nahen Wald sind ein Genuss an sich. Doch die Anfahrt ist ein Problem. Der Römerhof ist katastrophal an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen.

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Für potenzielle Mitarbeiter, die nicht motorisiert sind, stellt die abseitige Lage eine große Hürde dar. Die fehlende Unterstützung wirkte sich letztlich auch auf die eigene Verfassung aus. „Wenn ich spüre, dass ich aufgrund der Überlastung mein Niveau nicht mehr halten kann und keine neuen Ideen mehr reifen können, wird es Zeit, aus dem Hamsterrad auszusteigen“, fasst der 48-Jährige die Situation zusammen. Seine Lebenspartnerin Marion van Hasselt begreift den Ausstieg auch als Chance, „zu sich zu kommen und neue Kräfte zu sammeln“. Ihr kommt zugute, dass sie ihre Kreativität auch in anderen Bereichen ausleben kann. So entwickelte sich die Töpferei, die sie vor Jahren als Hobby begann, zu einem zweiten Arbeitsbereich. In ihrer Werkstatt auf dem Römerhof formt und designt van Hasselt Teller, Schüsseln und Schalen mit so viel Geschick, dass die Resonanz und das Interesse an den Produkten stetig gewachsen ist. Der Töpferei wird sie sich demnächst noch intensiver widmen. Auch Marc Wadehn wird die Auszeit nutzen, um sich „zu resetten“. Ihm ist wichtig, dass er in der Küche wieder die Freude verspürt, die die Arbeit ausmachen sollte. Der Zukunft blickt das Paar „völlig offen“ entgegen. Es kann gut sein, dass Wadehn wieder häufiger als Eventkoch oder im Bereich Homecooking aktiv sein wird. Marion van Hasselt wird ihre Expertise im Bereich Gestaltung einbringen. Kunst, Keramik und Essen möchten beide künftig noch mehr miteinander verknüpfen. Wo oder wie genau sie ihr Know-how und ihre langjährige Erfahrung in verschiedenen Bereichen der Gastronomie einbringen werden, können sie aktuell noch nicht sagen.

Das Aus für beide Restaurants ist nicht nur für die Betreiber und die Stammgäste ein Verlust. Bleibt die Frage, ob sich das gesamte gastronomische Spektrum dauerhaft verändert.