Der Wiederaufbau in Swisttal nach der Flut im Jahr 2021 macht ganz langsam Fortschritte. Die Menschen würden aber gerne mehr Bagger sehen, statt nur von Planungen zu hören.
Wiederaufbau Swisttal nach der Flut„Die Menschen wünschen sich mehr Bagger“
An der Grundschule Heimerzheim fehlt für die Mensa noch die neue Küche, doch die hat - wie so vieles im Land - eine lange Lieferzeit. Das ist ein Aspekt, warum der Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe vom Sommer 2021 so zäh vorankommt. Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner fasste an der Seite von Jörg Timmermann vom Planungsbüro Schumacher, dem Beauftragten für den Swisttaler Wiederaufbau, das Erreichte und Begonnene für die Rundschau zusammen. Sie sprach von einem „Riesenpaket“ und noch viel mehr Vorhaben der Verwaltung.
Um bei der Grundschule in Heimerzheim zu bleiben: Der fast 150 Jahre alte Ziegelsteinbau hat viel Geduld erfordert, weil die Putzschichten gefühlt unendlich lange trockneten, und zwar jede einzeln. Die besondere Form der alten Fenster verzögerte die Wiederbeschaffung. Und weil das Gebäude so lange leer gestanden habe, habe die Wasserführung der neuen Gasheizung an verschiedenen Stellen, die erst gefunden werden mussten, geleckt, so Kalkbrenner: „Jetzt ist aber auch das Außengelände in einem guten Zustand, und bald kommen die Möbel.“ Nach den „Winterferien“ sollen sie da sein: 140 neue Tische, 56 Bänke
Bei der Grundschulsanierung sowie beim Interimsbau für die Feuerwehr in Heimerzheim hatte sich herausgestellt, dass mit der Ausschreibung einzelner Gewerke kaum Firmen zu finden waren. 16 von 20 Positionen waren unbesetzt geblieben, wonach die Bezirksregierung unterhalb der europaweiten Ausschreibungspflicht eine Ausnahmegenehmigung zur Beauftragung eines Generalunternehmers erteilte.
Während des Wartens (Kalkbrenner: „Eine große Fahrzeughalle gibt es nicht auf Lager.“) stellte sich heraus, dass es keinen besseren Standort für die größte Feuerwehr in Swisttal gibt, als den jetzigen. Also muss das Interim so konzipiert sein, dass es dem Neubau auf dem höheren Geländeteil Richtung Schützenstraße nicht ins Gehege kommt. Laut Kalkbrenner ist die Ausschreibung nun in der Endphase. Bauvolumen: fünf bis sieben Millionen Euro. „Es muss so konzipiert sein, dass es 50 oder 100 Jahre reicht, und Feuerwehrfahrzeuge werden immer größer und schwerer.“
Die Kita in Heimerzheim nahe dem Kreisel in der Kölner Straße profitierte davon, dass die Gemeinde auch das Nachbargrundstück besitzt, sodass ein Ausweichquartier nebenan möglich war.
Im Sozialamt hat sich die Arbeit normalisiert. An der Stelle des abgerissenen Gemeindedirektorengebäudes haben moderne Container die Beschäftigten aufgenommen, die nach der Flut im Ratssaal noch mit Aktenordnern aus dem Karton arbeiten mussten. Materiallieferungen kosteten drei Monate Zeit.
Die Turnhalle in Odendorf ist ein großes Projekt, das viel Zeit kostet“, sagt Kalkbrenner. Etwas abseits vom Orbach soll der neue Sportcampus entstehen, der Tennisclub, Fußballer und Schützen vereint. Timmermann räumte ein: „Da sieht es noch aus wie vor zwei Jahren.“ Inzwischen ist aber ein Interim per Leichtbauhalle auf der alten Bodenplatte genehmigt. Ein Schallschutzgutachten kostete Zeit, außerdem ist für den neuen Standort der Bebauungsplan noch nicht rechtskräftig. „Es fängt dann an, den Leuten zu lange zu dauern“, merkte Kalkbrenner an: Aber im Frühjahr wird es die erste Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung geben, im Herbst 2024 sollte er Rechtskraft haben. Die Planvergabe muss dann allerdings europaweit ausgeschrieben werden, was in einem halben Jahr zu schaffen sein soll. Der Tennisclub hat sich derweil ein eigenes Interim geschaffen, die Schützen nutzen Schießstände in der Umgebung.
Für das Interim an der Schule sind vor gut zwei Wochen die vorbereitenden Arbeiten angelaufen. Containeranlage, Schulhof und Lehrerparkplätze werden in der Straße„ In der Freiheit“ sein.
Am Sportplatz in Heimerzheim, am Höhenring, pausieren die Arbeiten bis Sommer. Zum einen muss der Belag ruhen, zum anderen soll der Spielbetrieb auf dem Rasen zu Ende gebracht werden. Hinweisschilder warnen an der Kante zur Laufbahn vor der Stolpergefahr.
Bei den Übergangswohnheimen, die alle von der Flut betroffen waren, war die Priorität wegen der gebremsten Zuweisungen nicht hoch. Das an der Schützenstraße wird noch grundlegend saniert und soll ab Ende April wieder zu nutzen sein. Dann werden auch zwei Wohneinheiten im Erdgeschoss barrierefrei sein. Ansonsten ist die Aufteilung der gekauften Containeranlage auf die Standorte Buswarteschleife in Morenhoven und Zirkuswiese in Buschhoven zementiert. In der zweiten Dezemberwoche war die Naturschutzbefreiung für die Zirkuswiese eingetroffen. Den Druck nimmt die Ausnahme-Kooperation mit Euskirchen, wo bis maximal Anfang 2025 eine Unterkunft mitgenutzt werden darf.
Beim Tiefbau waren bislang nur ein paar Notinstandsetzungen, wenn auch größere am Orbach in Odendorf, zu sehen. „Die Menschen wünschen sich Bagger“, räumte Kalkbrenner ein. Immerhin 450 Schadensstellen sind verzeichnet und in der Ausschreibung. Neun Millionen Euro wird die Beseitigung kosten. „Dabei soll vor allem der Verkehr aufrechterhalten werden“, sagte Timmermann. „Wir wollen das aufkeimende Brauchtum nicht stören“, begründete Kalkbrenner den Starttermin nach Karneval. Außerdem habe der private Wiederaufbau nicht gestört werden sollen, so Timmermann.
Die Fließgewässer sind auch noch nicht geräumt: Zweimal 36 Kilometer Ufer seien von den Kampfmittelbeseitigern zu untersuchen, so Kalkbrenner: „Das muss auch anders laufen, als üblich, denn sonst dauert das Jahre.“
Die Bauwerke an Gewässern, auch die Durchlässe, seien auf Gefahren hin untersucht worden. Kalkbrenner: „Es gibt noch Reparaturbedarf.“ Für die Fußgängerbrücke an der Burg in Odendorf findet sie, „bräuchten wir ein Provisorium“. Denn die Lösung der Probleme an Steinbach und Orbach sei „sehr komplex“. Laut Timmermann muss die Bezirksregierung noch die Daten für ein hundertjähriges Hochwasserereignis liefern.
Und dann die „Umflut“, mit der so einfach das überschüssige Wasser ganz gefahrlos für Nachbarorte an Odendorf vorbeigeleitet werden sollte. „Das hatte ich mir so einfach vorgestellt“, sagte Kalkbrenner. Allerdings würde ein offener Lauf so tief, dass der Graben 25 Meter breit sein müsste: „Das funktioniert ja nicht.“ Also geht es derzeit um einen See vor Odendorf, ein Wehr zum Absperren des in Beton gefassten Orbachs innerhalb des Ortes sowie einen nicht so tiefen Graben am Ort vorbei. Laut Timmermann gebe es dazu „gute Gespräche“.
Anfang des Jahres beginnt die Renaturierung des „Bächelchens“ in Miel im Park hinter dem Bürgerhaus. Während der Arbeiten, die Ende April fertig werden sollen, ist der Park dann gesperrt.
Zum Wiederaufbauprogramm des Landes meldet Swisttal noch einige Projekte nach. „Unser Nachschlag wird nochmals ordentlich ausfallen“, teilte Kalkbrenner zufrieden mit. 74 Millionen Euro per Bescheid, aber kein Cent da - das sorgte lange für ein schlechtes Gefühl. Nun sind 27,6 Millionen beantragt, von denen 9,1 Millionen schon ausgezahlt wurden. Kalkbrenner ist zudem Ina Scharrenbach „sehr dankbar“, weil die NRW-Bauministerin 450.000 Euro Personalkosten nur für Swisttal zugesagt habe. „Es gibt eine Vielzahl von Rechnungen, die alle bearbeitet werden müssen, und zwar koordiniert“, erklärte die Bürgermeisterin. Der Gemeinderat hatte dazu drei Stellen genehmigt. Es geht auch um „planerische und baurechtliche Aufgaben“.
Kreisverkehrsplatz in Essig neu gestaltet
Der Bürgerverein Essig ist für die Pflege des Kreisverkehrsplatzes in Swisttal-Essig zuständig - folglich auch für die Wiederherstellung der Bepflanzung nach der Flut. Doch das konnte er selbst nicht bewerkstelligen, fand auch keinen Unternehmer. Das Wiederaufbaumanagement der Gemeinde half nun bei der Vermittlung: Zehn Tage hatte der Garten- und Landschaftsbaubetrieb von Daniel Nathan dann Zeit. Nun war Abnahme. Die alten Rosen sind entfernt, Drainagekies abgeräumt und ein neues Unkrautflies eingebaut. Die Firma hat die Thujen zurückgeschnitten.
Nicole Baschab-Bienentreu, die Vorsitzende des Bürgervereins Essig, freute sich besonders, dass nun der Pflasterpfad wieder gut hervorsticht, denn er erinnere an die römische Heerstraße , die hier einst verlief.
Rund 25.000 Euro kostete die Wiederherstellung. Schon im Entstehen der Flut hatte sich der tief liegende Verkehrsplatz mit Wasser gefüllt.