Kita- und Schulkinder aus Swisttal haben auf ihr Alter abgestimmte Materialien erhalten, um die Gesetze der Natur zu Kräften und Gleichgewicht zu verstehen. Das soll MINT-Kompetenzen fördern.
Experimentiermaterial für SwisttalSo sollen Kinder spielend die Welt verstehen

14. September 2023: In Heimerzheim lernen Kinder und Jugendliche altersgemäß die Gesetze von Kraft und Bewegung: Die Grundschüler Ida und Clemens bringen einen Seiltänzer in die Balance.
Copyright: Manfred Reinnarth
Der Schwamm klebt nahezu an der hölzernen Rutschbahn, während das Stück Metall im Nu die Rampe herunterrutscht. Das ist Physik. Emilia und Moritz haben mit Kita-Leiterin Silke Mayer an diesem Donnerstag in der Gemeinschaftsschule Heimerzheim schon einiges aus der „MINTeinander Kräfte und Gleichgewicht“-Kiste für ihren Kindergarten ausprobiert. Die Versuchsmaterialien für Grundschüler und weiterführende Schulen sind ebenfalls ausgeteilt und etwas anspruchsvoller.
Interesse an MINT-Fächer schon im Kindergarten wecken
Gesamtschulleiterin Sybille Prochnow Penedo ist hellauf begeistert, junge Menschen schon ab dem Kindergartenalter für die MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu interessieren. Am Frühstückstisch hatte sie ihre Tochter gefragt, warum sie MINT für so wichtig hält und bekam von der 16-Jährigen zur Antwort: „MINT erklärt doch die ganze Welt.“ Fast weise.
Thomas Wagner, der Schuldezernent des Rhein-Sieg-Kreises, hat für diese Erkenntnis etwas länger benötigt: „Ich stehe jetzt hier an der Tafel. Das habe ich früher immer gehasst, vor allem im Physikunterricht, wenn ich erklären sollte, was ich schon am Vortag und auch beim Nachschlagen im Bus noch nicht verstanden hatte, denn weil ich Mathematik nicht gut konnte, hatte ich spätestens beim Rechnen mit Formeln Probleme.“ Später habe er sich gewünscht, Lehrer gehabt zu haben, die ihm die Gesetze der Physik spielerisch näher gebracht hätten: „Ohne den Druck von Noten.“

14. September 2023: In Heimerzheim lernen Kinder und Jugendliche altersgemäß die Gesetze von Kraft und Bewegung: Übergabe der Materialkisten
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Wagner überreichte - damit das nun anders wird und die Älteren beim Erklären für die Jüngeren ihr Wissen vertiefen können - die Lernmaterialien für den Rhein-Sieg-Kreis gemeinsam mit Johannes Schlarb von der Telekom-Stiftung an die Bildungseinrichtungen in Swisttal. Michael Kleist, der Leiter des Fachbereichs Schulen in der Gemeinde, bedankte sich, zumal noch einige Baumaßnahmen notwendig seien, bis Swisttal einen Schulcampus haben werde. Die Telekom-Stiftung hatte das MINT-Projekt in seinen Anfängen finanziert. Der Kreis führt es weiter. Die Lernmaterialien sind eigens für das Thema Kräfte und Gleichgewicht und die Region Rhein-Sieg/Bonn entwickelt worden. Für andere Regionen gebe es Kisten zu Magnetismus und Wasser.
Prochnow Penedo buhlte unverhohlen um clevere Kindergarten- und Grundschulkinder: „Wir würden gerne Eure Kinder übernehmen und im Mint-Bereich weiter fördern. Das Angebot mit diesen Kisten kam uns wie bestellt ins Haus geflattert.“ Bei Mitmachtagen hatte sich die Gesamtschule schon die drei Swisttaler Grundschulen ins Haus geholt, um gemeinsam Neigungen zu den naturwissenschaftlichen Fächern zu fördern. Die weitere Zusammenarbeit und genauere Lerninhalte müssten aber noch ausdifferenziert werden, findet die Schulleiterin. Gemeinsame Projekttage wird es bestimmt geben. Ziel sei später ein leichterer Übergang in die Berufswelt.
Projektkoordinatorin Bettina Wallor vom Regionalen Bildungsbüro des Kreises erläuterte die unterschiedlichen Materialpakete. Allein die Anleitung für Versuche im Kindergarten umfasst 172 Seiten. Dabei sollen den Kleinen schon Begriffe wie „gleiten“, „rollen“ und „haften“ vermittelt werden.
Emilia und Moritz tun sich mit solchen Worten allerdings noch schwer. Die Idee, vielleicht nicht nur im Winter auf einer Plastiktüte über Schnee zu rutschen, sondern das auch auf einer Rutschbahn auszuprobieren, leuchtet ihnen aber ein. Kork stoppt jedenfalls so wie der Schwamm, den sie auf der hölzernen Rampe schon ausprobiert hatten.

14. September 2023: In Heimerzheim lernen Kinder und Jugendliche altersgemäß die Gesetze von Kraft und Bewegung: Emilia und Moritz erkunden mit verschiedenen Klötzen eine Rampe
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Ida und Clemens haben derweil einen Artisten aufs Hochseil gebracht. Dass die Figur eine laminierte Pappe ist und das Hochseil bloß zwischen zwei Wasserflaschen gespannt wurde, störte ihre Begeisterung nicht, zumal es ihnen bald gelang, die Figur mit Wäscheklammern an den richtigen Stellen so auszuwuchten, dass sie frei auf dem Seil stand. Applaus!

14. September 2023: In Heimerzheim lernen Kinder und Jugendliche altersgemäß die Gesetze von Kraft und Bewegung: Mit dem Zentimetermaß lassen sich die Haken positionieren und die Hebelgesetze kontrollieren
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Liza, Antonia und Katrin verstanden die Hebelgesetze schnell, als sie an einer simplen Wippe aus einer senkrechten Schraube und einem Querbalken mit demselben Lochschema zu beiden Seiten durch das Austarieren mit gleich schweren Haken neue Kombinationsmöglichkeiten errechneten. Zwei Haken, fünf Zentimeter vom Mittelpunkt entfernt, wirken sich eben genauso aus, wie einer in zehn Zentimetern Entfernung.

14. September 2023: In Heimerzheim lernen Kinder und Jugendliche altersgemäß die Gesetze von Kraft und Bewegung: Louis hat verschiedene Gewichte für das Messen eines Newton an eine Federwage gehängt
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Christof, Louis und Finlay aus der neunten Klasse durften die Gesetze der Physik schon mit der Federwaage erkunden. Trotz der unterschiedlichen Gewichte hatte Louis bald die 100 Gramm an die Feder gehängt, die laut Messskala dem Wert von einem Newton entsprechen. Mit dieser Kenntnis und anderen Gewichten ließ sich auf glattem und rauem Untergrund sowie mit einem rauen Schlitten oder einem Wagen mit Rädern einfach nachmessen, welche Reibung und Widerstände zu überwinden sind, um Objekte zu bewegen.
Plötzlich hatte Emilia raus, dass eine leichte Kunststoffrolle gar nicht so weit rollt wie ein massiver Holzzylinder. Eine Erkenntnis, die sie vielleicht später gut anwenden kann.