Juli-HochwasserSwisttals Infrakstruktur hat Schäden von mehr als 73 Millionen Euro
Swisttal – Auf 73,4 Millionen Euro schätzt Diplom-Ingenieur Jörg Timmermann vom PBS Planungsbüro Schumacher GmbH (Wiehl) die Sachschäden, die die Flutkatastrophe allein am Infrastruktur-Eigentum der Gemeinde Swisttal angerichtet hat. Mehr als 220 einzelne Schadensstellen hat sein Team in 1200 Arbeitsstunden ermittelt und zu 106 Projekten zusammengefasst, die zusammen den Wiederaufbauplan der Gemeinde Swisttal für die kommunale öffentliche Infrastruktur ergeben. Der Haupt-, Finanz- und Beschwerdeausschuss stimmte dem Zahlenwerk bereits zu und empfahl dem Rat, diesen Wiederaufbauplanung in seiner nächsten Sitzung am 15. Februar zu beschließen.
Damit gehe der Wiederaufbau der Infrastruktur in eine entscheidende Phase, so Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU). Denn nur mit einem vom Gemeinderat verabschiedeten Maßnahmenplan könnten Förderanträge gestellt werden. Mindest 18 Monate lang müsse dann nach diesem Drehbuch gearbeitet werden; erst danach könnten eventuell übersehene oder vergessene Maßnahmen nachgemeldet werden.
Zehn Jahre, bis alle Schäden beseitigt sind
Kalkbrenner warnte allerdings vor überzogenen Erwartungen an das Tempo: „Natürlich möchte jeder gerne der erste sein, dessen Schaden behoben wird. Deshalb muss der Gemeinderat eine Prioritätenliste festlegen, nach der die Schäden abgearbeitet werden.“ Es werde zehn Jahre dauern, bis alle Schäden beseitigt seien, schätzt Timmermann.
Beratung für Flutopfer
Die Beratungsstelle des Kreises für Betroffene der Flutkatastrophe ist am Samstag, 12. Februar, von 8 und 16 Uhr, geöffnet. Sie befindet sich im Dorfhaus Ludendorf, Ollheimer Straße 10.
Besucher müssen zuvor online einen Termin vereinbaren oder telefonisch unter (0 22 41) 13 22 00. Die Telefon-Hotline ist montags bis donnerstags zwischen 8 und 16 Uhr sowie freitags von 8 bis 14 Uhr besetzt.
Informationen zu vorbeugendem Schutz vor Hochwasser gibt es beim Infomobil des HochwasserKompetenzCentrums am Donnerstag, 10. Februar, 14.30–18.30 Uhr, auf dem Parkplatz am Rathaus in Ludendorf, am Freitag, 11. Februar, 14.30–18.30 Uhr, Madbachhalle, Stuppenkreuz 8, Rheinbach-Loch, sowie am Samstag, 12. Februar, 12–16 Uhr, Dorfplatz, Ecke Ahrweg / Tomberger Straße, in Rheinbach-Wormersdorf. (mfr)
Schon vor der Entscheidung über Prioritäten soll der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Heimerzheim in Auftrag gegeben werden, ebenso die Sanierung der Grundschule Heimerzheim und die Planung für den Sportcampus. Nach dem Ratsbeschluss werde zunächst die Bezirksregierung den Wiederaufbauplan prüfen.
Timmermann stellte Förderquoten von bis zu 100 Prozent in Aussicht. Er hat die Schäden in acht Kategorien unterteilt: Gemeindestraßen, Bauwerke, Hochbau, Wirtschaftswege, Fließgewässer, Spielplätze, Denkmäler und Allgemeines. Auch die aus der Bevölkerung gemeldeten und von der Gemeinde erfassten Schäden seien eingearbeitet. Timmermann: „Wir sind letztlich auf das Schwarmwissen angewiesen.“
In einer vorläufigen Überflutungskarte sei die Situation am 15. Juli nachvollzogen worden. Es gebe eine große Übereinstimmung mit den Vorhersagen aus den offiziellen Starkregen- und Hochwasserkarten.
Der Gutachter hat alle Projekte zudem nach ihrer Bedeutung hin untersucht und dabei drei unterschiedliche Prioritäten festgesetzt: „Kritischen Infrastruktur“ wie Straßen, Kanäle und Feuerwehr setzte er in der Rangfolge vor Projekte mit „sozialen Aspekten“ wie Sportanlagen und Dorfhäuser. Alles andere ist „Übriges“.
Bürgermeisterin: „Am Ende wird es an vielen Stellen schöner sein“
Eine weitere Abstufung der Reihenfolge werden Rat und Verwaltung vornehmen. Dass die kommunale Infrastruktur bei dem Wiederaufbau nach dem aktuellen Stand der Technik hergestellt werden müsse, sei sozusagen ein Glücksfall, findet Kalkbrenner, denn dadurch könne einiges besser als vorher gestaltet werden: „Was wir sonst vielleicht in 50 Jahren abgearbeitet hätten, wird in kürzester Zeit realisiert.“ Sie ist überzeugt: „Am Ende wird es in der Gemeinde Swisttal an vielen Stellen schöner sein als zuvor.“
Viele Hochbauten sind von der Flut betroffen, und entsprechend viel Geld wird benötigt. Schulen und Kindergärten sind für geschätzte elf Millionen Euro zu erneuern, und der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Heimerzheim wird mit mindestens acht Millionen Euro zu Buche schlagen. In etwa der gleiche Betrag werde für die Sanierung des Rathauses samt seiner Nebengebäude und des Rathaus-Parkplatzes fällig, kündigte der Gutachter an.
Grundsätzlich, so gab Timmermann zu bedenken, müsse überlegt werden, wo der Wiederaufbau an gleicher Stelle wegen der Hochwassergefahr keinen Sinn habe. „Hier wären explizit die Sportstätten in Odendorf zu nennen, die an anderer Stelle wiederaufgebaut werden sollen“, sagte der Experte. Einen weiteren Schwerpunkt des Wiederaufbaus bilden Brückenneubauten und Bauwerkssanierungen.
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Mehrere Ausschussmitglieder quittierten erfreut, dass alle Fließgewässer im Bereich der Gemeinde im Außenbereich instandgesetzt und saniert werden sollen, um bei einem künftigen Starkregenereignis gewappnet zu sein. Wegen der anstehenden Planungs- und Bauleistungen hält Kalkbrenner es für sinnvoll, externe Kräfte zur Verstärkung des Gemeindepersonals zu beauftragen: „In Anbetracht der Größe und Relevanz des Projekts ist eine frühzeitige Unterstützung durch einen Projektmanager sinnvoll und im Hinblick auf die Qualität der Einzelmaßnahmen auch unabdingbar, zumal der Wiederaufbau mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird.“
Ein Vergabeverfahren für die Projektsteuerung sei bereits in Vorbereitung. Nach derzeitigen Zeitplan könne der Auftrag für das Projektmanagement schon im April diesen Jahres vergeben werden.