AboAbonnieren

Flüchtlinge in Rhein-SiegGemeinde Swisttal von Protest gegen Unterbringung unbeeindruckt

Lesezeit 3 Minuten
Buschhoven Akazienstraße ist ein möglicher Standort für eine Flüchtlingsunterkunft

Buschhoven Akazienstraße ist ein möglicher Standort für eine Flüchtlingsunterkunft

Trotz offener Proteste und einer Online-Petition gegen die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften auf einem bestimmten Gelände in Buschhoven hält der Gemeinderat von Swisttal an seiner Vorauswahl fest.

Vor rund 100 Zuhörern aus der Bevölkerung hat der Swisttaler Gemeinderat seine Strategie zur Aufnahme von Flüchtlingen festgelegt und dabei in öffentlicher Sitzung trotz der Kulisse keine Flächen ausgeschlossen. Einstimmig und unbeeindruckt bestätigten die Fraktionen Empfehlungen aus zwei Fachausschüssen.

„Wir haben gut abgewogen“, sagte Stephan Faber von den Grünen. Die Priorität liegt auf der Sanierung der bei der Flut 2021 beschädigten Übergangswohnheime in der Schützenstraße 14 und 16 in Heimerzheim. Der Rat beschloss zudem, eine bereits erworbene Containeranlage zur Unterbringung von bis zu 150 Personen möglichst zu teilen und zwei Standorte für jeweils maximal 80 Personen einzurichten. Ein Teil soll auf einer Fläche am Ludendorfer Rathaus aufgestellt werden, der andere möglicherweise in Buschhoven.

Angst um Frauen und vor einer Moschee

Dagegen hatte es im Ort großen Protest gegeben; eine Bürgerinitiative startete eine Online-Petition und rief zu Protest in der Ratssitzung auf. In der Einwohnerfragestunde wandte sich der Wortführer gegen den ins Auge gefasste Standort an der Akazienstraße, andere Petenten führten den „Wertverfall unserer Häuser“, den „Verlust unseres Naherholungsgebietes“ und die „Gefährdung unserer Frauen durch die Flüchtlinge“ ins Feld und fragten, „wann denn da eine Moschee gebaut wird?“

Es gab aber auch Bürger, die sich Gedanken um die gute Integration der Menschen machten und ob die Gemeinde dafür die nötigen personellen Kapazitäten habe, was Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner verneinte. Bei der Integration leisteten ehrenamtliche Helferkreise wertvolle Arbeit.

Ob die Containeranlage für etwa 75 bis 80 Menschen überhaupt im Bereich der Buschhovener Akazienstraße errichtet werden kann, ist derzeit noch unklar. Dagegen sprechen vor allem Vorgaben des Landschaftsschutzes. Die Gemeinde hat beim Kreis eine Bauvoranfrage eingereicht, um das klären zu lassen. Sie steht auf dem Standpunkt, dass ein Provisorium, wie es vorgesehen ist, durchaus genehmigungsfähig sein könnte.

„Zirkuswiese“ ebenfalls im Gespräch

Inzwischen wird eine weitere Fläche in Buschhoven geprüft, die sogenannte „Zirkuswiese“ an der Bundesstraße 56, außerhalb des Ortes. Auch hier gelten Einschränkungen durch den Landschaftsschutz. Rund 30 Flächen im gesamten Gemeindegebiet hatte die Verwaltung geprüft, eine ganze Reihe wurden als ungeeignet ausgeschlossen. Etwa 3000 Quadratmeter werden mindestens benötigt. Es hat wohl auch Angebote gegeben, allerdings zu einem völlig überhöhten Pachtzins.

Während ein Bürger „zivilen Ungehorsam“ von Rat und Verwaltung forderte und dazu aufrief, beim Landtag in Düsseldorf zu protestieren, dass die Gemeinden ihre Kapazitätsgrenze bei der Aufnahme erreicht hätten, wies Petra Kalkbrenner darauf hin, dass für Swisttal in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Flutfolgen eine Ausnahmeregelung gegolten habe, die ausgelaufen sei.

Wir müssen die Unterbringung leisten, so wie es die anderen Kommunen auch tun. Da wird uns viel zugemutet, bis hin zu Zeltstädten. Irgendwann wird der Kollaps da sein, deshalb brauchen wir andere Lösungen.
Petra Kalkbrenner, Bürgermeisterin von Swisttal

Der Gemeinde wurden von der Bezirksregierung Arnsberg bereits zirka 400 Personen zugewiesen. Die Aufnahmeverpflichtung beläuft sich jedoch auf rund 600, sodass mit etwas mehr als 200 Personen gerechnet werden muss. „Wir müssen die Unterbringung leisten, so wie es die anderen Kommunen auch tun“, machte Kalkbrenner klar, „da wird uns viel zugemutet, bis hin zu Zeltstädten. Irgendwann wird der Kollaps da sein, deshalb brauchen wir andere Lösungen.“

Die aktuellen Zahlen ließen nur den Schluss zu, dass die Aufnahme nur noch mit größeren Einheiten bewältigt werden kann. Aufgrund der Hochwasserkatastrophe sind die Unterbringungskapazitäten weiterhin deutlich eingeschränkt, da auch Gebäude der Gemeinde zerstört wurden.

Die Verwaltung verfügt aktuell noch über Raum für weitere 40 Personen. Voraussichtlich Ende des Jahres sind diese Kapazitäten erschöpft. Für den absoluten Notfall beschloss der Rat, die Einfachturnhalle der Gesamtschule Heimerzheim herzurichten. Dort stehen Alternativen für den Sport zur Verfügung. Dorfhäuser, wie das bei der Flüchtlingswelle 2015 in Morenhoven der Fall war, wollen Rat und Verwaltung möglichst nicht antasten.