AboAbonnieren

Träume vom FliegenAußergewöhnliches Benefizkonzert in der Buschhovener Versöhnungskirche

Lesezeit 4 Minuten
Das Benefizkonzert „Träume vom Fliegen“ mit Axel Graumann lockte viele Besucher in die Evangelischen Versöhnungskirche nach Buschhoven.

Das Benefizkonzert „Träume vom Fliegen“ mit Axel Graumann lockte viele Besucher in die Evangelischen Versöhnungskirche nach Buschhoven.

In Swisttal-Buschhoven hob Pilot Axel Graumann ab und nahm die Gäste mit auf eine musikalische Reise.

„Liebe Gäste, herzlich Willkommen an Bord, hier spricht ihr Kapitän!“ Mit diesen einführenden Worten begrüßte der Lufthansa-Pilot Axel Graumann rund 120 Konzertbesucher in der evangelischen Versöhnungskirche Buschhoven. Im Namen des Gastgebers Lothar Kirschbauer, Repräsentant des Kirchbauvereins Buschhoven und der Kirchengemeinde, lud der 63-jährige Verkehrsflugzeugführer die neugierigen Gäste in sein Cockpit ein und versprach ihnen eine Reise in die Welt der Berufs-Fliegerei: „Heute möchte ich Sie mit in die Luft nehmen und damit den Traum vom Fliegen mit Ihnen teilen.“

Durch diese Einleitung war gleich zu Beginn klar: Das ist eine besondere Premiere, zu der Lothar Kirschbauer und Amateur-Pianist Axel Graumann aus Wiesbaden in den historischen Saalbau von 1723 gebeten haben. Und die aufgebauten Erwartungen wurden sogar übertroffen. Unter dem Leitspruch „Träume vom Fliegen“ brachte Graumann passende Stücke und eigene Kompositionen zu schönen Fotos zu Gehör, die er selber aus seinem Cockpit heraus aufgenommen hatte.

Reise war in verschiedene Flugabschnitte unterteilt

Die Benefizveranstaltung wurde zugunsten des Erhalts der alten Buschhovener Kirche und des benachbarten Melanchthonhauses durchgeführt. Besonders stimmungsvoll waren die selber komponierten Klaviervariationen von Axel Graumann, die gleich nach dem „Take-off“ mit „Knight Moves“ des in Köln lebenden kanadischen Musikers Chilly Gonzales gespielt wurden. Und so hieß es: „Bitte anschnallen und Gepäckstücke unter den Sitzen verstauen.“ Die Reise mit Kapitän Graumann war in mehrere Flugabschnitte unterteilt und war einem ausliegenden Flugplan zu entnehmen.

Das Gesamtpaket sei für ihn keine Routine, sondern eine Herausforderung, erklärte Axel Graumann: „Ich kann sagen, dass mein Adrenalinspiegel unter der Schädeldecke steht.“ Das Lampenfieber schien ihn jedoch eher zu beflügeln, als zu hindern. Mit dem Stück „White Keys“, ebenfalls von Chilly Gonzales, und Fotos vom Flugalltag spielte er „Töne vom Fliegen“ und verzauberte seine Zuhörer mit seiner Musik. Graumann: „Die Töne der Motoren können für Piloten sehr ansprechend sein: Ich finde es immer noch faszinierend, wenn ich beim A340 die vier Schubhebel nach vorne bewege, die Beschleunigung in den Rücken drückt, der satte Sound von bis zu 120.000 PS im Cockpit lebendig wird und sich 350 Tonnen Startgewicht mit über 300 Kilometer in der Stunde sanft Richtung Himmel bewegen.“

Tante Heidi aus Buschhoven lockte den Piloten nach Swisttal

Beim Benefiz-Konzert in der Buschhovener Versöhnungskirche begrüßte Pianist und Pilot Axel Graumann (2.v.l.) viele Familienmitglieder, darunter waren zwei Cousinen, Neffe Jona Pütz aus Hamburg und seine Tante Heidi aus Buschhoven (links). Mit dabei Gastgeber Lothar Kischbauer (2.v.r.) vom Kirchbauverein Buschhoven.

Beim Benefizkonzert in der Buschhovener Versöhnungskirche begrüßte Pianist und Pilot Axel Graumann (2.v.l.) viele Familienmitglieder, darunter waren zwei Cousinen, Neffe Jona Pütz aus Hamburg und seine Tante Heidi aus Buschhoven (links). Mit dabei Gastgeber Lothar Kischbauer (2.v.r.) vom Kirchbauverein Buschhoven.

Der erfahrene Flugkapitän blickt auf 43 Jahre und sieben Monate Flugerfahrung, er hat 25.000 Flugstunden hinter sich gebracht und fliegt immer noch Langstrecke bei der Lufthansa. Gezeigt wurden einmalige Ansichten vom Training in Airbus Simulatoren, Fotos aus der Vogelperspektive gewährten außergewöhnliche Ausblicke auf Grönland, Manhattan, Chicago und die Weite der Sahara. Weiter ging das Konzert mit Fotos der „Tante Ju“, einem historischen Flieger aus den 1930er-Jahren, und einer Version des Queen-Songs „The show must go on“.

Die Junkers „Ju 52“ ist ein dreimotoriges Verkehrs- und Transportflugzeug des deutschen Herstellers Junkers Flugzeugwerk AG in Dessau und steht unter Denkmalschutz. Axel Graumann hat die Ju 52 von 2007 bis 2018 für die Lufthansa geflogen. Seit 2019 warte der wohl bekannteste Flugzeugklassiker der Welt in Paderborn beim Quax-Verein auf einen Museumsplatz, sagte Graumann.

Großen Applaus gab es, als der Pilot Fotos aus Buschhoven zeigte. Genauer waren es Fotos des Ulmenweges, wo seine Tante Heidi Wolde jahrzehntelang wohnte. Die in der Gemeinde aktive Seniorin war der Anlass des Konzertes in der Versöhnungskirche. „Das ist die Verbindung, die mich als Wiesbadener nach Buschhoven bringt und ganz besonders für sie habe ich das Programm gestaltet“, so Graumann. Für die Verwandtschaft war der Tag des Konzerts ein ganz besonderer, denn er war Anlass zu einem großen Wiedersehen: „Sie hat mit ihrem großen Herzen immer die ganze Familie beherbergt.“

Evangelische Versöhnungskirche dringend renovierungsbedürftig

Erst im vergangenen Jahr wurde im Ort das 300-jährige Bestehen der Kirche gefeiert, in der seit einer umfangreichen Sanierung im Jahr 1986 evangelische Gottesdienste gefeiert werden. Allerdings besteht dringender Renovierungsbedarf am historischen Dachstuhl, weswegen das Gebäude seit einigen Jahren von innen und außen mit Holzstreben gestützt wird. Nicht nur wegen dieser Kosten steht die Trägerschaft für die Versöhnungskirche innerhalb der Gemeinde zur Disposition.

„Wir müssen überlegen, wie wir das Gebäude erhalten können, weil die Gemeinde kein Geld mehr hat“, bestätigte Lothar Kirschbauer. Das Ensemble solle bestehen bleiben und in Zukunft weiterhin für kirchliche Zwecke genutzt werden. „Gespräche mit einem Trägerverein laufen.“ Die Kirche sei für die Buschhovener ein wichtiger Identitätsort und trage zum ökumenischen Zusammenwirken der christlichen Ortsgemeinden bei. Außerdem werde das Melanchthonhaus von der Musikschule genutzt, so Kirschbauer, der sich vorstellen könne, die Räume für die Unterbringung von geflüchteten Menschen einzusetzen.