Etliche Erzeuger im Rhein-Sieg-Kreis stellen ihren Kunden inzwischen rund um die Uhr Lebensmittel zur Verfügung - auch sonntags und nachts. Wir haben die Automaten ausprobiert.
Rhein-Sieg-KreisHier gibt es Obst, Fleisch und Eier frisch aus dem Automaten
400 Gramm Erdbeeren für vier Euro. Den Preis am Automaten von Irmgard Hensen in Swisttal-Mömerzheim finde ich sehr in Ordnung, vor allem weil ich weiß, dass die Früchte hier vor zwölf Stunden vermutlich noch an der Pflanze im Gewächshaus nebenan gehangen haben. Zwei einzelne Euro-Stücke und eine Zwei-Euro-Münze habe ich noch passend. Scheine und Karte wäre auch gegangen. Fachnummer tippen, die Schale mit Erdbeeren aus dem Fach nehmen, ja so einfach klappt das eigentlich überall. Sieben verschiedene Lebensmittelautomaten haben meine Kollegen und ich zwischen Rheinbach und Bornheim ausprobiert.
Sowohl Landwirte profitieren davon, ihre Waren außerhalb der Öffnungszeiten ihrer Hofläden anzubieten, als auch solche Kunden, die mal schnell uhrzeitunabhängig einen plötzlichen Bedarf decken wollen. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich solche Lebensmittelautomaten nämlich nach Ladenschluss und an den Sonntagen. So viel zu der Erfahrung der Automatenbetreiber. Wie gut die Automaten von den Kunden angenommen werden, sehen die Betreiber logischerweise am einfachsten daran, wie oft sie nachfüllen müssen.
Lebensmittelautomat in Rhein-Sieg: So geht es
Aber wie funktioniert so ein Einkauf am Lebensmittelautomaten? Die Rundschau wollte es wissen. Die Automaten, die ich besucht habe, sahen zwar alle sehr unterschiedlich aus, aber die Bedienweise war doch sehr ähnlich. Meist hängt am Gerät selbst eine Schritt-für-Schritt-Anleitung aus. Das macht den Einkauf fast kinderleicht. Lesen muss man können, und ans oberste Fach ranreichen, wenn es kein Automat mit Ausgabeklappe unten ist. Das war selbst für mich mit 1,71 Meter nicht immer einfach.
In der Regel haben alle Fächer dieser Automaten haben eine Nummer. Diese gilt es, auf dem Tastenfeld einzugeben, woraufhin der Preis auf dem Display angezeigt wird. Überall genügt Bargeld zum Bezahlen - welche Scheine und Münzen angenommen werden, steht an den Automaten dran. Nicht alle, aber doch die meisten Geräte akzeptieren auch kontaktlos eine Bankkarte.
Sobald die Ware bezahlt ist, - und auch das ist bei allen Automaten gleich - öffnet sich das ausgewählte Fach, und die Ware kann entnommen werden. Manchmal ist ein wenig Geduld gefragt, denn zwischen dem Abgleich der Zahlung via Datenleitung und der Freigabe eines Fachs können schon ein paar Sekunden vergehen, die am Erfolg der Zahlung zweifeln lassen. Geklappt hat es aber immer: Jedes Mal ist die Ware freigegeben worden oder fuhr aus dem ausgewählten Fach nach unten zur Ausgabeklappe, wo ich sie dann rausnehmen konnte. Die Fächer waren eigentlich groß genug. Kein zermatschtes Obst, keine verbogenen Finger, nur einmal ist mir eine Tomate wieder ins Fach zurückgekullert, weil ich die Schale zu schräg gehalten habe. Letztlich habe ich immer bekommen, was ich gezahlt habe.
Nur der Erdbeerautomat bei Hensen hat auch nach dem Bezahlen nach der Nummer des gewählten Fachs verlangt. Ein Verfahren, das, wie Mitinhaberin Irmgard Hensen erklärte, sicherstellen soll, dass nicht irrtümlich ein leeres Fach aufgeht.
Kartoffeln von Raphael Schmitz in Walberberg
Mit seiner Geschäftsidee vom Kartoffel-Verkaufsautomaten in Bornheim-Walberberg zählt Raphael Schmitz zu den Trendsettern im Vorgebirge. Seit Jahrzehnten vermarktet der Landwirt so einen Teil seiner Kartoffelernte. Auch sein „Geschäft“ ist auf diese Weise 24 Stunden täglich geöffnet. Insbesondere in den Abendstunden huschen berufstätige Verbraucher vorbei – werfen ihr Geld ein, öffnen das Fach – und sind dann auch schnell wieder weg. Aktuell gibt es ausschließlich die frühe Sorte Annabella aus der Maschine – 2,5 Kilogramm für sechs Euro.
Cremerius bestückt Automaten in Meckenheim und Rheinbach
Seit 2021 betreibt der Obsthof Cremerius einen „Frischeautomaten“, direkt am Betriebsgebäude mit der Adresse Adendorfer Straße 1 in Meckenheim. „Die Idee entstand damals während der Corona-Pandemie. Auch Kunden, denen es im Hofladen zu wuselig war, sollten die Möglichkeit haben, frisches Obst einzukaufen“, fand Marcel Cremerius, der den Hof mit seinem Bruder Matthias managt und für Finanzen und Marketing zuständig ist. Ende 2023 kam dann der zweite Frischeautomat dazu. Dieser steht an der Raiffeisen-Tankstelle in der Boschstraße 2-4 in Rheinbach. „Eigentlich hatten wir den Automaten dort schon viel früher aufstellen wollen, aber die Inbetriebnahme verzögerte sich. Der Standort war von der Flut betroffen“, sagt Marcel Cremerius.
Drei- bis viermal die Woche füllt er die Automaten auf. Sonntags ist die Nachfrage am höchsten, wie er weiß: „Die Automaten sind gekühlt, die Ware hält sich.“ Sein Bruder, Matthias Cremerius, der Obstbauer im Familienunternehmen, gibt Marcel Cremerius Bescheid, sobald frische Erdbeeren gepflückt sind, und Marcel Cremerius befüllt dann die Automaten damit. Jetzt im Sommer gehört die Schale Erdbeeren für vier Euro zu den Verkaufsschlagern. Besonders gut verkauft sich auch der Obstsalat. „Den schnibbeln wir frisch zusammen, und deshalb ist der nicht in großen Mengen vorrätig. Der Obstsalat ist direkt verzehrfertig: Ein Gäbelchen ist dabei“, sagt Marcel Cremerius. Auch das Grillfleisch verkauft sich gut.
Ob sich der Aufwand mit dem zweiten Automaten in Rheinbach lohnt? Marcel Cremerius ist sich da nicht sicher. Zum einen kann er in der Nachbarstadt Präsenz zeigen. Allerdings kostet ihn jede Fahrt nach Rheinbach, um den Automaten zu überprüfen und zu befüllen, auch Zeit. „Den Aufwand darf man nicht unterschätzen“, betont der Geschäftsmann. Also ist der Automatenbetrieb auch nicht frei von Personalkosten, wie es den Anschein erweckt.
Sollte der Einkauf am Automaten nicht so verlaufen wie gewünscht, gibt es bei Cremerius eine WhatsApp-Nummer, die Kunden dann kontaktieren können. Nach spätestens 24 Stunden melde sich jemand vom Obsthof, verspricht er. „Solche Automaten funktionieren nicht immer einwandfrei, so ist das einfach. Wir sind kundenorientiert und kulant“, sagt Marcel Cremerius. Er will keinen Kunden enttäuschen.
Viele Fächer bei Mauel in Ollheim
Das Obst im Automaten des Obsthofs Mauel in Swisttal-Ollheim ist besonders günstig: 500 Gramm Erdbeeren gibt es hier schon ab zwei Euro. Das liegt daran, dass die Ware „zweite Wahl“ ist, wie eine Kundin berichtete, also Ware, die schnell verbraucht werden sollte. Dieselbe Menge gibt es auch für vier Euro und dann garantiert frisch und unversehrt.
Helene Bär und Agneta Westphal kaufen hier regelmäßig ein. „Drei- bis viermal die Woche sind wir bestimmt hier“, sagt Bär. „Das Obst schmeckt immer lecker“, so Westphal. Neben Erdbeeren, Himbeeren und Aprikosen, gibt es auch Eier und Honig. Doch das ist an diesem Tag nichts für die beiden.
Mit dem Automaten haben sie nur sehr selten Probleme. „Der funktioniert eigentlich immer einwandfrei“, sagt Bär: „Und sollte doch mal ein Türchen klemmen, ist immer Personal vom Obsthof in der Nähe und kann helfen.“
Hensen in Mömerzheim hat nicht nur Erdbeeren
Wie der Obsthof Cremerius hatte auch der Fruchthof Hensen in Swisttal in der Corona-Pandemie die Idee, einen Erdbeerautomaten aufzustellen. Hier gibt es an 24 Stunden täglich und an sieben Tagen die Woche frische Erdbeeren direkt vom Hof. Die 400-Gramm-Schale kostet auch hier vier Euro. Neben Erdbeeren gibt es hier auch selbstgemachte Marmelade und Honig vom Imker.
„Ein- bis zweimal am Tag füllen wir auf“, sagt Inhaberin Irmgard Hensen: „Sonntags manchmal häufiger.“ Sie sieht den Erdbeerautomaten als „eine Ergänzung zu den Obstständen“, die sie am Straßenrand betreiben. „Reich werden, kann man mit dem Automaten allein nicht.“ Die Obststände des Fruchthofs Hensen sind seit dem 15. Juli geschlossen. Der Automat ist seitdem die erste Anlaufstelle für all diejenigen, die weiterhin Appetit auf Erdbeeren haben.
Vielleicht zieht der Erdbeerautomat bald um. „Wir spielen mit dem Gedanken, den Automaten an unserer Beerenbude in Heimerzheim aufzustellen“, sagt Hensen, denn Laufkundschaft gebe es an der Dr.-Josef-Ströder-Straße 25, – dem Betriebsgelände, wo der Automat aktuell steht – nicht viel.
Das Milchbüdchen in Flerzheim
Wer am Flerzheimer Milchbüdchen frische Milch kaufen möchte, sollte Bargeld mitbringen und gegebenenfalls ein Gefäß. Der Automat in diesem Rheinbacher Ort nimmt keine Kartenzahlung an. Ein Liter Milch kostet hier 1,20 Euro. Die Kühe, von denen die Milch stammt, stehen im Stall direkt nebenan. Wer also fürchtet, beim Einkauf am Automaten den Kontakt zum Menschen zu vermissen, lässt sich vielleicht doch einmal auf dieses ganz besondere Einkaufserlebnis nah am Tier ein, begleitet vom Muhen.
Rheinbacher Eis aus dem Holzbüdchen
Natürlich ist auch der Milchautomat gekühlt. Doch noch mehr Sinn macht die durchgehende Kühlung beim Eisautomaten in Rheinbach in der Pützstraße 23. Der steht gleich und nicht zufällig an „The Ice Cream“ Rheinbach und ist in einem hölzernen Häuschen untergebracht, das ein bisschen wie Weihnachtsmarkt anmutet. Der Aparat nimmt Bargeld und Karte. Er ist nicht nur außerhalb der Geschäftszeiten gefragt, sondern auch dann, wenn an der Eistheke nebenan die Schlange einfach zu lang ist, um in der Sonne zu warten. Hier gibt es freilich kein Schleckeis in der Waffel, sondern einen Pott mit der kühlen Speise. Der ist ordentlich groß, heißt: mit 550 Milliliter gefüllt, und kostet acht Euro.