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Rückblick auf Hochwasser in HeimerzheimManchmal ging es nur per Boot in die Burg

Lesezeit 5 Minuten
Hochwasser Heimerzheim 3

Uniformierte (oben) steuerten sogar in die Burg Heimerzheim.

  1. Flutkatastrophen haben die Menschen in der Voreifel und im Vorgebirge zu allen Zeiten in Bedrängnis und um ihre Habe gebracht.
  2. Wir werfen für verschiedene Kommunen einen Blick in die Geschichte auf die Fluten damals.

Swisttal – „Damals standen alle Straßen des Ortes unter Wasser, und viel Federvieh und Schweine ertranken in den reißenden Fluten.“ So liest sich das Hochwasser vom 24. Juni 1888 bei Rudolf Bölkow in seiner Veröffentlichung „900 Jahre Heimerzheim“. Der gesamte Ortskern war 1888 mit Wasser gefüllt, und wohl nicht zum ersten Mal. Wie viele solcher Überflutungen es schon früher in den heute zur Gemeinde Swisttal zählenden Orten gab, ist mit einer Recherche allein im Gemeindearchiv jedoch nicht zu fassen. Archivarin Hanna Albers bedauert: „Bis auf den Ortsteil Heimerzheim sind die historischen Hochwasserereignisse nicht besonders gut dokumentiert.“

Alte Ansichtskarten aus dem Archivbestand vermitteln den Eindruck eines idyllischen Fleckens, den kein Wässerchen trüben könnte – wären da nicht die Fotos aus den frühen 1960er Jahren, die zeigen, dass beim Hochwasser viele Häuser nur per Boot zu erreichen waren.Schon 1911 hatte es eine beachtliche Flut gegeben. Vom 17. auf den 18. Mai wuchs der Swistbach so stark an, dass er in Heimerzheim nicht nur die Straßen in unmittelbarer Nachbarschaft seines Betts überflutete, sondern auch die Kölner Straße und den Bereich um den den Fronhof. Allerdings war das kein Rekordwert. Der Schulchronik von Heimerzheim ist zu entnehmen, dass beim Hochwasser im Jahr 1888 der Wasserstand noch um einen halben Meter höher gewesen sei als im Jahr 1911.

Hochwasser Heimerzheim 1

Hochwasser in Heimerzheim

Die Bürger ergriffen Gegenmaßnahmen: 1928 baute das Amt Ollheim den Swistbach zum Teil aus. Weitere Bauarbeiten waren für die 1930er und frühen 1940er-Jahre geplant, doch wegen des Krieges wurden sie nicht verwirklicht. 1946 bis 1948 ist der Swistbach in einigen kurzen Abschnitten begradigt und entschlammt worden.

Dann kam der März 1961 und bescherte der Swist schweren Eisgang. Einige bis zu 50 Zentimeter dicke Eisschollen müssen gesprengt werden. Das übernahm das Technische Hilfswerk, wie in einer Veröffentlichung des Arbeitskreises Heimat Heimerzheim nachzulesen ist. Noch im selben Jahr, am 3. Juni, gab es ein schweres Hochwasser, wie es sich nur alle Hundert Jahre ereignen soll. Es betraf vor allem Heimerzheim.

Wochenlang hatte es bereits geregnet, so dass der Boden kein Wasser mehr zu halten vermochte. Allein vom 2. auf den 3. Juni prasselten 120 Liter Regen je Quadratmeter auf Heimerzheim und die Region nieder. Und weil das bereits die dritte und schwerste Überflutung in jenem Jahr war, füllte sich die Steinbachtalsperre in Windeseile und lief über. Eine Flutwelle erreichte über den Steinbach, den Orbach und schließlich den Jungbach den Swistbach, der prompt über die Ufer trat. „In der Heimerzheimer Bachstraße stand das Wasser etwa 1,10 Meter hoch, und selbst in der Kölner Straße, nahe der ehemaligen Gaststätte Frings, wurden noch 60 Zentimeter gemessen“, berichtet Hanna Albers aus den im Gemeindearchiv gehütetem Texten. In Bölkows Chronik heißt es dazu: „Die Bewohnerinnen und Bewohner der überschwemmten Straßenzüge wurden von der Feuerwehr und der Bereitschaftspolizei mit Schlauchbooten evakuiert.“ Auch Georg Schmidberger, der ehemalige Vorsitzende des Arbeitskreises Heimat Heimerzheim überlieferte die Zustände in Folge der Fluten von 1961.

Damals gehörten Swisttäler Orte zum Amt Ludendorf

Vom Hochwasser betroffen waren damals alle Gemeinden des Amtes Ludendorf, zu dem die heutigen Swisttaler Orte damals gehörten – außer Essig. „Größtenteils handelte es sich jedoch um Flurschäden an Ackerland, Weideflächen, in Gärten und Kellern der betroffenen Straßenzüge“, fand Albers für die Rundschau heraus: „Die größten Schäden an Gebäuden und am Mobiliar waren in Heimerzheim und Miel zu verzeichnen.“ Der Gesamtschaden privat Betroffener belief sich, wie in der Archivakte AO Nr. 239 nachzulesen ist, auf zirka 546 000 Mark.

Im Herbst 1967 begann der damalige Landkreis Bonn mit dem Ausbau des Swistbachs in seinem Kreisgebiet. Das Bett der Swist wurde dabei tiefergelegt und der Bachlauf begradigt. Und damit sollten die sich häufig wiederholenden Überschwemmungen entlang des Swistbachs, die auch schon 1958 aus den Ortschaften Heimerzheim, Dünstekoven, Miel und Morenhoven beklagt worden waren, endlich ein Ende haben. Denn gerade weil immer wieder die Weiden und Äcker betroffen waren, hatten die Landwirte den größten Schaden der Hochwasser zu tragen, wie schon in den Akten zum Ausbau der Swist vermerkt ist.

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Selbst Bürgermeister Franz-Josef Hambach (rechts im Boot) kam 1961 nur mit Ruderhilfe ans Ziel.

1969 und 1970 wurde der Orbach in Odendorf ausgebaut. Der junge Rhein-Sieg-Kreis war Träger der Baumaßnahme und hielt damals fest: Der Bach steige oft sprunghaft an, obgleich er auch lange Zeiten durch extrem niedrige Wasserführung bekannt sei und sogar im Sommer zeitweise total versiege. Etwa acht Kilometer ist der Orbach lang, der im Unterlauf Jungbach genannt wird. Er transportiert zuerst das Wasser vom Nordabhang der Eifel über Miel in den Swistbach, und das sind häufig Starkregen. Doch ist der Untergrund oberhalb der Ortslage Odendorf so durchlässig, dass vieles davon im Grund etwa 14 Meter tief verschwindet. Im Ort unterspülte der Orbach vor seinem Umbau Erdböschungen, leckte an losem Trockenmauerwerk, lockerte Bruchsteinmauern und fraß gar Stützmauern aus Beton an. Ein Zustand, der bei der Planung eines Mischwassersammlers für die Ortsentwässerung in den Straßen am Ufer arge Probleme bereitet hatte.

Und letztlich sollte der Umbau auch die Einleitung von Schmutzwasser unmöglich machen. Zwei Hochwasser gefährdeten die Bauarbeiten im Jahr 1969, doch dann galt der Bach als sicher. Der 31. Mai 1984 – „Christi Himmelfahrt“ – ist vielen noch gut im Gedächtnis. Anlieger der Bach-, der Quellenstraße und der Kölner Straße in Heimerzheim waren stark betroffen, ebenso Haushalte in Morenhoven. Die Wasser rissen in Odendorf eine Brücke über den Orbach weg. Innerhalb einer Stunde war der Pegel in Heimerzheim um 85 Zentimeter gestiegen. Bürger formierten sich unter Vorsitz von Lutz Freiherr von Wangenheim zur Interessengemeinschaft der Hochwassergeschädigten Swisttals. 117 Haushalte beklagten einen Gesamtschaden von 900 000 Mark, Landwirte nochmals von einer Viertelmillion Mark.