Der Swisttaler Gemeinderat verabschiedet den Doppelhaushalt ohne Gegenstimme, auf die Erhöhung der Gewerbesteuer wird in diesem und nächsten Jahr verzichtet.
Gemeinderat SwisttalDoppelhaushalt verabschiedet – Gewerbesteuer nicht erhöht
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen und großer Herausforderungen bei der Bewältigung der Flutfolgen und notwendiger Investitionen in die Schullandschaft hat der Swisttaler Gemeinderat auf die Erhöhung der Gewerbesteuer in diesem und im nächsten Jahr verzichtet. Nach dieser „Verschnaufpause“ für die Unternehmen sind erst ab 2025 jeweils zehnprozentige Steigerungen bei den Hebesätzen vorgesehen.
Der Gemeinde-Etat wurde einstimmig verabschiedet, nur Stefan Lütke (CDU) enthielt sich. Er ist Mitglied des Gewerbevereins Swisttal, der vor kurzem noch einen „Brandbrief“ gegen die ursprünglich geplanten Steuererhöhungen veröffentlicht hatte – zu einem Zeitpunkt, als die Unternehmervereinigung bereits gewusst haben müsste, dass darauf verzichtet wird. Der Rat war verärgert. Ebenso darüber, dass der Gewerbeverein die Schulneubauten in Heimerzheim und Odendorf infrage stellte, wo doch der Ruf nach besserer Bildung immer wieder aus der Wirtschaft erschalle.
„Viel Geld ‚von oben‘“
Hanns Christian Wagner (CDU) verwies darauf, dass die Gemeinde nach Jahren in der Haushaltssicherung inzwischen so viel Handlungsfreiheit wiedergewonnen habe, dass wichtige Zukunftsaufgaben wie das Baulandmanagement und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Angriff genommen werden könnten und auch wieder kleinere freiwillige Leistungen zur Unterstützung der Vereine und Organisationen möglich seien.
Wagner betonte, dass Swisttal beim Wiederaufbau im Vergleich zu anderen von der Flut betroffenen Gemeinden gut da stehe: „Im Rathaus gab es früher als anderswo einen priorisierten Wiederaufbauplan und darauf basierend einen Finanzierungsbescheid, und es sind auch schon viele Millionen Euro in die Planungen und Maßnahmen gelaufen. Wir werden mit viel Geld „von oben“, derzeit geschätzt circa 80 Millionen Euro, viel Zerstörtes in der Gemeinde aufbauen und gleichzeitig modernisieren, auch energetisch, weitgehend ohne Belastungen für den Finanzplan.“
Eine große offene Baustelle bleibe die Finanzierung der Gemeinden durch den Staat. Wagner: „Es werden immer größere Belastungen an die Kommunen durchgereicht, ohne für eine angemessene Gegenfinanzierung zu sorgen.“ Die Kosten für Unterbringung und Versorgung von Migranten und für die Jahre dauernde Integration seien im Haushalt ablesbar. Für die SPD lobte Joachim Euler, dass wesentliche Wünsche der Fraktion bei den Schulen und Kindergärten, zur Fortsetzung der Schulsozialarbeit, die Erarbeitung des Schulwegsicherungsplanes, für die Unterstützung der vereinsgebundenen Jugendarbeit, für mehr Umwelt- und Klimaschutz, für die Umsetzung des Radwegekonzepts und für mehr bezahlbaren Wohnraum realisiert werden sollen. „Besonders freuen wir uns auch über die klare Aussage, dass für die Anlieger der Breiten Straße in Ollheim keine Anliegerbeiträge für die geplante Sanierung erhoben werden“, so Euler.
„Zu wenig Mittel für den Klimaschutz“
Er fand aber auch kritische Worte: Viel zu oft realisiere die Verwaltung geplante Projekte nicht rechtzeitig. Dass sie nun zusätzliches Personal erhält – wenn die Stellen überhaupt besetzt werden – muss der Umsetzung zu Gute kommen. Stephan Faber (Grüne) nannte die Projekte im Schulbereich „alternativlos“, denn durch den rechtlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz im offenen Ganztag müsse die Gemeinde in allen Schulformen in den kommenden Jahren genügend Platz schaffen: „Dabei ist die von allen Beteiligten gemeinsam getroffene Entscheidung für ein ,Swisttaler Lernhauskonzept’ ein Grundstein für die zukünftige Attraktivität Swisttals als Heimat für junge Familien.“
Faber erklärte aber auch, ohne die zusätzlichen lokalen und weltweiten Krisen und Herausforderungen für die Gemeinde hätten Bündnis 90/Die Grünen dem Haushaltsentwurf nicht uneingeschränkt zugestimmt: „Unterm Strich beinhaltet er zu wenig Mittel für den Klimaschutz.“ Das müsse sich mit den geschaffenen Stellen rund um das eigene Fachgebiet Klimaschutz in der Verwaltung ändern. Uschi Muckenheim (BfS) forderte, bei der Akquise von Fördermitteln, welche auf Landes- oder Bundesebene bereitgestellt werden, aktiver zu werden. Für diese zeit- und personalintensive Aufgabe hatte die Fraktion eine zusätzliche Stelle in der Verwaltung beantragt, fand aber keine Mehrheit. Dass die Gemeinde viele zukunftsweisende große Projekte teilweise parallel umsetzen wolle, sehe sie kritisch.
„Die Kosten für Bauen und Energiepreise explodieren, gleichzeitig haben die Bürger einen Anspruch auf eine moderne und zukunftsorientierte Infrastruktur, welche Wohnen und Arbeiten in Swisttal lebenswert macht“, sagte sie, „und dies unter der Vorgabe, in Swisttal bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden“. Michael Heider, Vorsitzender der FDP-Fraktion, lobte die „vernünftige Kooperation der Parteien“ bei den Haushaltsberatungen und stellte die nur moderate Erhöhung der Grundsteuern und den Verzicht auf die Erhöhung der Gewerbesteuer in den Mittelpunkt: „Wir schaffen Anreize zur Ansiedlung und zum Ausbau des Gewerbes. Die daraus zu erwartenden Einnahmen sind allemal besser, als die Bürger immer stärker zu belasten.“ Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) genoss am Ende die Einstimmigkeit als „einmaliges Erlebnis“ und lobte die Kultur im Rat, der zusammengerückt sei.