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Forstamt wehrt sichGPS-Tracker sollen Holzdiebe in Swisttal auffliegen lassen

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Revierförster Daniel Braun platziert den Tracker in das Versteck, das Julia Kreuz in den Stamm geschnitten hat.

Swisttal – „Gestern lag da noch ein Eichenstamm, heute Morgen war er weg“, berichtet Revierförster Daniel Braun aus Buschhoven. Die typische Holzmenge, die sich vermutlich jemand für seinen Kaminofen auf seinen Anhänger gepackt hat – ein kleiner Fisch im Vergleich zu den gewerblichen Dieben, mit denen sich die Forstämter Land auf Landab derzeit herumzuschlagen haben: „Sie kommen nachts mit einem großen Lastwagen und Ladekran, hieven einen gesamten Holzpolter auf die Ladefläche und verkaufen das Holz anschließend in einem Hinterhof“, sagt Stephan Schütte, der Leiter des Forstamtes Rhein-Sieg-Erft. Und gegen die setzt er nun „Tracker“ ein. Dies seien im Prinzip Peilsender, wie sie auch von Seniorenheimen genutzt würden, denen schon Mal die Bewohner wegliefen.

200 Euro pro Gerät, jedes so groß wie ein Handy, lässt sich der Landesbetrieb „Wald und Holz“ die Sicherung der großen Holzpolter nun kosten. In einem Waldstück bei Buschhoven führten Schütte und Braun gestern vor, wie die Geräte – Forst-GPS-Tracker – genau eingesetzt werden.

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Forstamtsleiter Stephan Schütte erklärt den Schaden, den Holzdiebe im Wald anrichten

Die Forstarbeiterin Julia Kreuz präparierte an einem Stapel bereits verkaufter Baumstämme einen Stamm mit der Motorsäge. Mit ein paar geübten Schnitten trennte die 24-Jährige aus dem dritten Lehrjahr des Ausbildungsforstamtes bei Villiprott eine Scheibe am Kopf des Holzes ab und hob dahinter eine Nische für den Sender aus. Daniel Braun nagelt die Baumscheibe später wieder so vor das Loch, dass der Stamm intakt aussieht. Die Sägespäne hatte er mit einer Plane aufgefangen, damit Diebe nicht gleich Verdacht schöpfen.

„Der Sender geht jetzt schlafen“, erklärte Braun, als er ihn ins Holz schieb: „Bei einer Erschütterung wird er wach und gibt Alarm.“ Braun hat einen „Geo fence“ um den Holzpoltergezogen, also einen virtuellen Zaun aus Geo-Positionsdaten. Verlässt der Sensor das mit den Daten abgesteckte Gebiet, meldet sich die Technik auf seinem Handy. Dann wird er sofort in den Wald fahren und schauen, ob das Holz rechtmäßig bewegt wird. „Es könnte ja sein, dass der neue Besitzer einen Spediteur beauftragt hat, und wann ein Spediteur kommt, lässt sich nie richtig vorausplanen.“

In Kerpen Diebe per GPS-Tracker ertappt

Die Förster von Rhein, Sieg und Erft sind zuversichtlich, dass die neue Technik Diebstahl vereiteln kann. „In Kerpen gab es einen gewerblichen Diebstahl, bei dem ein Tracker eingesetzt war. Dort kam dann nach dem Alarm auch erst der Förster und dann die Polizei hinzu“, berichtete Schütte.

Tatsächlich sind es aber nicht nur die großen Holzfrachten die skrupellos aus dem Wald geräumt werden (Schütte: „Eine Schranke hilft gar nicht. Die knacken die einfach mit dem Ladekran.“), sondern auch die kleinen. „In meinem Revier sind in den vergangenen drei Monaten 40 Kubikmeter Holz gestohlen worden“, sagt Braun, und Schütte bekräftigt: „Das braucht man ja nur Mal auf die 27 Reviere in der Region hochzurechnen.“

Ein Anlass für den vermehrten Diebstahl sind die gestiegenen Energie- und Holzpreise. „Früher hat ein Festmeter Holz am Wegesrand 50 Euro gekostet, eine Lastwagenladung 1500 Euro. Aber der Preis hat sich vervierfacht, und darum verschwinden da heute auch ganz andere Werte.“ Er muss schon weit in die Geschichte zurückgreifen, um zu erklären, in welchen Notzeiten Menschen im Wald Holz holen durften oder ihn plünderten. Abgesehen von den Mangeljahren nach dem Zweiten Weltkrieg sei das aber seit der Einführung der Steinkohle Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr üblich. „Lesescheine“, also die Erlaubnis zum Holzsammeln, gebe es nicht mehr. „Das Holz in Deutschland gehört zu 65 Prozent Privatleuten, der Rest Kommunen oder dem Staat. Es hat zwar jeder ein Betretungsrecht für den Wald, aber eben kein Recht, dort Holz zu holen.“ Dies gelte auch ausdrücklich für das Holz, das die Förster im Wald liegen ließen, da es dort verrotten solle.

Riesige Nachfrage, aber es wird nicht mehr gefällt

„Da viele Leute zu Hause noch einen Ofen haben, hat die jetzige Energiekrise zu einer riesigen Nachfrage an Brennholz geführt, die wir bei weitem nicht bedienen können“, sagt Schütte. Als Forstamtsleiter pocht er auf die Nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes, und der brauche Zeit zum Wachsen und habe genau abgewogene Einschlagquoten.Erst die Krise habe den oberen Teil der Baumstämme so interessant und wertvoll gemacht, den Teil also, wo die Bäume nicht so schnurgerade gewachsen sind, dass sich Möbel- und Bauindustrie dafür interessieren. „Früher war Brennholz ein Nebenprodukt, aus dem ansonsten eher nur Spanplatten gemacht wurden.“

Grundsätzlich hält Schütte Holz für einen guten, klimaneutralen Rohstoff zum Heizen. Seine CO2-Bilanzrechnung, in der das Wachstum des Baumes mitgerechnet wird, teilen aber viele Klimaschützer nicht. „Die sehen bloß den Prozess der Verbrennung. Aber ein Raummeter Holz erzeugt eine Energie wie 250 Liter Öl“, sagt Schütte. Seiner Auffassung nach, werden Holzvergaser, wie sie nach dem Krieg für Kraftfahrzeuge verwendet wurden, eine Renaissance erleben. „Dabei wird bloß das Holzgas zum Verbrennen genutzt, das verkohlte Holz bleibt zurück und das CO2 gebunden“, sagt Schütte.