„Musik jäjen räächs“ setzte bei der Demonstration am Wochenende in Swisttal-Heimerzheim ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz.
Demo in Swisttal„Musik jäjen räächs“ als Zeichen für Vielfalt und Toleranz
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„Arsch huh, Zäng ussenander“ - Urgestein Bernd Schumacher singt den Klassiker in Heimerzheim
Copyright: Gabriele von Törne
Für den Erhalt von Demokratie und ihrer Werte, Solidarität und die bunte Vielfalt der Gesellschaft gingen am Samstag wie in vielen Teilen Deutschlands auch in Heimerzheim Menschen auf die Straße. Unter dem Motto „Musik jäjen räächs“ hatten Tobias Leuning (SPD), Klaus Jansen (parteilos) und Udo Ellmer eine musikalische Kundgebung organisiert. Etwa 250 in Teilen kostümierte Bürger trafen sich auf dem Gottfried-Velten-Platz, lauschten den außergewöhnlichen Texten von Künstlern aus der Region und diskutierten.
Einige Demonstranten hielten selbstgefertigte Schilder in die Höhe, auf denen etwa geschrieben stand: „Gegen Rassismus, für Demokratie“, „Kein Herz für Merz“ und „Keine Zusammenarbeit mit der AfD“. Auch Vertreter vieler Swisttaler Ortschaften waren bei der Veranstaltung in Heimerzheim und engagierten sich. So auch der Mieler Ortsvorsteher Hans-Arthur Müller, der selbstgefertigte Anstecker in Form von Holzgitarren verschenkte.
Der Heimerzheimer Ortsvorsteher Hermann Menth war als „Opa gegen rechts“ unterwegs. Die Heimerzheimer Birgit und Georg Reidt fanden es wichtig, „rauszugehen und Aufmerksamkeit zu erzeugen“, wie sie sagten. Das Paar drückte seine Sorge über die momentane politische Situation aus: „Wir haben das Gefühl, für unsere Demokratie wieder kämpfen zu müssen.“
Innerer Kompass treibt Gefühle an
Das gleiche Gefühl treibt Klaus Jansen an, der beim musikalischen Teil der Veranstaltung federführend war. Der dreifache Vater aus Odendorf sagte: „Mein Gefühl: Einige scheinen den inneren Kompass verloren zu haben; meiner Meinung nach geht es um unser demokratisches Deutschland, jetzt.“
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"Die Würde eines Menschen ist unantastbar": Die Heimerzheimerin Christine Luppus vom Netzwerk für Menschenwürde und Demokratie hatte Holztäfelchen im Gepäck und war Gastrednerin auf der Demo.
Copyright: Gabriele von Törne
Die viel beklatschte Gastrednerin Christine Luppus aus Heimerzheim trug stellvertretend für das Netzwerk für Menschenwürde und Demokratie „die Botschaft der Würde und gegenseitigen Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit in die Welt“, wie sie der Rundschau sagte: „Ich habe mich der Demo angeschlossen, weil es mir wichtig ist, auch in unserem Ort darauf aufmerksam zu machen.“ Und so lautete ihr Appell: „Wähle am 23. Februar die Demokratie; deine Stimme zählt!“
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Ein Demonstrant mit selber gefertigtem Cape: 'Engagement für Demokratie ist Bürgerpflicht.'
Copyright: Gabriele von Törne
Das Rheinbacher Urgestein Bernd Schumacher spielte Songs seines alten Kumpels Wolfgang Niedecken – dieses Mal auf Kölsch. Der Musiker bekräftigte: „Geht wählen, und wählt demokratisch, nicht zu weit links oder rechts außen.“ Beim Klassiker „Arsch huh, Zäng ussenander“ forderte Schumacher die Besucher zum Mitsingen auf: „Wie wöhr et, wemmer selver jet däät, Wemmer die Zäng ens ussenander kräät? Wenn mir dä Arsch nit huhkrieje, ess et eines Daachs zo spät“ – Wie wäre es, wenn man selbst etwas macht, wenn man die Zähne auseinanderkriegt? Mit dem Schluss: Wenn wir den Hintern nicht hochbekommen, ist es eines Tages zu spät!
Und als beim Refrain die Silben nahtlos und ganz ohne Kanten zusammenflossen verstanden die Zuhörer, wieso der Autor und Musiker dieses Mal die Niedecken-Songs nicht auf Hochdeutsch sang. Wegen der Übersetzung ins Hochdeutsche habe es nach seinem letzten Auftritt Beschwerden gegeben, erläuterte Schumacher. Der Titel des Songs ist das Motto einer 1992 entstandenen Kölner Kampagne gegen rechte Gewalt. Und so verstand der überwiegende Teil der Kundgebungsteilnehmer inklusive der auftretenden Musiker die Intention der Demo.
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Birgit und Georg Reidt aus Heimerzheim haben ihr selber gefertigtes Schild dabei: 'Gegen Rassismus, für Demokratie.'
Copyright: Gabriele von Törne
Besucher Niklas Heidemann war mit Familie und Freunden aus dem Nachbarort Metternich (Weilerswist) gekommen, um für die Demokratie Flagge zu zeigen: „Wir finden es wichtig, nicht nur in die großen Städte zu gehen, sondern auch in die Region.“ Auch und gerade in den kleinen Ortschaften sei politisches Engagement bedeutsam.
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Das Duo Vassil Svechtarov, genannt Vasko, und Inga Beitz-Svechtarov
Copyright: Gabriele von Törne
Vassil Svechtarov, genannt Vasko, und Inga Beitz-Svechtarov sangen Lieder für Vielfalt und Demokratie. In dem sprachlich wunderschön ausgearbeiteten Song „Bluttransfusion“ ging es unter anderem darum, wie unwichtig letztendlich die Farbe der Haut ist. Ziel des Heimerzheimer Sängers Ralf Nonn war es, mit seinen selbstgeschriebenen Liedern Optimismus zu verbreiten, wie er der Rundschau sagte: „Ich tanze durch das Leben und küsse den Tag, greife nach den Sternen, geh’ auf Regenbogenjagd ...“
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Familie Heidemann und Freunde aus Metternich (Weilerswist) demonstrieren für Demokratie
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So bunt wie der Karneval und die Menschen
Die Organisatoren Tobias Leuning und Klaus Jansen hatten im vergangenen Jahr schon einmal zu einer Demo gegen rechts in Heimerzheim aufgerufen, in diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf den musikalischen Darbietungen als verbindendes Element und weniger auf den Reden von Politikern, denn Musik sei eingängig und universal verständlich. „So bunt wie der Karneval, so bunt ist auch unsere Gesellschaft und so soll es auch bleiben“, betonte Leuning, Vorsitzender der SPD Swisttal und Bürgermeisterkandidat der Sozialdemokraten für die anstehende Kommunalwahl im Herbst.
Beobachter der Kundgebung wurden von der Ansammlung der roten SPD-Fahnen und grünen Plaketten an die bundesweiten „Brandmauer“-Demos erinnert. Bei den Protestaktionen im Nachgang zur Abstimmung im Bundestag mit Stimmen der AfD gingen am Wochenende wieder Tausende auf die Straße. Die Kritik an der Union, so schien es, spiegelte offensichtlich nicht die Mehrheitsmeinung in Heimerzheim wider, sonst wäre es auf dem Platz wohl voller gewesen.