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Wegen CoronaMehr Sperrmüll in Bonn – Zusatzwagen unterwegs

Lesezeit 4 Minuten

Sammeln derzeit wegen Corona jede Menge mehr Sperrmüll in der Bundesstadt ein als üblich: Die Bonnorange-Mitarbeiter Andreas Harin, Daniel Zopp und Danny Mier (von links).

Bonn – Bonn. Die Jungs sind noch keine Stunde mit ihrem Truck unterwegs, da fährt der „Sheriff“ vor. Die Tür des weißen Vans geht auf. Andreas Jambor steigt aus. Der Mann ist bei Bonnorange für Recht und Ordnung zuständig. Er kontrolliert, ob Müll rumliegt, wo er nicht hingehört.

Daniel Zopp, Danny Mier und Andreas Harin sind an diesem Morgen mit ihrem orangenen Truck in Medinghoven unterwegs, um Sperrmüll einzusammeln. Gerade haben sie zwei Sofas, einen Schrank und ein paar alte Fußleisten in den Schlund der Presse geworfen. Knirschend und krachend verschlingt sie den ganzen Krempel. Auf dem Gehweg in der Wohnsiedlung bleibt aber noch einiges liegen, womit sie nicht gefüttert werden darf: Pappe, Klamotten und sogar ein Stück Pizza.

Dieser Haufen ist ein Fall für Jambor. Er verteilt rote Zettel an seine Mitarbeiter, darauf ein Hinweis an die Anwohner, was nicht in den Sperrmüll gehört. Die Männer kleben sie auf die Überreste. Jambor hat die Telefonnummern der Hausmeister in der Siedlung. Die verständigt er. „Ein paar Tage dauert das, dann ist das picobello“, sagt er.

Deutlich mehr Müll seit Beginn der Krise

Seit Beginn der Corona-Krise fällt in der Stadt deutlich mehr Sperrmüll an. Normalerweise sind dafür vier Wagen im Einsatz, derzeit sind es fünf. Statt zwei Touren zum Wertstoffhof fahren Zopp und seine Kollegen momentan oft drei. „Wo holen die Leute das ganze Zeug her?“, fragt Zopp. „Irgendwann muss der Keller doch mal leer sein.“

Ein paar Meter die Straße runter wartet schon der nächste Müllberg. Darunter finden sich auch ein Backofen und zwei Kühlschränke. Nichts davon gehört in den Sperrmüll. „Gestern hatten wir eine Badewanne“, sagt Zopp. „War eher ein Whirlpool – für zwei“, fügt Mier hinzu. Auch drei Toiletten waren dabei. Alles Bauschutt, kein Sperrmüll. Mier holt normalerweise den Hausmüll ab. Wegen der momentanen Situation hilft er bei der Sperrmüll-Tour aus.

Ordentliche Strecken zurückgelegt

Die Arbeit unterscheide sich nicht großartig. „Beim Restmüll laufe ich ein bisschen mehr, am Tag schon mal 20 Kilometer“, sagt Mier. Für diesen Tag zeigt seine Uhr bereits 3000 Schritte an. „Gestern beim Sperrmüll waren es abends 17.000, das sind ungefähr 15 Kilometer“, sagt er. Nur ein paar Schritte weiter auf der anderen Straßenseite türmt sich noch mehr Sperrmüll. Obwohl es noch recht kühl ist, haben die Männer Schweißperlen auf der Stirn. Um 8.36 Uhr ist der Wagen schon zu drei Vierteln gefüllt. Wenn nichts mehr reingeht, fahren sie den Sperrmüll nach Troisdorf. Hin- und Rückfahrt dauern etwa 40 Minuten.

Pilotprojekt

Den Sperrmüll mit einem Anruf bestellen: Wie das funktioniert, testet Bonnorange seit Januar 2018. Das Pilotprojekt läuft noch bis Ende des Jahres. Aus den 50 Bezirken, in die das Unternehmen Bonn einteilt, hat es zehn für den Test ausgewählt. In Planung ist zudem eine Umfrage, an der alle der rund 30 000 Haushalte teilnehmen sollen, die im Pilotgebiet liegen.

„Mit dem bisherigen Verlauf des Projektes sind wir sehr zufrieden“, sagt Bonnorgange- Pressesprecher Jérôme Lefèvre. So habe sich die Menge des Sperrmülls im Testgebiet reduziert. Das könne damit zusammenhängen, dass Mitarbeiter die Anrufer beraten. Sie würden aufgeklärt, was nicht in den Sperrmüll gehört und was wiederverwertbar ist. (sdn)

Normalerweise machen sie die Fahrt zu dritt, derzeit warten zwei, bis einer den Müll weggebracht hat. Bonnorange versuche, sein Personal so gut es geht vor dem Coronavirus zu schützen, sagt Pressesprecher Jérôme Lefèvre: „Wir haben zum Beispiel das Personal in den Wagen der Stadtreinigung reduziert, dort wollen wir jetzt auch Trennwände aus Plastik einbauen.“

Kein Ansturm auf Wertstoffhöfe

Aufgestockt hatte das Unternehmen das Personal an den Wertstoffhöfen, die seit März geschlossen waren. „Wir waren auf einen Ansturm vorbeireitet, als wir wieder geöffnet haben“, sagt Lefèvre. Der blieb aber aus und die Höfe sind wieder zu den gewohnten Zeiten geöffnet. Seit Beginn der Corona-Krise beobachtet das Unternehmen auch, dass mehr Müll wild entsorgt wird. „Unsere These war: Es liegt daran, dass die Wertstoffhöfe zu sind“, sagt Lefèvre. Aber trotz der Öffnung habe sich nichts daran geändert.

Geändert hat sich auch für die Männer nicht viel. „Wir tragen jetzt halt Maske“, sagt Zopp. Und Mier sagt: „Wenn wir nicht wären, hätten die Leute andere Probleme als Corona.“ Die drei sortieren, schleppen und entsorgen weiter, was die Anwohner vor die Tür gestellt haben. In diesem Haufen finden sie: Videos, Farben, Motoröl, ein Radio, Verkleidungen von Autotüren. Was hinein darf, wandert in die Presse. Was übrig bleibt, bekommt einen  roten Zettel. Mier sagt: „Ich komme aus Lannesdorf. Da stellen wir das ordentlich hin, sonst gibt’s was drüber von den Nachbarn.“