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Versuchter TotschlagBonns polizeibekannter Schläger Walid S. muss vor Gericht

Lesezeit 4 Minuten
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Walid S. vor Gericht (Archivfoto)

  1. S. war Hauptangeklagter im Fall Niklas P. – der Schüler war im Mai 2016 am Bahnhof Bad Godesberg angegriffen und dabei so schwer verletzt worden, dass er an den Folgen starb.
  2. Vor Gericht muss sich Walid S. nun wegen mehrerer anderer Fälle verantworten.

Bonn – Wieder muss sich der polizeibekannte Walid S. wegen eines Kapitaldelikts vor einem Schwurgericht verantworten. Der 23-jährige Italiener, der in Bonn lebt, war 2017 im Zusammenhang mit dem Verbrechen an dem Schüler Niklas P. vom Bonner Jugendschwurgericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.

Der Vorwurf damals: Körperverletzung mit Todesfolge. Am 11. Juli beginnt vor der 4. großen Strafkammer, die als Schwurgericht zusammentritt, erneut ein Prozess gegen ihn. Wie Gerichtssprecher Tobias Gülich am Freitag mitteilte, wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten diesmal versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung sowie einen Angriff auf Polizeibeamte, Widerstand, Körperverletzung und Beleidigung vor.

Das sind die jetzt angeklagten Fälle

In der Nacht zum 10. Februar zogen vier junge Männer nach einem Clubbesuch durch die Bonner Innenstadt und stießen am Bischofsplatz auf zwei Unbekannte, mit denen es Streit gab. Ein Mitglied des Duos soll dabei einen 26-Jährigen aus der Vierergruppe geschlagen haben; als ihm seine Kumpels zu Hilfe eilten, wurde laut Anklage einer von ihnen niedergeschlagen. Nach wenigen Minuten soll sich ein Dritter, auch er unbekannt, zu den Angreifern gesellt und die beiden anderen aus dem Quartett verprügelt haben.

ie Schlägerei hatte sich mittlerweile in die Rathausgasse verlagert, wo schließlich Walid S. aufgetaucht sei und mehrfach dem wehrlos auf dem Boden liegenden 26-Jährigen gegen den Kopf getreten haben soll. Der Staatsanwalt: Das sei eine Handlung, die dazu geeignet gewesen sei, einen Menschen zu töten. S. habe „den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen“. Der 26-Jährige kam mit einem doppelten Bruch des Oberkiefers, einem Jochbeinbruch und Hämatomen ins Krankenhaus.

Walid S. wurde noch am 10. Februar festgenommen, am gleichen Tag mangels Haftgründen wieder freigelassen. Im Laufe der Ermittlungen gewann die Staatsanwaltschaft jedoch neue Kenntnisse über den Tatverlauf, auch wurden die schweren Verletzungen des 26-Jährigen berücksichtigt, so dass die Anklagebehörde am 15. Februar beim Amtsgericht Bonn einen Haftbefehl erwirkte; seitdem sitzt S. in Untersuchungshaft.

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Randale bei McDonalds

Bereits am 12. Januar hatte der Angeklagte mit der Polizei zu tun. Er soll gegen 6 Uhr morgens mit zwei Begleitern in einem Schnellrestaurant in der Poststraße randaliert und dabei – weil es ihnen möglicherweise nicht schmeckte - mit Essen geworfen haben. Als alarmierte Polizisten seinen Ausweis verlangten und er keine Papiere vorweisen konnte, wollten sie ihn zur Feststellung der Personalien mit auf die Wache nehmen. S. aber soll sich losgerissen haben und abgehauen sein, vier Beamte ihm hinterher.

An einer Tiefgaragenzufahrt im Cassiusgraben hatten sie ihn eingeholt, der Flüchtende soll dort eine Polizistin zur Seite gestoßen und einen Kollegen im vollen Lauf gerammt haben. Als sie ihn zu Boden gebracht hatten, habe er sich gegen seine Fixierung gewehrt und mehrfach nach einer Polizeiwaffe gegriffen. Die Randale war laut Anklage auch im Streifenwagen nicht zu Ende, S. soll einem Beamten einen Kopfstoß gegen die Schulter versetzt sowie die Polizisten übel beleidigt haben.

Der Prozess vor dem Bonner Schwurgericht beginnt am 11. Juli, insgesamt sind vier Verhandlungstage angesetzt. Es ist das letzte Verfahren des scheidenden Schwurgerichtsvorsitzenden Josef Janßen. Hält die Kammer die Vorwürfe für begründet, drohen dem Angeklagten wegen versuchten Totschlags bis zu zehn Jahre Haft.

Verteidiger Martin Kretschmer wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgegeben.

Der Fall Niklas P.

Der 17-jährige Schüler Niklas P. war am 7. Mai 2016 am Bahnhof Bad Godesberg von mehreren jungen Männern angegriffen worden; er starb eine Woche später an einer Kopfverletzung. Ein paar Tage nach dem Überfall wurde der damals 20-jährige Walid S., der schon in mehrere Schlägereien verwickelt war, festgenommen. Im Oktober wurde er angeklagt; im Prozess konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass S. am Tatort war, er wurde ein Jahr später, im Mai 2017, mangels Beweisen freigesprochen. In diesem Frühjahr teilte die Staatsanwaltschaft Bonn mit, dass sie die Ermittlungen im Fall Niklas P. eingestellt habe. (dbr)