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SiebengebirgsmuseumElmar Scheuren geht nach 32 Jahren als Museumsleiter in Ruhestand

Lesezeit 5 Minuten

Lauter spannende Geschichten – in diesem Fall über die in der Nachkriegszeit entstandene Puppe – kann Elmar Scheuren erzählen.

Königswinter – Als vor knapp sieben Jahren die Wiedereröffnung des gerade erweiterten Siebengebirgsmuseums kurz bevorstand, da sagte Elmar Scheuren: „Es sind oft die kleinen Sachen, die spannende Geschichten erzählen.“ Jetzt, im Frühjahr des Jahres 2018, steht er vor einer Vitrine, zeigt auf eine kleine Puppe und liefert den Beweis für seine Aussage.

Die rote Schürze – aus einer Hakenkreuzfahne geschneidert; die Haare – aus Hanf, wie ihn Klempner benutzen; die Puppenschuhe – aus Handschuhen hergestellt. Gebastelt wurde das Spielzeug 1946, in den Jahren der Not nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute ist es museumsreif und ein Stück Heimatgeschichte.

Drei Erweiterungen mitgestaltet

Scheuren kann vermutlich zu jedem der in die Tausende gehenden Ausstellungsstücke im Siebengebirgsmuseum solch spannende Geschichten erzählen. Denn es ist sozusagen sein Haus. Seit dem 1. Januar 1986 ist er Leiter der Einrichtung und hat drei Erweiterungen des Museums mitgestaltet, zuletzt 2010, als es im Zuge der Regionale für gut 3,4 Millionen Euro modernisiert und konzeptionell neu aufgestellt wurde.

„Der rote Faden heute ist die Veränderung der Landschaft“, sagt Elmar Scheuren, der nun Ende April nach 32 Jahren als Museumsleiter in den Ruhestand geht. Anlass für einen Rückblick.

In Heidelberg studiert

In Mayen in der Eifel groß geworden kam Scheuren als Kind häufiger nach Königswinter, weil ein Onkel Koch auf dem Petersberg war. „Der Rhein, die Schiffe, die Eisenbahn – das war für mich die weite Welt“, erinnert er sich. Scheuren studierte in Heidelberg und Lyon Geschichte und Romanistik und begann 1985 ein Volontariat beim damaligen Rheinischen Museumsamt des Landschaftsverbandes Rheinland.

Am 1. Januar 1986 wurde er Leiter des Siebengebirgsmuseums, das gerade zum ersten Mal erweitert worden war. Seine Hauptaufgabe? „Das Museum mit Leben füllen.“ Dazu gehörte es, die Sonderausstellungen, die bis heute „ein wichtiges Standbein“ des Hauses seien, auszubauen und zu intensivieren.

Das Barockgebäude von 1732 (M.) ist Kernbau des Museums, das schon dreimal erweitert worden ist.

Und Schulklassen wurden verstärkt angelockt. Das habe anfangs gut geklappt, bis zu 150 Klassen kamen in den ersten Jahren. Heute sind es weniger als 30 im Jahr, weil die Schulen in ihrem engen zeitlichen Korsett kaum noch Raum für Besuche in Museen finden. „Ich bedauere das“, sagt Elmar Scheuren. „Wir haben hier ein sehr gutes Angebot, um regionale Geschichte zu vermitteln und Bewusstsein zu schaffen für die eigene Heimat. Das ist gerade wichtig, wo der Begriff heute oft missbraucht wird.“

Sonderausstellungen am wichtigsten

Was verbindet der Leiter eines Regionalmuseums mit dem Begriff Heimat? „Er ist übel malträtiert worden“, sagt Scheuren. Deshalb sei eine gesunde Distanz wichtig. Aber: „Er drückt eine Art von Bindung zu seiner eigenen Umgebung aus. Dafür gibt es kein besseres Wort.“

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Unter den Sonderausstellungen, die Elmar Scheuren stark ausbaute, seien die selbst produzierten die wichtigsten. „Weil sie uns auch inhaltlich voranbringen.“ Das Kriegsende, der Petersberg , die Separatisten oder in jüngerer Zeit Preußen – „das sind Themen, an denen man intensiver arbeiten kann und auch öffentliche Unterstützung erfährt. Das hat sich sehr gut bewährt.“ Ein wesentlicher Teil der heutigen Dauerstellung bestehe aus neu erschlossenen Themen, die erst durch Sonderausstellungen in den Blickpunkt geraten seien.

Neuer Internetauftritt in Arbeit

Nicht erfüllt, das räumt Elmar Scheuren ein, haben sich die Hoffnungen, bei den Besucherzahlen mit der Erweiterung des Museums 2010 ordentlich zuzulegen. Seither präsentiert es regelmäßig wechselnde Werke der privaten Sammlung Rheinromantik – ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Aber offenbar nicht so ein starkes Zugpferd wie ursprünglich erwartet.

Die Sammlung Rheinromantik ist – mit wechselnden Werken – seit 2011 Bestandteil des Regionalmuseums.

Die Zahl der Besucher hat sich bei rund 10.000 eingependelt, nachdem es zuvor 7000 bis 8000 waren. Die Erwartungen war indes deutlich höher. Vielleicht, sagt Scheuren, könne das Haus im Bereich der neuen Medien noch mehr machen. Ein neuer Internetauftritt ist immerhin schon in Arbeit.

Elmar Scheuren wird dem Haus Ende April nicht schlagartig den Rücken kehren. „Ich habe hier sehr gerne gearbeitet und auch viel Spaß gehabt.“ Den Mai über arbeitet er erstmal seine Nachfolgerin ein. Und dann? Zum Beispiel Heisterbach. Das Kloster und dessen Geschichte war gerade Thema einer aufwendigen Zisterzienser-Sonderausstellung. Nur: „Bei dieser tollen Ausstellung fehlte der Katalog.“ Den will Scheuren jetzt zusammen mit Partnern in Form eines Buches nachliefern. „Es wäre jetzt der absolut richtige Moment, den Katalog zu produzieren, wo die Informationen noch da sind und viele Beteiligte bereit sind mitzuwirken. Das wäre ein Zukunftsprojekt, an dem ich gerne mitwirken würde.“

Die Nachfolgerin

Die Bonner Kunsthistorikerin Dr. Sigrid Lange übernimmt zum 1. Mai den Posten der Museumsdirektorin. Sie setzte sich unter 120 Bewerbern um die Stelle durch, wie jüngst im Ausschuss für Schule, Kultur und Städtepartnerschaft berichtet wurde. Zuletzt arbeitete Lange für das Bonner Stadtmuseum und die Volkshochschule.

Weitere Informationen finden Sie unter www.siebengebirgsmuseum.de.

Das Museum

Als im Sommer 1925 viele rheinische Städte die „1000-jährige Zugehörigkeit der Rheinlande zum Deutschen Reiche“ feierten, übernahm in Königswinter ein Festausschuss die Organisation, aus dem später der Heimatverein hervorging. Dessen wichtigstes Ziel war die Gründung eines Heimatmuseums.

1927 wurde eine heimatkundliche Sammlung einer „Arbeitsgemeinschaft“ in den Räumen des „Volkswohl-Gebäudes“ in der Winzerstraße begründet. 1934 zog das Museum in das Barockhaus zwischen Keller- und Klotzstraße (heute Kellerstraße 16), das 1732 errichtet wurde vom wohlhabenden und einflussreichen Steinmetzunternehmer Johann Peter Meurer.

Drei Schwerpunkte

Während des Zweiten Weltkriegs war die Einrichtung geschlossen, 1956 wurde sie teilweise neu eröffnet; die „Arbeitsgemeinschaft“ war inzwischen zum „Heimatverein Siebengebirge“ geworden. 1980 wurde ein erster Erweiterungsbau fertiggestellt, der heute vor allem Platz für die Wechselausstellungen bietet. 1984 übernahm die Stadt die Trägerschaft über das Museum, der Heimatverein blieb Eigentümer der Sammlung. Die Nachbarhäuser Kellerstraße 18 und 20 wurden 1993/94 ins Museum mit einbezogen.

Im September 2011 wurde die nächste Erweiterung abgeschlossen durch einen modernen Neubau. Das Projekt im Rahmen der Regionale 2010 kostete rund 3,4 Millionen Euro; die Ausstellungsfläche wurde um etwa 300 Quadratmeter vergrößert. Seither hat die Ausstellung die drei Schwerpunkte „Landschaft , Geschichte, Rheinromantik“. Vor allem die Kooperation mit der privaten, rund 500 Kunstwerke umfassenden Sammlung Rheinromantik ist ein Alleinstellungsmerkmal des Museums. Regelmäßig sind neue Werke der Sammlung zu verschiedenen Themen zu sehen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.siebengebirgsmuseum.de.