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Feuer in Bonner Flüchtlingsheim gelegt„Ich war wütend, trotzig und sehr dumm“

Lesezeit 3 Minuten

Erheblicher Sachschaden entstand im August 2019 in der Flüchtlingsunterkunft.

  1. Zwei Flüchtlinge stehen wegen schwerer Brandstiftung in Bonn vor Gericht.
  2. Zu Beginn wurden im Gericht erschreckende Bilder gezeigt und die ersten Geständnisse abgelegt.
  3. Einer der beiden erklärte, sich wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt gefühlt zu haben.

Bonn – Zunächst sieht es aus wie eine harmlose Entrümpelung. Der Film zeigt einen schmächtigen Mann, der mit viel Elan Matratzen, Koffer, Plumeaus und Klamotten in die Mitte des kargen, aber lichtdurchfluteten Zimmers trägt. Aber dann wird deutlich, dass hier jemand völlig unsystematisch eine Art Scheiterhaufen baut, den er schließlich mit Feuerzeug und einer Papiertüte in Flammen aufgehen lässt ...

Zum Prozessauftakt flimmerten am Dienstag die Bilder einer Brandstiftung auf großformatiger Leinwand im Bonner Gerichtssaal S 0.14 und zeigten erschreckend hautnah, wie das Mobiliar des Zimmers V 736 im Rauch verschwindet. Ein Zimmer mitten in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Flüchtlinge an der Deutschherrenstraße, die damals von 52 Familien mit Kindern bewohnt wurde.

Sichtbare Scham der Angeklagten

Die beiden Hauptakteure dieser Tat konnten sich die Videosequenzen, die sie am 5. August 2019 selbst hergestellt und über Facebook in die Welt gepostet hatten, am Dienstag kaum anschauen: Der Jüngere, 24 Jahre alt, der die Idee für die lebensgefährliche Tat hatte, hielt sich die Hand vor die Augen, der andere, 26 Jahre alt und fälschlicherweise als 19-Jähriger angeklagt, schaute schamvoll nach unten und fixierte den Teppich.

Seit Dienstag müssen sich die beiden jungen Flüchtlinge aus Albanien wegen gemeinschaftlicher schwerer Brandstiftung vor dem Bonner Landgericht verantworten. Beide haben sie Geständnisse abgelegt: „Eine verantwortungslose Tat, für die es keine Entschuldigung gibt.“ In der Erklärung, die sein Verteidiger vortrug, versuchte der Jüngere dennoch sein Handeln zu erklären: Hintergrund sei nicht nur der Frust über den abgelehnten Asylantrag gewesen sei, sondern vor allem, dass er kurz zuvor von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes „ungerecht behandelt und beleidigt“ worden sei, weil er vor der Einrichtung zu laut mit seinem Vater telefoniert habe; auch seien andere Bewohner, die ihn daraufhin verteidigt hätten, von der Security angegriffen worden.

Wie ein Mensch zweiter Klasse gefühlt

Seine spätere Beschwerde bei der Leitung, so der 24-Jährige weiter, sei auf „taube Ohren“ gestoßen. Er habe sich wie „ein Mensch zweiter, ja dritter Klasse“ gefühlt. In seiner „Ohnmacht und Hilflosigkeit“ sei er auf die furchtbare Idee gekommen und habe auch noch den Zimmerkumpel angestiftet, das alles zu filmen. „Ich war wütend, trotzig und sehr dumm.“

Auch der 26-Jährige bereute und schämte sich für die Tat: Sein Landsmann habe sich so aufgeregt, „dass seine Gefühle auf mich abfärbten. Wie die Dynamik entstanden ist, kann ich nicht erklären, es hat sich alles verselbstständigt. Ich wurde regelrecht mitgerissen.“

Gesamtschaden von 120.000 Euro

Das Feuer hatte sich im Zimmer schnell ausgebreitet und es restlos zerstört. Es war nicht mehr bewohnbar. Der Gesamtschaden beträgt laut Anklage 120.000 Euro. Zudem war die ganze Flüchtlingsunterkunft gefährdet worden. Alle Bewohner mussten evakuiert werden, verletzt wurde keiner. „Ich danke Gott, dass die Feuerwehr so einen guten Job gemacht hat“, so der 24-Jährige gestern.

Mit dem Video ihrer Straftat haben die Angeklagten ihren Fall selbst aufgeklärt: Es tauchte noch am Tattag auf einer albanischen Facebook-Seite auf. Bald auch landete das Video auf YouTube – und so in den Händen der Staatsanwaltschaft.