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„Kommunen nicht alleine lassen“Das sagt die Bonner Politik zur Bezahlkarte für Asylsuchende

Lesezeit 4 Minuten
Ein Asylbewerber zeigt im Ankerzentrum eine der ersten bayerischen Bezahlkarten die er zuvor erhalten hat.

Ein Asylbewerber zeigt eine Bezahlkarte

Ob sie in Bonn zum Einsatz kommen wird, ist noch unklar. Wie ist das Stimmungsbild in den Ratsfraktionen? Wir haben nachgehört.

Mit einer Bezahlkarte für Asylsuchende will die Bundesregierung erreichen, dass Sozialleistungen für den Lebensunterhalt in Deutschland ausgegeben werden, und den Verwaltungsaufwand reduzieren. Nach langen Diskussionen hat der, der Bundesrat stimmte am Freitag zu. Auch die Bonner Lokalpolitik beschäftigt das Thema: Der Bürger Bund Bonn (BBB) fordert mit einem Antrag im Stadtrat die Einführung der Bezahlkarte und die FDP appelliert an das Land, dass es die Kommunen damit nicht alleine lassen soll.

Nach dem Bundesratsbeschluss ist die Bezahlkarte bundesweit eine Option, um Sozialleistungen an Asylsuchende als Guthaben auszuzahlen. Damit können sie dann etwa Lebensmittel im Supermarkt kaufen, aber kein Geld ins Ausland überweisen. Auch Bargeldauszahlungen können die Leistungsbehörden vor Ort beschränken. Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, forderte Mitte April einheitliche Regeln für die Bundesländer, zum Beispiel zu einer Obergrenze für Bargeldabhebungen.

Verpflichtet zur Nutzung dieser neuen Möglichkeit sind die Länder und Kommunen nicht. Wie steht die Stadtverwaltung aktuell zur Bezahlkarte? Gibt es schon Planungen? Das Presseamt teilt dazu am Freitag nur mit, dass es einer ausstehenden Stellungnahme zum Antrag des BBB nicht vorweggreifen könne. Der BBB hatte seit März in mehreren Anträgen die Einführung der Bezahlkarte gefordert, deren Beratung bislang vertagt wurde.

CDU will keine übereiligen Beschlüsse

„Die Bundesstadt Bonn sollte die von den Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler beschlossenen migrationspolitischen Ziele unterstützen und die Bezahlkarte zum nächstmöglichen Zeitpunkt einführen“, fordert der BBB in dem Antrag. Bargeldauszahlungen sollten auf das gesetzlich mögliche Mindestmaß beschränkt werden.

Die CDU-Fraktion befürwortet die Bezahlkarte, sieht den BBB-Antrag, diese schnellstmöglich einzuführen, aber kritisch, wie ihr sozialpolitischer Sprecher Georg Goetz erklärt: „Wir sollten keine voreilige Bonner „Lösung„ vorantreiben beziehungsweise schaffen, bevor einheitliche Regelungen für NRW feststehen.“ Der kommunale Verwaltungs- und Finanzaufwand müsse noch geklärt werden.

Die FDP hat einen Antrag zur Bezahlkarte eingebracht, in dem sie Unterstützung durch das Land fordert. Das Land solle die neuen Strukturen zur Verfügung stellen, sagt Petra Nöhring, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende: „Immer wieder sollen wir in Bonn Entscheidungen aus Bund und Land voll aus dem Bonner Haushalt finanzieren.“ Grundsätzlich stehe die FDP der Bezahlkarte aber nach „ermutigenden“ Pilotprojekten – wie in Hannover – offen gegenüber. So könnten Anreize geschaffen werden, das Geld „vollumfänglich für den Lebensunterhalt zu verwenden.“

Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Max Biniek sieht das Land erstmal in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen zu schaffen. „Es gibt noch viele offene Fragen in Bezug auf die Bezahlkarte, zumal noch kein Dienstleister gefunden ist, der die Karte entwickelt“, sagt Biniek. Es sei wichtig, dass die Einführung zu einem Bürokratieabbau führe. Und: „Die Bezahlkarte darf nicht dazu führen, dass Schutzsuchenden ihre Rechte verwehrt werden.“

Die sozialpolitischen Sprecher der Grünen-Ratsfraktion, Eva Kuzu und Detmar Jobst, betonen, dass die Bezahlkarte die Integration nicht behindern dürfe. Die Karte solle „diskriminierungsfrei“ sein und die Menschen nicht in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken. „Ihre Einführung sollte für die Verwaltung eine Vereinfachung mit sich bringen und keinen Mehraufwand darstellen. Ebenso sollte sie den kommunalen Haushalt nicht zusätzlich belasten“, teilen Kuzu und Jobst mit.

Linksfraktion spricht von Diskriminierung

Die Linksfraktion positioniert sich klar gegen die Bezahlkarte. Ihre sozialpolitische Sprecherin Claudia Falk sagt: „Die Bezahlkarte ist im Kern diskriminierend und soll Probleme lösen, die es so nicht gibt. Bei Beträgen unterhalb des Existenzminimums können die Betroffenen wohl kaum nennenswerte Summen in ihre Herkunftsländer überweisen.“

Die Volt-Fraktion verweist auf die Position ihres NRW-Landesverbands. Der hatte sich in einer Mitteilung Ende März ebenfalls gegen die Bezahlkarte ausgesprochen und stattdessen gefordert, Basiskonten zu nutzen.


Gesetzesänderung für Bezahlkarte

Wer als Geflüchteter in Deutschland Schutz sucht und seinen Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren kann, bekommt Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Bislang werden die Leistungen in Form von Sachspenden, Bargeld oder Wertgutscheinen an die Asylbewerber ausgegeben.

Als vierte Möglichkeit soll nun die Bezahlkarte eingeführt werden. Am 12. April hat der Bundestag eine entsprechende Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes beschlossen, der Bundesrat stimmte am 26. April zu.

Die Bezahlkarte soll für alle Geflüchteten eine Option sein, egal wie sie untergebracht sind. Die Ausgestaltung der Bezahlkarte übernehmen die Länder. Ein Vorteil der Bezahlkarte sei, dass das Geld nur im Inland ausgegeben werden kann, „also wozu die Leistungen gedacht sind: für das Leben der Geflüchteten hier“ und etwa nicht für Schleppergelder, heißt es in einer Pressemitteilung der Bundesregierung. Außerdem solle durch die Bezahlkarte der Verwaltungsaufwand reduziert werden. (lmc)