Ausstellung in BonnWie KI Fußballprognosen trifft und das Spiel verändert

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Ob die KI den Gegenstand erkennt? Ralph Burrmester lässt über eine Kamera den offiziellen EM-Fußball bestimmen.

Ob die KI den Gegenstand erkennt? Ralph Burmester vom Deutschen Museum lässt über eine Kamera den offiziellen EM-Fußball bestimmen.

Im Deutschen Museum Bonn testen Wissenschaftler, wie gut Computer die EM-Ergebnisse voraussagen können.

Das war wohl nichts. Mit dem ersten Tipp Deutschland gegen Schottland mit 3:1 hat die künstliche Intelligenz (KI) mit ihrer Vorhersage danebengelegen. Zwei Tore mehr für uns hat sie geschlabbert. Daran kann auch Hus:KI, der Roboterhund und EM-Maskottchen im Deutschen Museum an der Ahrstraße nichts ändern. Im Haus arbeiten Spezialisten für KI, die jüngst die gesamte Ausstellung für dieses Thema umgekrempelt haben.

Natürlich wissen sie auch, dass Computer Fußballspiele voraussagen können – und es auch tun. Sie nutzen dafür über lange Zeit gesammelte Daten über die einzelnen Mannschaften und Spieler, wagen dann die Prognose. Natürlich ohne den rein menschlichen Faktor.

„KI wird im Profifußball schon viel eingesetzt“, sagte Ausstellungskurator und wissenschaftlicher Mitarbeiter Ralph Burmester und meint dabei Trainingsanalysen und Scouting, also die Talentsuche. Das geht (bereits seit einigen Jahren) so: Profispieler tragen auf dem Platz zahlreiche Sensoren und werden dadurch auch gläsern. „Jeder Meter auf dem Rasen wird analysiert“, sagt Burmester. Da kann sich die Nummer 7 nicht mal eben eine kleine Pause gönnen und nicht laufen, wenn der Trainer nicht hinschaut. GPS-Sensor, Beschleunigungsmesser, Magneto- und Gyrometer kriegen alles mit. „Bei Schalke sind dafür extra acht Leute eingestellt worden“, sagt der Kurator.

Den passenden Spieler finden

So kann eine KI am Ende tatsächlich den passenden Spieler für eine Auswahl finden. Die Fans bekommen von diesen internen, tief gehenden Analysen nicht so viel mit. Als Zuschauer vor dem Fernsehen kriegen sie aber bei Bier und Chips trotzdem ein bisschen Künstliche Intelligenz ab. Denn die Experten werfen mittlerweile ja nur so mit Daten in der Halbzeitpause oder nach dem Spiel um sich und packen sie in Grafiken mit Pfeilen, als ob sie die Schlacht bei Waterloo noch einmal mit dem Ball nachspielen wollten. Die digitalen Informationen stammen auch von den Sensoren. Die Fernsehsender haben laut Burmester dafür ihre eigenen Tools zur Auswertung.

Um die frühen Spielanalysen kümmerten sich noch gut gekühlte Rechenzentren. Heute leistet die generative KI Beistand. Die kann nämlich auf ihre Trainingsdaten basierend Texte, Bilder und andere Inhalte produzieren. Trainingsdaten sind etwa alle Spiele der vergangenen sechs Monate, deren unzählige Erhebungen in neuronale Netze eingespeist werden. So lässt sich dann auch eine Prognose erstellen, wie ein Spiel ausgehen kann. So kam dann auch GoalGPT auf das 3:1 der Deutschen gegen die Schotten. Und wie geht es weiter? Deutschland gegen Ungarn soll 2:1 ausgehen, Schweiz gegen Deutschland 0:2.

Aber Vorsicht. Vielleicht hat schon mal jemand selbst ChatGPT ausprobiert und dabei nur Unsinn herausbekommen: zum Beispiel falsche Konstellationen der EM-Mannschaften. „Die KI sagt nicht immer die Wahrheit“, sagt Burmester. Es komme immer auf den jeweiligen Zusammenhang an, was die Maschine ausspuckt. Und das könne auch mal totaler Blödsinn sein.

Was steckt dahinter? Die KI hat im Prinzip das Internet auswendig gelernt, versucht dann, alles in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Als ChatGPT an den Start ging, wusste das Ding nur alles, was bis Ende 2022 im Netz stand. Ziel ist laut des Experten nun ein Wissen zu erstellen, das stets auf dem aktuellen Stand ist. Vorbild ist der Mensch mit seinen 90 Milliarden Neuronen in seiner Grundausstattung. Beim schreienden Baby schon da, aber noch nicht vernünftig vernetzt. Die Nervenzellen verbinden sich dann mit der Zeit, ein Leben lang. Dieses Prinzip hat man nach Burmesters Angaben nun versucht, für Künstliche Intelligenz auf den Computer zu übertragen. Wie die Vernetzung einer lernenden KI funktioniert, können Museumsbesucher an einem einfachen Spiel mit Farben und Schrift ausprobieren.

Der Computer erkennt auch über eine Kamera den nagelneuen EM-Ball des Museums oder eine Orange. In der Forschung und Medizin hilft KI bei der Erkennung von Krebszellen. Das macht sie richtig gut, in China auch die Erkennung eines jeden Gesichts. Das habe in der Corona-Zeit selbst bei Menschen geklappt, die eine Maske trugen, so Burmester. Zum Glück sei das bei uns anders.

Muss man also Angst vor der Künstlichen Intelligenz haben? Das nicht, „aber man müsse vorsichtig sein“, so der Kurator.

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