AboAbonnieren

Sternenkinder-GedenktagIn diesem Baum hängen Wünsche für Frühchen und gestorbene Babys

Lesezeit 4 Minuten
Vereinsvorsitzende Dana Waschinsky-Wolff hängt ihre Wünsche für Sternenkinder an einen Baum

Der Verein "Herzenssache - Nähen für Sternchen und Frühchen" hat ein Charity-Event gegen das Vergessen im Hof des Glasmuseums organisiert. Vereinsvorsitzende Dana Waschinsky-Wolff hängt ihre Wünsche für Sternenkinder an einen Baum

Zum Sternenkinder-Gedenktag hat der bundesweit tätige Verein „Herzenssache – Nähen für Sternchen und Frühchen“ Wünsche in einen Baum gehängt. Dabei geht es immer um zu früh geborene oder gestorbene Babys.

Als vor zehn Jahren sein Enkelkind ganz überraschend zu früh auf die Welt kam, hatte Opa Peter Waschinsky zu seinem großen Bedauern nichts, was er dem Frühgeborenen anziehen konnte: „Ich habe das Frühchen gewickelt und fand es nicht so schön, dass es keine Kleidung hatte.“

Seine Ehefrau Petra Waschinsky hatte als Großmutter für das kleine Kind daraufhin Anziehsachen selber gestrickt, Tochter Dana hatte sich ans Nähen begeben. „Unsere Tochter hat ein Sternenkind und ein Frühchen gehabt. Als Großeltern waren auch wir davon betroffen.“ Was als Hilfe zur Selbsthilfe begann, mündete 2016 in der Gründung des Vereins „Herzenssache – Nähen für Sternchen und Frühchen“.

Der Verein hat sich die Fertigung dringend benötigter Kleidung in sehr kleinen Größen auf die Fahne geschrieben. Inzwischen hat der bundesweit tätige Zusammenschluss rund 500 Mitglieder, Hunderte Freiwillige helfen beim Nähen. Anlässlich des Sternenkinder-Gedenktages am Sonntag veranstalteten die engagierten Ehrenamtler um ihre Vorstandsvorsitzende Dana Waschinsky-Wolff einen Tag zuvor eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Hof des Rheinbacher Glasmuseums.

Unter dem Motto „Sternenkindern einen Namen geben“ wurden die verstorbenen Kinder gewürdigt und den Eltern wurde Raum zum Gedenken gegeben. Als Sternenkinder werden verstorbene Babys bezeichnet, insbesondere wenn sie vor, während oder bald nach der Geburt gestorben sind. Der poetischen Wortschöpfung liegt die Idee zugrunde, Kinder zu benennen, die „den Himmel“ – poetisch ausgedrückt die Sterne – erreicht haben, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken durften.

Die Mitglieder und weitere Freiwillige hatten viele selbst genähte Kleidungsstücke dabei, die an Frühgeborenen-Stationen, Bestatter, Betroffene und Sternenkind-Fotografen gespendet werden. Darunter war auch ein aus einem Brautkleid gefertigtes Set in einer besonders kleinen Größe, bestehend aus Mütze, Hemdchen, Hose und Decke. Mit dabei waren Erinnerungsarmbänder für Kind und Mutter sowie Erinnerungs-Schmetterlinge, die für weitere Familienmitglieder gedacht sind.

Der Verein pflegt aktuell Kontakt zu 235 Krankenhäusern und Kliniken, eine persönliche Übergabe der Kleidung erfolgt über die jeweiligen Vereinsmitglieder, die als Ansprechpartner fungierten. Die Nachfrage nach der besonderen Kleidung ist groß: Im vergangenen Jahr seien 44 000 Kleidungsstücke abgegeben worden.

Unser aller Vision ist es, den Eltern von Frühchen den tristen Klinikalltag ein wenig bunter zu gestalten sowie, dass Sternenkinder liebevoll gebettet werden und den Eltern die Möglichkeiten einer Erinnerung erhalten
Dana Waschinsky-Wolff, Vorsitzende des Vereins „Herzenssache – Nähen für Sternchen und Frühchen“

„Unser aller Vision ist es, den Eltern von Frühchen den tristen Klinikalltag ein wenig bunter zu gestalten sowie, dass Sternenkinder liebevoll gebettet werden und den Eltern die Möglichkeiten einer Erinnerung erhalten“, sagten Dana Waschinsky-Wolff und Mitstreiterin Melanie Ronstadt. So saßen Besucher und Mitglieder, die teilweise aus Berlin und München angereist waren, im Hof bei Kuchen und lauschten schöner Live-Musik.

Gedenkketten aus Murano-Glas

Bei der Kölner Glaskünstlerin Angela Liane Wagner wurden Anhänger aus geschliffenem Murano-Glas zu Gedenkketten verarbeitet, und wasserfeste Erinnerungssteine konnten selber bemalt werden. Es wurden außerdem Pappherzen mit persönlichen Wünschen für Sternenkinder und Kinder dieser Welt beschriftet und in einen kleinen Apfelbaum gehängt. Der Baum soll in Zukunft in einer Kirche in der Grafschaft aufgestellt werden. „Wir wollen dieses besondere Event nutzen, um den Sternenkindern und ihren Familien eine Stimme zu geben“, sagte Waschinsky-Wolff. Denn auch „Eltern, die ihr Kind nur im Herzen tragen könnten, sind richtige Mamas und Papas“.

Früher habe oft Sensibilität gefehlt im Umgang mit Fehl- oder Totgeburten, es fehlte ein Angebot an individuellen Bestattungsmöglichkeiten. Sternenkinder seien schließlich Kinder wie alle anderen auch und sollten mit Respekt behandelt werden, unabhängig davon, dass sie jung gestorben seien, betonte Waschinsky-Wolff: „Sie hinterlassen Großeltern und Geschwister. Die Kinder haben eine Recht auf Kleidung und auf einen Abschied.“ Wichtig sei es darum, das Thema aus dem Tabubereich herauszuholen.

Eine Bescheinigung vom Standesamt

In der Gesellschaft werde allgemein nicht gerne über Tod und Sterben gesprochen, insbesondere nicht bei Kindern, wusste Frank Ronstadt, Vereinsmitglied und Standesbeamter in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Anerkennung eines Sternenkindes sei für die Eltern wichtig, vor allem für die Väter: „Es ist ein Kind geboren worden und auch, wenn es nicht lebt, ist es wichtig, das noch einmal bescheinigt zu bekommen“, berichtete der Beamte aus Erfahrung. Aus diesem Grunde sei es von Vorteil, dass sich seit 2013 Eltern eines totgeborenen oder verstorbenen Kindes unter 500 Gramm eine Bescheinigung beim Standesamt ausstellen lassen könnten darüber, dass ein Kind auf der Welt war. Dieses Blatt sei für die Hinterbliebenen der physische Beweis der Existenz des Kindes und wichtig, um Abschied nehmen zu können.