Die SPD-Fraktion zieht zur Mitte der laufenden Wahlperiode eine gemischte Bilanz. Insbesondere bei der Wohnungsbaupolitik komme die Stadt nicht voran; die Ratsmehrheit setzte auf die falschen Konzepte.
SPD zieht Halbzeit-BilanzUnzufrieden mit Rheinbacher Wohnungsbaupolitik
„Viele Dinge sind zu einem guten Teil auf einem guten Weg“, fasste Martina Koch, die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Stadtrat, zusammen. Vor allem bei den Themen Radverkehrsanbindung, preiswerter Wohnraum, schnelles Internet und Digitalisierung seien spürbare Siedlungen eingetreten, wie es sich die SPD auf die Fahne geschrieben habe.
Klimawandel und Flutfolgen bleiben Thema
„Die Bewältigung der Flutfolgen wird das große Thema in der zweiten Hälfte der Wahlperiode sein, aber auch in Sachen Erneuerbarer Energien liegt noch vieles im Argen, ebenso bei der OGS-Betreuung und bei der Schaffung von Kindergartenplätzen“, ergänzte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Georg Wilmers. Schon seit Jahren warte man in der Stadt auf den angekündigten Entwurf eines Klimaschutzprogrammes. Deshalb habe es bislang auch keine Diskussion darüber gegeben, welche der zahlreichen denkbaren Möglichkeiten sich die Stadt leisten könne und wolle.
„Nicht alles, was sinnvoll ist, ist auch umsetzbar – dafür reichen die verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen nicht aus“, erklärte Wilmers. Deshalb habe die SPD nun ihrerseits einige Maßnahmen zum Klimaschutz vorgeschlagen und vorangetrieben. So etwa soll beim geplanten Erweiterungsbau des städtischen Betriebshofs nicht nur Solarenergie auf dem Dach installiert werden, sondern auf Antrag der SPD auch ein bis zu 50 Meter hohes Windrad zur Erzeugung von Strom für den Eigenverbrauch. Die Förderung des Radverkehrs sei ebenfalls eine Maßnahme des Klimaschutzes und werde von der SPD forciert. Zumal dies im Handlungskonzept Klimaschutz von 2010 sogar als die Maßnahme mit dem höchsten CO₂-Einsparungseffekt gewesen sei.
Radverkehrsbeauftragter soll kommen
Radverkehrskonzepte für die Innenstadt und für die Anbindung der Ortschaften lägen bereits vor, doch die Verwaltung sehe sich derzeit nicht in der Lage, sie auch umzusetzen. Daher soll eine zusätzliche Stelle eines Radverkehrsbeauftragten geschaffen werden, mit dem eine größere Umsetzung von Radverkehrsthemen möglich sei. „Aber noch ist nichts an Infrastruktur da, was zum Umstieg vom Auto auf das Rad für kurze Wege in der Stadt einlädt“, bedauert Wilmers.
Nicht recht zufrieden ist die SPD mit der städtischen Wohnbaupolitik. Zwar sei durchaus preiswerter Wohnraum geschaffen worden, doch bei weitem nicht genug, so Wilmers. Dabei könnte Rheinbach eigentlich wachsen, denn es gebe einen erheblichen Bedarf in der Glasstadt, der aber nicht gedeckt werden könne. Deshalb stagniere Rheinbach unnötigerweise seit Jahren bei der Einwohnerzahl. „Wir werden noch weiteren Wohnraum ausweisen müssen, und zwar vor allem bezahlbaren“, sind die Sozialdemokraten überzeugt. Das derzeit entstehende Pallotti-Quartier könne den Bedarf allein nicht decken, zumal dort vorwiegend Häuser und Wohnungen für gut betuchte Menschen entstünden. Auch auf dem ehemaligen Majolika-Gelände an der Keramikerstraße tue sich derzeit wenig, zumal dort die aufgerufenen Preise wohl zu hoch erschienen.
„Diejenigen Leute, die in der Stadt groß geworden sind, können sich Rheinbach heute nicht mehr leisten“, schüttelte Wilmers den Kopf. Aber die SPD bleibe dran, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bislang seien in Rheinbach nur zwölf Prozent des Wohnraums öffentlich gefördert, in Bornheim hingegen 40 Prozent. Deshalb müsse die Stadt stärkeren Einfluss auf die Wohnbaupolitik nehmen. So würden in Rheinbach immer wieder Grundstücke verkauft, für die die Stadt ein Vorkaufsrecht besitze. Um zu gewährleisten, dass die in den nächsten Jahren auch tatsächlich bebaut werden, könne die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und nur dann darauf verzichten, wenn sich der Käufer dazu verpflichtet, in einem gewissen Zeitfenster selbst zu bauen. Doch das werde fast immer von den anderen Fraktionen abgelehnt und auf das Vorkaufsrecht verzichtet. „Dadurch wird der Spekulation mit Baugrundstücken Tür und Tor geöffnet“, bedauerte Koch.
Rheinbach braucht mehr Einfluss auf Wohnungsmarkt
Das Baulückenkataster, das 2010 für Rheinbach aus der Taufe gehoben wurde, sei ebenfalls wirkungslos. Bauwillige fänden dort schon lange keine Grundstücke mehr, die sie problemlos kaufen und bebauen können. Ein Konsens, wie neue Baugebiete ausgewiesen werden sollen, komme ebenfalls nicht zustande. Diesbezüglich hätten SPD, UWG und FDP vorgeschlagen, ein neues Baugebiet nur dort zu planen, wo sich die Grundstückseigentümer verpflichten, der Stadt einen gewissen Anteil der Flächen in der Größenordnung von 40 Prozent zu verkaufen, um dort Pflegeeinrichtungen, preiswerten Wohnraum und Raum für spezielle Wohnbedarfe schaffen zu können.
„CDU und Grüne diskutierten darüber erst gar nicht, sondern drückten im Stadtrat einen Beschluss durch, wonach die Stadt 100 Prozent der Flächen kaufen soll, bevor dort Bauland entsteht“, schüttelte Koch den Kopf. „Da können wir vermutlich lange warten, bevor Grundstückseigentümer bereit sind, größere Flächen vollständig an die Stadt zu verkaufen“, ergänzte Wilmers. Außerdem müsse die Stadt für den Ankauf einzelner Grundstücke viel Geld in die Hand nehmen, ohne zu wissen, ob am Ende genug zusammenhängende Flächen gekauft werden können, um auf ihnen sinnvoll ein Baugebiet zu planen.
Eine von der SPD geforderte Quote für öffentlich geförderten Wohnraum wie in Bonn oder Bornheim bei jedem größeren Bauvorhaben, das eine Planungsentscheidung des Stadtrats voraussetzt, lehne die schwarz-grüne Ratsmehrheit in Rheinbach ebenfalls ab. Was ihre Partei aber nicht daran hindern werde, dies bei jedem größeren Bauvorhaben zu verlangen, bekräftigte Koch. Und auch die Nutzung von Vorkaufsrechten wollen die Sozialdemokraten immer wieder vorschlagen, statt von vorneherein auf deren Ausübung zu verzichten. „Auch der Vorrang des Bauens mit Holz, wo immer es bei städtischen Gebäuden möglich ist, wird von der SPD mitgetragen“, stellte Koch klar.