Die neuen Schulstraßen in Rheinbach gelten. Aber etliche Autofahrer haben am ersten Tag die Schilder nicht gesehen. Der Testlauf dauert ein Jahr.
Schulstraßen in RheinbachZum Auftakt der Testphase herrscht Chaos
Die einen nutzten vorschriftsgemäß eine neu eingerichtete Elternhaltestelle an der Brahmsstraße, die anderen parkten trotz des Durchfahrverbotes die zwei Zubringerstraßen zur Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Sürster Weg zu, weil sie ihre Kinder möglichst bis vor die Türe fahren wollten. Der erste Tag der in Rheinbach eingeführten Schulstraßen „Sürster Weg“ und „Schumannstraße“ war einigermaßen durchwachsen.
Hupende Kraft- und Pkw-Fahrer, querende Schüler aller Altersgruppen, Fahrradfahrer, drängelnde Autofahrer und auch Falschparker sorgten am Mittwoch für Chaos an der Kreuzung Brahmsstraße und Sürster Weg. Unterm Strich finden aber die meisten Beteiligten die Neuregelung, die jetzt für ein Jahr getestet wird, im Sinne der Schulwegsicherheit sehr gut.
An den Bussen vorbeigeschlängelt
Als ein großer Omnibus wegen eines Falschparkers zurücksetzen musste und die Schüler eines anderen Busses daraufhin spontan einfach auf die Straße entlassen wurden, schien das Wirrwarr perfekt. Aufkommender Nebel verschärfte die Situation. Einige Eltern fuhren Slalom vor der GGS und versuchten, sich trotz schlechter Sicht an haltenden Schulbussen, aus denen Schüler strömten, und an parkenden Autos vorbeizuschlängeln.
„Ein Zebrastreifen wäre an der Kreuzung Brahmsstraße und Sürster Weg sinnvoll“, erklärte eine Mutter und Anwohnerin, die ihr Kind zur Grundschule an der Bachstraße brachte. Der Betrieb an der von unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern genutzten Kreuzung sei jeden Morgen rege, bekräftigten weitere Passanten. Die Anwohner trieb nun jedoch die Sorge um, dass sich durch die Einrichtung der zwei Schulstraßen der ganze Verkehr nun komplett auf die Brahmsstraße verlagern könnte und dort die ohnehin angespannte Verkehrslage verschlimmere. Darum auch der Wunsch nach einer Querungshilfe an dieser Kreuzung.
„Hier ist richtig was los“, bekräftigte eine Bürgerin, und das liege unter anderem daran, dass die Straße von drei Schülerverkehren gekreuzt werde: von der Gesamtschule, von der Grundschule St. Martin an der Bachstraße und von der GGS Sürster Weg. Als problematisch wurde ebenso der neue Elternparkplatz erachtet. Die Hol- und Bringzone an der Brahmsstraße zwischen der Einmündung Sürster Weg und Schumannstraße wurde eingerichtet, damit Schulkinder, die mit dem Auto zur Schule gefahren werden, aussteigen und den letzten Weg bis zur Schule zu Fuß gehen können.
Allerdings werde dieser abgetrennte Abschnitt von zahlreichen Autofahrern als zusätzliches Parkangebot außerhalb dieser Zeiten genutzt und somit missverstanden, berichteten die Anlieger aus den Erfahrungen der vergangenen Wochen. Durch die parkenden Autos werde die Straße noch schmaler und sei schwieriger zu befahren. „Die Brahmsstraße ist sicherlich eine spannende Stelle“, erklärte Benedikt Ferling. Der Wahl-Rheinbacher ist Mitglied bei den Grünen und Initiator des Schulstraßen-Projekts.
Durch die am Mittwoch offiziell in Betrieb genommenen Straßen soll am Morgen und zur Mittagszeit sichergestellt werden, dass alle Kinder die Möglichkeit erhalten, ihre Schulen sicher zu erreichen. Dass das in der Vergangenheit nicht immer möglich war, davon kann Ferling ein Lied singen. Besonders prekär sei die Verkehrssituation für die Schüler hinter der Schule an der Schumannstraße, wo die Außendienstmitarbeiter der Stadt Rheinbach regelmäßig nach dem Rechten schauen, sagte er. Dort hat Ferling schon drei Autos nebeneinander beobachtet.
„Viele Eltern halten sich nicht an das absolute Halteverbot“, bekräftigte auch Axel Irmscher. Der Rheinbacher nutzte am Mittwoch gerne die Chance, seine Tochter Amaya (sechs Jahre) am Elternparkplatz aussteigen zu lassen und zu verabschieden. Sonst parke er an den Wällen, sagte er, aber die seien ja momentan mit Kirmesbuden belegt. Die Schulstraßen um die GGS finde er „super“, sagte er: „Zu diesen Hol- und Bringzeiten ist wirklich massig was los, und darum ist es sinnvoll, dass es für die Kinder sicherer wird.“ Der Elternparkplatz sei klug gedacht, da dadurch die Zubringerstraßen, das sind die Schumannstraße und der Sürster Weg, autofrei bleiben könnten.
Ähnlich sieht es Alexander Mandt, seit zwei Jahren Hausmeister an der GGS. Es sei gut, dass die Schulbusse nun ungestört vor der Schule an- und abfahren könnten, ohne dabei von haltenden Autos behindert zu werden. In der Vergangenheit sei es deswegen immer mal wieder zu gefährlichen Situationen gekommen.
Kein Verwarngeld am ersten Tag
Mit der Schulwegsicherung um die GGS Sürster Weg waren am Tag zwei Bezirksbeamte der Rheinbacher Polizeiwache betraut. Diese Aufgabe gehöre zum regulären Portfolio, so der Beamte, der gestern wegen der Premiere vor Ort war. Die Bilanz des Polizisten fiel positiv aus. Verständnis zeigte er für diejenigen, die trotz des neuen Durchfahrverbots mit ihrem Auto in die neu deklarierten Schulstraßen fuhren. „Die Leute, die hier jeden Tag entlangfahren, erwarten nicht unbedingt eine neue Beschilderung.“ Darum habe er am ersten Tag kein Verwarnungsgeld erhoben, sondern auf die neue Regelung hingewiesen. Die Resonanz sei durchweg positiv gewesen: „Auch von den Autofahrern, die ich wieder zurückschicken musste.“
Schulpflegschaftsvorsitzende Miriam Wüscht äußerte sich glücklich über die neu aufgestellten Schilder: „Wir versuchen, die Eltern partnerschaftlich zu motivieren, denn die Sicherheit der Kinder ist das Allerwichtigste.“ Wie viele Eltern erhofft sich die Mutter, dass sie in Zukunft nicht mehr nervös um 8 Uhr morgens auf die Uhr schauen wird und sich fragt, ob auf dem Schulweg alles gut verlaufen ist und ihr Kind sicher im Unterricht sitzt.
Schulleiterin Ute Jansen nannte die Initiative von Benedikt Ferling zur Einrichtung von Schulstraßen eine „richtig gut Lösung“: „Ich stehe voll dahinter, so wie die Lehrer und die an der Schulkonferenz teilnehmenden Eltern.“ Nun gelte es, die neuen Regelungen konsequent durchzusetzen. Dazu müsste Bewusstsein geschärft werden. „Nur gemeinsam können wir eine sichere und entspannte Schulumgebung für unsere Kinder schaffen.“
Seit 2017 wird in einem Gremium an der Verkehrssituation rund um die GGS Sürster Weg gearbeitet. Der Vorschlag einer Einbahnstraßenregelung für Schumannstraße und Sürster Weg war in der Vergangenheit abgelehnt worden. Im Mai 2023 reichte Benedikt Ferling einen Antrag mit Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung um die Grundschule bei der Stadt ein. Zusammen mit Verwaltung, Ordnungsamt, Polizei, Elternpflegschaft, Lehrern und Lokalpolitikern seien verschiedene Lösungsmöglichkeiten diskutiert worden, so Jansen. Seit April 2024 steht fest, dass die Schulstraßen eingerichtet und für ein Jahr getestet werden, damit alle vier Jahreszeiten abgedeckt sind. Der Stadtrat entscheidet 2025, ob aus dem Provisorium eine dauerhafte Einrichtung wird.