Internationaler Museumstag: Das Rheinbacher Glasmuseum präsentierte seine neue Schau und Interessierte erfuhren alles über den Römerkanal.
Glasmuseum und RömerkanalSo lief der Internationale Museumstag in Rheinbach
Sei es ein Weihestein aus dem niederrheinischen Xanten oder wunderschön bemaltes Gebrauchsglas der Glasmalerin Ida Paulin – im Himmeroder Hof gab es am Internationalen Museumstag viel Interessantes zu sehen und zu hören. Allein zur Eröffnung der Sonderausstellung der 1880 in Augsburg geborenen Glasgestalterin Paulin waren am Sonntagmorgen mehr als 50 Interessierte in das Glasmuseum gekommen. Der Internationale Museumstag, 1978 eingeführt, soll auf die Vielfalt und die Bedeutung von Museen aufmerksam machen.
Im Ratssaal im ersten Stock, der gleichzeitig als Ausstellungsraum dient, wurde die Schau mit mehr als 100 Objekten von Rheinbachs Vize-Bürgermeister Karl Heinz Kerstholt eröffnet. Paulin zähle zu den bedeutenden Vertreterinnen des Kunsthandwerks in den frühen 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, so Kerstholt, mit den Dekoren ihrer Gläser habe sie dem Zeitgeist entsprochen: „Die Frauen befreiten sich von den Korsetts und trugen Hosen im Stil von Marlene Dietrich, Sakkos, Krawatten und Bubikopf waren angesagt.“ Wiederkehrende Sujets sind ebenso Frauen im Sportdress oder Schwimmanzug, beim Wandern, Skifahren oder beim Flanieren mit Freundinnen. Auch die Olympischen Spiele in Berlin 1936 flossen in Paulins Dekore ein.
Glasdekor trifft auf Zeitgeist
Für den Schweizer Schokoladenfabrikanten Sprüngli entwarf Ida Pauin Gläser mit Regenbogendekor. Dieses fröhliche Muster konnten Kinder beim zeitgleich zur Eröffnung angebotenen Workshop mit Museumspädagogin Bozena Yazdan auf kleine Gläschen malen. Mit Titeln wie der swingenden Cole Porter-Ballade „Night and Day“ brachten die Sängerin Stefanie Wüst und Pianist Christopher Arpin von der Bonner Oper die Motive von Paulin zum Klingen, die gerne Musiker, Tänzerinnen und Tänzer auf Glas gebracht hatte.
Museumsleiterin Caroline Heise: „Sie fühlte sich keiner Tradition alleine verpflichtet. Ihr ging es darum, die Form des Glases mit dem Dekor in Einklang zu bringen.“ Paulins Dekore seien dabei ein Spiegel der Moderne, die den Jugendstil, Art Déco oder die Malerei am Bauhaus, aber auch anti-moderne Motive der 1930er Jahre reflektierten. Dabei finde auch die nordböhmische Glasmalerei Resonanz, womit der Bezug zum Museum gegeben sei, das 1968 vom Verein „Freunde edlen Glases“ als Spezialmuseum für Gläser nordböhmischer Provenienz eröffnet worden war. Die Vereinsgründung geht auf Initiative von nach dem Zweiten Weltkrieg in Rheinbach angesiedelten nordböhmischen Glasveredlern zurück.
Besucher waren angetan von Ida Paulins Werken
Unter den Gästen befanden sich Vertreter der Rheinbacher Ratsfraktionen sowie der ehemalige Erste Beigeordnete Raffael Knauber, der für die Einstellung von Museumsleiterin Caroline Heise maßgeblich verantwortlich zeichnet. Der kunstaffine Ruheständler zeigte sich überaus angetan von den farbenfrohen Dekoren: „Es war sehr gut, diese Ausstellung hierhin zu holen, so dass auch einmal Gebrauchsglas gezeigt wird.“ Auf diese Weise erweitere sich der Duktus. An den Stücken, die im Dialog mit der Museumssammlung stehen, zeige sich, dass „auch Gebrauchsglas schön sein kann“. Seinem persönlichen Geschmack käme allerdings eher das Studioglas entgegen, räumte Knauber ein, das er als modern und zurückhaltend elegant empfinde. Es ist in den unteren Räumen des Museums ausgestellt.
Ausstellungsbesucher Paul Link aus Köln, von Beruf Architekt, fand wiederum Gefallen an den modernen, konstruktivistischen Strukturen der Ausstellungsstücke, unter denen sich auch eine Brosche befand. Die Rheinbacherin Dorothee Ressel bewunderte die Zierlichkeit der Gläser, die sie sich selber auch zu Hause hinstellen würde: „Die Dekore sind heute noch modern.“ Ehemann Kalle Kessel wiederum bewunderte die Architektur des Glasmuseums. Die Bonnerin Helga Hackenbroich hätte gerne Gebrauchsgegenstände mit den Designs von Ida Paulin.
Streifzug durch die technische Welt der Antike
Im benachbarten Römerkanal-Infozentrum nahm Kurator Professor Dr. Klaus Grewe die Besucher mit auf einen Streifzug durch die technische Welt der Antike mit einem ganz besonderen Blick auf die römische Eifelwasserleitung. Mit kleinen Anekdoten brachte der Fachmann die Entstehung der von römischen Ingenieuren gebauten Wasserleitung von der Eifel nach Köln den Besuchern näher. Die Anlage mit ihrer Tagesleistung von 20 Millionen Liter habe das antike Köln mit bestem Trinkwasser für die öffentlichen Brunnen, Thermen und privaten Hausanschlüsse versorgt.
Volkstümlich als Römerkanal bezeichnet, sei sie der größte Technikbau der Antike nördlich der Alpen, „und mit ihrer Gesamtlänge von rund 95 Kilometern ist sie zugleich das längste“, schwärmte der Professor aus Swisttal-Morenhoven. Um die Jahre 80 bis 90 nach Christus sei die steinerne Fernleitung aus der Nordeifel nach Köln gebaut worden: „Es galt, die wenig qualitätsvollen und kaum ergiebigen Quellen im Vorgebirge vor den Toren Kölns zu ersetzen, um etwa 15 000 Menschen mit Trinkwasser zu versorgen.“ Die geschickte Ausnutzung der Gegebenheiten des Geländes beim Bau des Aquädukts verdeutlichte Grewe mit einer Holzkugel, die er durch eine Rinne rollte: „Ich sage immer, wenn man vom Mittelrhein eine Kegelkugel geworfen hätte, wäre die bis nach Köln gerollt.“
3D-Abdruck des sogenannten Frontinus-Steins
Eine Besonderheit der Ausstellung ist ein erst vor zwei Jahren erworbener 3D-Abdruck des sogenannten Frontinus-Steins. Der römische Senator und Soldat war auch Schriftsteller und Ingenieur und von 81 bis 84 Statthalter in Köln. Auf ihn sei wahrscheinlich der Bau der Wasserleitung nach Köln zurückzuführen, so Grewe: „Frontinus, der in den höchsten Positionen auf militärischer und politischer Ebene im ganzen Imperium tätig war, kann in seiner Kölner Zeit durchaus als der Auftraggeber für die Eifelwasserleitung betrachtet werden.“
Ein großes und ziemlich schweres Fundstück hatte Gerhard Martini, ehemaliger Stadtdirektor, zur Begutachtung mitgebracht. Und tatsächlich: Bei dem auf einer Radtour durch die Voreifel entdeckten Brocken handele es sich um ein Bruchstück der Leitungssohle des Römerkanals, bestätigte Grewe.
Termine in Rheinbach
Die Sonderausstellung „Ida Paulin. Dekore der Moderne“ ist bis Ende September im Glasmuseum zu sehen. Es gibt ein Begleitprogramm, der nächste Termin ist ein Workshop für Mutter und Kind „Im Duo kreativ“ am Dienstag, 4. Juni, 14.15 bis 15.15 Uhr im Glasmuseum; Anmeldung erforderlich.
Das Römerkanal-Infozentrum und das Naturparkzentrum, Eingang im Himmeroder Hof, sind geöffnet dienstags bis freitags 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags 11 bis 17 Uhr. Die Fotoimpressionen von Walter Zuber im Glaspavillon Hans-Schmitz-Haus sind jederzeit von außen zu betrachten.
Weitere Informationen unter: www.glasmuseum-rheinbach.de