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Schwelle am RodderfeldAnwohner übernehmen Flut-Tor in Rheinbach

Lesezeit 4 Minuten
Tam Schulte (l.) und Annette Fleischer erproben sich als Anwohner an der neuen Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach

Tam Schulte (l.) und Annette Fleischer erproben sich als Anwohner an der neuen Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach

Die Flut-Barriere steckt im Straßenschrank: Dutzende Einwohner des Rodderfelds in Rheinbach erlebten, wie sie bei einem drohenden Hochwasser ihre Straße mit dieser Schwelle selbst schützen können.

Das Rodderfeld im Westen von Rheinbach soll bei einem künftigen Starkregen nicht so einfach in Wassermassen versinken können wie vor zwei Jahren. Die Stadt Rheinbach hat 110.000 Euro investiert, um den Übergang vom Schornbusch in die Hirschmannstraße für Wasser möglichst abzuriegeln. Nach dem Umbau der Hauptzufahrt im Westen ist am Montag eine Barriere vorgestellt worden, die Anlieger bei Bedarf selbst aufbauen sollen. Mehrere Dutzend Bewohner schauten zu.

In einem ersten Schritt ist die Straße mit einem 40 Zentimeter hohen Damm „aufgebuckelt“ worden, wie Bürgermeister Ludger Banken es nannte: „Damit das Wasser nicht gleich hier reinschießt.“ So war das nämlich vor zwei Jahren. Etwa 20 bis 30 Zentimeter hoch habe es schon in den ersten Häusern gestanden. Somit könnte dieser Asphaltbuckel bereits ausreichen.

Für den Fall, dass mehr Wasser angerollt kommt, können Anwohner künftig ein 60 Zentimeter hohes Flut-Tor aufbauen. Es steckt im Normalfall in einem unscheinbaren Schrank neben der Straße und ist in zwei Säcke verpackt. Die Türen sind mit Zahlenkombinationen gesichert. In jedem der Säcke steckt ein etwa 20 Meter langes Fluttor von jeweils etwa 60 Kilogramm Gewicht.

24.7.2023 Helfer rollen die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach aus

24.7.2023 Helfer rollen die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach aus

Im Idealfall packen vier Helfer für den Aufbau an. Bei der Vorführung reichten zwei zum Tragen und einer zum Ausrollen. In die rote Vorderkante sind quadratische Metallplatten eingenäht, die dafür sorgen sollen, dass die leere Barriere nicht groß wegrutscht. Der Hauptteil besteht aus lauter Stofftaschen, deren senkrechte Teiler seitliche Flutwellen brechen sollen.

Die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach ist so beschriftet, dass Anwohner sie selbst aufbauen können.

24.7.2023 Die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach ist so beschriftet, dass Anwohner sie selbst aufbauen können.

"In einigem Abstand werden Holzstöcke als Abstandhalter in die Taschen gestellt, sodass, wenn Wasser kommt, es in die Taschen läuft", erklärte der Technische Beigeordnete, Torsten Bölinger: "Der Vorteil ist auch, dass Rettungswagen immer noch über die Barriere fahren können, wenn kein Wasser darin steht. Dazu müssen nur die Hölzer herausgenommen werden."

Bürgermeister Banken zeigte sich zufrieden. Die Beschaffung habe nur knapp ein Jahr gedauert, sei also "sehr schnell" gegangen. In den zwei Jahren seit der Flut sei viel getan worden. "Wir haben viel aufgeräumt und vor allem die Straßen wiederhergestellt." Zum Rodderfeld gebe es ein beeindruckendes Video, wie im Juli 2021 das Wasser in das Gebiet geströmt sei.

Das Ingenieurbüro Bach und Mergel berechnete die Maßnahmen für die Einfahrt in der Hirschmannstraße. "Der Straßenumbau hat 90.000 Euro gekostet, die Planung 10.000, die Barriere weitere 10.000", sagte Bölinger. Knapp 20 Meter ist die Barriere an dieser Stelle lang. Die Stadt hat insgesamt 200 Meter von den Flut-Toren gekauft. "Die können flexibel nach Bedarf aufgebaut werden. Wir haben es ausprobiert: Sie lassen sich auch dann noch auf einer Straße ausrollen, wenn dort bereits Wasser drauf ist.

24.7.2023 Bürgermeister Ludger Banken stellte den Anwohnern die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach vor

24.7.2023 Bürgermeister Ludger Banken stellte den Anwohnern die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach vor

Die rund 200 Häuser im Rodderfeld sind zwar zur Landstraße 493 durch einen Damm geschützt. An der Zufahrtstraße läuft aber auch das Abwasser der Kaserne offen vorbei. Zudem kreuzt der Rotterbach das Gebiet. An dessen Oberlauf wird gearbeitet, um den Zufluss zu drosseln und Treibgut zu vermindern. "Mit dem Bund ist wegen der Kaserne eine Regenrückhaltung vereinbart. So werden später deutlich weniger als die bisherigen 400 Liter pro Sekunde von dort hier vorbeifließen", sagte Bölinger.

24.7.2023 Der Technische Beigeordnete Torsten Bölinger erklärte die Funktion der Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach.

24.7.2023 Der Technische Beigeordnete Torsten Bölinger erklärte die Funktion der Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach.

Wasser, das es erst einmal in das Wohngebiet geschafft hat, kann nur durch einen Abfluss durch den Bahndamm ablaufen. "Dieser Abfluss hat aber nur einen Durchmesser von 1,2 Metern", so Bölinger: "Mit der Bahn werden noch Gespräche geführt."

24.7.2023 Zwei Helfer tragen einen Teil der Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach

24.7.2023 Zwei Helfer tragen einen Teil der Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach

Das Interesse der Bürger war groß. Dutzende waren an diesem Montagvormittag zur Präsentation gekommen. Das liegt auch an der Bürgerinitiative, die seit mehr als einem Jahr an der Vorbereitung mitgewirkt hat. "Wir haben einen Immobiliensachverständigen in den Reihen, hatten einen Wassermeister dabei und mehrere Diplom-Ingenieure", erklärte Peter Bohrer, der am Montag für die Initiative sprach. "Wir sind froh und dankbar für das, was hier in einem regen Dialog entstanden ist. Allerdings wäre auch ein erheblicher Teil des Schadens verhindert worden, wenn wir dieses System bereits vor zwei Jahren gehabt hätten."

24.7.2023 Helfer verbinden die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach mit Klettbändern

24.7.2023 Helfer verbinden die Hochwasserbarriere für das Rodderfeld in Rheinbach mit Klettbändern

Annette Fleischer und Tam Schulte, zwei Anwohnerinnen, packten bei der Vorführung spontan zu und erprobten sich dabei, die beiden Tor-Segmente für ihre Straße mit Klettverschlüssen zu verbinden. Bölinger kündigte noch Unterweisungen für diesen "Bürgerhochwasserschutz" an. "Es geht darum, dass die Anwohner dies aufbauen können, auch wenn die Straßenmeisterei schon Feierabend hat und die Feuerwehr schon eine Fülle von Aufgaben abzuarbeiten hat."