Für Rheinbach wird ein innovatives Bestattungskonzept nach einem Vorbild in Maastricht vorgeschlagen.
Neue Bestattugsform in Rheinbach?Die Urne kommt per App

Der „Memorial Cube“ Maastricht könnte ein Modell für Rheinbach sein.
Copyright: Wil Joosten
Der holzfarbene „Würfel“ mitten im Grünen ist ungefähr fünf Meter hoch und genauso breit. Über 3000 Urnen mit der Asche verstorbener Menschen fasst der so genannte Memorial Cube, eine einzigartige Begräbnisstätte in der niederländischen Stadt Maastricht. Der Unternehmer Wil Joosten ist der Erfinder und Betreiber des Kolumbariums in dem Trauer- und Gedenkpark Tongerseweg. Der Memorial Cube, der dort im Jahr 2023 errichtet wurde, biete einen „sicheren und würdigen Ort, um die Asche Ihres geliebten Menschen vorübergehend oder dauerhaft aufzubewahren. Sie können die Aschekugel selbst über die Memorial App einsetzen oder entfernen. Auf der verlinkten Erinnerungsseite finden Sie die Erinnerungen Ihrer Liebsten“, schreibt Joosten zu seinem Konzept.
In jede Urne wird ein Computer-Chip eingebaut, der es den Angehörigen ermöglicht, sich das Behältnis in einer Art Schaukasten oder über eine App auch von zu Hause aus ansehen zu können. Aufgrund des geringen Flächenbedarfs kann der Würfel auf nahezu jedem Friedhof errichtet werden. Die Realisierung durch Joosten ist aber offenbar an eine gewisse Anzahl von kostenpflichtigen Reservierungen geknüpft. In einem Bürgerantrag zum Rheinbacher Haupt- und Finanzausschuss, der am 10. Februar tagt, wird vorgeschlagen, einen solchen Memorial Cube als alternative Bestattungsform auch in der Glasstadt zu installieren.
Der Bürger, der mit einem Antrag schon Baumbestattungen in Rheinbach mitinitiiert hatte, könnte sich den Schwesternpark als Standort vorstellen. Es wäre der erste Memorial Cube in Deutschland.

Der „Memorial Cube“ steht inmitten eines Parks in Maastricht.
Copyright: Wil Joosten
Die rechtsrheinische Gemeinde Eitorf hatte die Idee über mehrere Jahre verfolgt; der dortige Rat entschied sich im Oktober 2024 allerdings doch dagegen. Die einzige Ja-Stimme kam seinerzeit von Bürgermeister Viehof (siehe Kasten). Auf Grund der noch nicht absehbaren Risiken und fehlenden Erfahrungswerten rät auch die Rheinbacher Verwaltung derzeit von dem Memorial Cube ab. Sie bietet dem Ausschuss an, den Kauf einer weiteren Urnenmauer vorzubereiten, um diese Bestattungsart auch nach 2026 den Bürgern in der Kernstadt auf dem Waldfriedhof anbieten zu können. 2013 hatte der seinerzeit zuständige Ausschuss des Stadtrates beschlossen, keine weiteren Urnenmauern auf dem Waldfriedhof und keine Stelen mehr auf den Ortschaften zu errichten. Es stünden ausreichende Flächen für andere Urnenbestattungsformen zur Verfügung.
Nach einem Bürgerantrag wurde diese Grundsatzentscheidung 2021 zumindest schon dahingehend modifiziert, dass in den Ortschaften wieder Urnenstelen nachgekauft werden sollen. Die Nachfrage nach dieser Bestattungsform war insgesamt gestiegen und dieser Trend setzt sich fort. Auf dem Rheinbacher Waldfriedhof können inzwischen nur noch eine geringe Zahl an Urnennischen neu vergeben werden. Lange Zeit habe die Nachfrage durch abgelaufene Nutzungszeiten in den vorhandenen älteren Mauern kompensiert werden können, dies ist laut der Verwaltung nun nicht mehr möglich. Das sei nicht vorhersehbar gewesen, weil entgegen dem Trend aus den Vorjahren die Angehörigen dazu übergegangen seien, nach Ablauf der 30-jährigen Ruhefrist das Nutzungsrecht nicht zu beenden, sondern für spätere Beisetzungen im Familienkreis neu anzukaufen.
Gleichwohl sind auch auf dem Waldfriedhof und anderen Friedhöfen noch Möglichkeiten für pflegefreie Bestattungen vorhanden – Baumbestattungen, Aschestreufelder und Bestattungen in Rasenreihenurnengräbern sowie freie Plätze in den Stelen und Mauern auf den Ortschaften. 2023 und 2024 gab es auf dem Waldfriedhof 80 Beisetzungen in den Mauern; in den Ortschaften waren es 16. Die Anschaffungskosten für den Cube belaufen sich laut der Sitzungsvorlage je nach Fassungsvermögen zwischen knapp 220.000 und 340.000 Euro.
Aus Sicht der Verwaltung wäre der Wegfall der Grabpflege durchaus positiv zu bewerten. Auch ohne genaue Kalkulation der Friedhofsgebühren dürfte die Bestattungsart für die Bürger relativ preiswert ausfallen. Da es in Deutschland bislang noch keinen Memorial Cube gibt, können allerdings keine belastbaren Angaben dazu gemacht werden, ob das System mit dem Bestattungsrecht in NRW vereinbar ist. Insbesondere die Möglichkeit, in Maastricht, die Urne herausnehmen zu können, ist hierzulande nicht erlaubt. Der Hersteller hat aber für Deutschland ein System entwickelt, dass nur die Anzeige der Urne hinter einer Glasscheibe und das Berühren zulässt.
Die Verwaltung gibt zu bedenken, dass eine große Abhängigkeit vom Anbieter bestehe, der ein Monopol auf die Bestellung der Urnen durch Bestatter habe. Das sei auch im Hinblick auf die lange Laufzeit von 30 Jahren je Beisetzung nicht unproblematisch und es stelle sich die Frage, was mit der Software- und Hardwarepflege und den spezifischen Chips passiert, wenn der Hersteller den Betrieb einstellt. Zudem sei möglicherweise ein zeitnaher Support bei technischen Störungen nicht gewährleistet. Die Verwaltung schlägt vor, aufgrund des sich abzeichnenden Engpasses auf dem Waldfriedhof den Kauf einer weiteren Urnenmauer zu diskutieren. Die Kosten lägen je nach Größe zwischen 48.000 und 57.000 Euro.
Haupt- und Finanzausschuss Rheinbach, Montag, 10. Februar, 18 Uhr, Ratssaal, Himmeroder Hof