Lang war die Liste seiner Verdienste, und lang war auch die Schlange der Gratulanten: Bei einem Festakt wurde Stefan Raetz' Begeisterung für Rheinbach geehrt.
Netzwerker im besten SinneStefan Raetz ist nun Ehrenbürger von Rheinbach
Ehrenbürger in Togo, wo er seit fast 20 Jahren Ausbildungs- und Gesundheitsprojekte unterstützt, ist er schon. Jetzt hat auch seine Wahlheimat Rheinbach Stefan Raetz (64) mit der höchsten Auszeichnung dekoriert, die sie zu vergeben hat. Genau drei Jahre nach seinem letzten offiziellen Arbeitstag im Rathaus erhielt er in einer stimmungsvollen Feierstunde in der Stadthalle die Urkunde, die sein Wirken dokumentiert und trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein. Raetz ist der elfte Ehrenbürger in der Geschichte Rheinbachs; zuletzt wurde diese Würdigung seinem Vorgänger als Bürgermeister, Hans Schellenberger, zuteil, der ebenfalls unter den gut 250 Festgästen war.
Die Rheinbacher CDU-Fraktion hatte die Ehrenbürgerwürde im Frühjahr beantragt, und der Rat fasste den Beschluss im Juni einstimmig. Bürgermeister Ludger Banken sprach von einer „großartigen Runde“ in der Stadthalle. Mit allen Wegbegleiter in den 21 Jahren – von 1999 bis 2020 – als Chef von Rat und Verwaltung hätte sie drei- oder viermal gefüllt werden können, „da hätten wir anbauen müssen, das haben wir auf die Schnelle nicht geschafft“. Als Laudator sagte der ehemalige Beigeordnete Rafael Knauber, der viele Jahre mit ihm in der Verwaltungsspitze zusammengearbeitet hatte, Raetz sei kein Problemsucher, Zauderer und Verhinderer gewesen, sondern ein Macher, getreu dem Grundsatz „Geht nicht, gibt's nicht!“
Knauber: "Wenn wir uns mit der Person von Stefan Raetz näher beschäftigen, verblüfft zunächst, dass - eigentlich entgegen aller Erwartungen - er kein Rheinländer, kein gebürtiger Rheinbacher ist, sondern er im Jahre 1959 im hohen Norden in Flensburg geboren worden ist. Wer ihn im rheinischen Karneval erlebt, kann dies kaum glauben. Den kühlen Kopf, den er in fast allen Lebenslagen beweist, und den man den Norddeutschen eher zuschreibt als uns Rheinländern, hat er sich bis heute bewahrt."
Ein wichtiges Anliegen war und ist ihm stets die Vertiefung der Städtepartnerschaften der Stadt Rheinbach. Knauber: „Wann immer er es ermöglichen konnte, hat er es sich nicht nehmen lassen, unsere Partnerstädte mit den Partnerschaftsvereinigungen zu besuchen und die Beziehungen z.B. Im Jugendaustausch oder über gemeinsame Projekte zu vertiefen. Gewissermaßen als Symbol für den Stellenwert dieser Partnerschaften hat er alle Partnerstädte mit dem Fahrrad (ohne E-Bike) besucht. Doch damit nicht genug: Nach seinem Ausscheiden als Bürgermeister gründete er die Partnerschaft des Friedens Rheinbach- Douaumont -Vaux, deren Vorsitzender er auch ist. Douaumont-Vaux gehört zu den Villages Detruits, die in der Schlacht um Verdun im Ersten Weltkrieg völlig zerstört wurden. Mit dieser neuen Partnerschaft setzt sich Stefan Raetz maßgeblich dafür ein, den europäischen Friedensgedanken an die nächsten Generationen weiter zu geben, eine Aufgabe, die heute aktueller und dringender denn je ist.“
"Überhaupt ist Stefan Raetz das fundamentale Thema der Friedenssicherung und der Wahrung unserer Demokratie ein tiefes Bedürfnis und stetes Anliegen. Immer wieder hat er bei vielen Gelegenheiten in Rheinbach und darüber hinaus auf die Gräuel von Krieg, Vernichtung und Terror hingewiesen und zur aktiven Wachsamkeit aufgerufen. Mit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine hat er sofort eine Solidaritätsveranstaltung mit den Menschen in der Ukraine organisiert und zur Beendigung des Krieges aufgerufen. Wann immer sich ein Anlass bot, hat er den beispiellosen Völkermord der Nazis an den Juden thematisiert und immer wieder Lehren für die Zukunft angemahnt.
Die Bedeutung der Vereine erkannt
"Von Beginn seiner Tätigkeit als Bürgermeister in Rheinbach an hat Stefan Raetz erkannt, welche Bedeutung Vereine für das gesellschaftliche Miteinander in unserer Stadt und ihren Ortschaften haben. Dort, wo Unterstützung nötig war, hat er sich für die Belange der Vereine und ihrer Mitglieder eingesetzt, sei es im Bereich des Sports, des Karnevals und Brauchtums, der Kultur und Bildung und vielen anderen Bereichen. Seine Präsenz auf Vereinsveranstaltungen ist Legende. Sein stets mit Bleistift geführtes Terminbuch ist eigentlich ein zeitgeschichtliches Dokument für das Haus der Geschichte in Bonn, zumindest aber für das Archiv der Stadt Rheinbach. 30 Termine am Wochenende waren eher die Regel als die Ausnahme. Nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle auch, dass Stefan Raetz Einsatz nicht an den Grenzen Rheinbachs oder der Region endet. Mit dem Verein Togo-Hilfe Rheinbach und dessen Vorsitzendem Michael Firmenich fördert er vor Ort seit über 20 Jahren Projekte zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in diesem afrikanischen Land vor allem im Gesundheits-, Bildungs- und Ausbildungsbereich. Dieses tatkräftige Engagement hat ihm die Auszeichnung als Ehrenhäuptling in der Region Kpalime eingebracht, sozusagen die afrikanische Form der Ehrenbürgerschaft."
Er habe Offenheit für die Belange der Stadt und ihrer Menschen, für die Entwicklung und für Neues gezeigt, sein Ziel sei es gewesen, unter Wahrung der Historie zu einer modernen und konkurrenzfähigen Kommune weiterzuentwickeln, in der es sich gut arbeiten und leben lässt. „Dabei hat ihm ein feines Gespür geholfen, zu erkennen, welche Personen und welchen Positionen wichtig waren oder auch wichtig werden konnten, um Unterstützung für die Stadt und die Region zu erhalten“, sagte Knauber, „und die Rheinbacher Bevölkerung hat die positive Entwicklung ihrer Stadt wahrgenommen und gespürt, dass da einer ist, der sich mit vollem Herzen und großer Leidenschaft einsetzt und die Stadt voranbringt.“
Stefan Raetz nahm von all dem Lob nur einen kleinen Teil für sich selbst an: „Zehn Prozent akzeptiere ich wirklich, aber 90 Prozent gehört mit auf viele andere Schultern.“ Vieles hätte er alleine gar nicht so voranbringen können. Nur durch die Ermutigung durch seine Familie, viele Freunde und die Kollegen im Rathaus sei eine solche Leistung überhaupt möglich gewesen. Raetz erinnerte aber auch an seinen langjährigen Berater und Freund Peter Feuser, der im Mai verstorben ist: „Ohne seine loyale Art mich zu begleiten, mich aber auch manchmal zu stoppen, mir aber auch den Rücken freizuhalten wäre all das, was wir geschafft haben nicht möglich gewesen.“
Viele Menschen in Rheinbach hätten ihm – „einem Immi und nicht katholisch“ — viel Vertrauen geschenkt und ihm viele Freiräume gegeben. „Sie haben mir die Chance gegeben, eine Stadt weiterzuentwickeln, die nach dem Bonn-Berlin-Beschluss nicht wusste, wo die Reise hingeht.“ Diese Chance dann zu nutzen und aus dem Gegebenheiten damals das richtige zu machen, das habe er von Heinrich Kalenberg gelernt. Der damalige Stadtdirektor habe die Grundlagen gelegt, auf denen er, Raetz, später aufbauen konnte. Das Technologiezentrum (GTZ), die „segensreiche Gründung“ der Fachhochschule und die Entwicklung der Gewerbegebiete seien nur drei Beispiele. „Ich bin stolz auf Rheinbach und das dürfen alle sein, die dazu beigetragen haben.“ Er wolle sich weiter einsetzen — „Helfen Sie mir dabei!“
Die Moderation des Abends übernahm Thomas Spitz, der mit Raetz unter anderem bei den Rheinbach Classics, in der Bürgerstiftung und in der Partnerschaft des Friedens zusammenarbeitet. Musikalisch begleitete die Sunny Side Big Band der Musikschule in der VHS Voreifel unter der Leitung von Thomas Kimmerle den Festakt unter anderem mit „Birdland“ von Joe Zawinul.