Die heftigen Wogen in der Diskussion um den ökologischen Umbau des Rheinbacher Stadtwaldes scheinen geglättet und der Stadtrat befriedet.
Konzept für den StadtwaldLob für Rheinbachs Förster ausgesprochen
Im Ausschuss für Umwelt und Mobilität bestätigten alle Fraktionen, dass der städtische Wald auf einem guten Weg sei. Dies drückten sowohl Kurt Brozio (CDU) wie auch Karl-Heinz Kerstholt (SPD) unisono so aus.
Stadtförster Sebastian Tölle hat, die von CDU und Grünen erdachten Vorgaben so umgesetzt, dass offenbar alle Fraktionen mit dem Ergebnis zufrieden sind. UWG-Fraktionsvorsitzender Dieter Huth wollte dem Förster für seine weise Vorgehensweise scherzhaft den Beinamen „Salomon“ geben.
Viel Lob für Stadtförster Sebastian Tölle
Der Auftrag hatte ursprünglich gelautet, möglichst 20 Prozent des Stadtwaldes aus der Bewirtschaftung zu nehmen sowie alternative Förderungs- und Finanzierungsinstrumente zu erschließen. Anders als von manchen befürchtet, sei die Nicht-Nutzung von Bäumen im Stadtwald jedoch nicht anhand fest abgegrenzter Flächen durchgeführt worden, sondern flexibel im gesamten Waldgebiet, berichtete Tölle. So seien wertvolle Habitatbäume und Baumartengruppen dem natürlichen Absterbeprozess und Zerfall überlassen worden, woraus sich schon in kurzer Zeit ein ökologisch sehr wertvoller Wald entwickelt habe. „Das wird aktuell von allen Parteien und Verbänden erkannt und bestätigt“, freute sich der Förster. Bei einer Biotopkartierung seien allein im Bereich des FFH-Gebietes im Rheinbacher Stadtwald fast 800 Habitatbäume kartiert worden.
„Diese Zahl wurde nach Aussagen der Biologin, die diese Aufnahme durchgeführt hatte, bislang so noch in keinem anderen Wald angetroffen.“ Mittlerweile sei die Zahl sogar noch deutlich höher, weil in Altbeständen in jüngster Zeit vermehrt Bäume wegen Trockenheit stürben. Um einen genaueren Eindruck von der tatsächlich schon nicht bewirtschafteten Fläche zu erhalten, solle die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises mit einer Kartierung von Habitatbäumen für alle Waldflächen beauftragt werden. Außerdem soll die Biologische Station an einer repräsentativen Fläche eine Folgekartierung durchführen, um die künftige Zahl an Habitatbäumen hochrechnen zu können. Dem stimmte der Ausschuss einmütig zu. Zusätzlich habe sich die Verwaltung Gedanken darüber gemacht, welche weitere Flächen aus ökologischen Gesichtspunkten aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden könnten, erklärte Tölle. Es mache nämlich aus fachlicher Sicht wenig Sinn, ausgerechnet die wirtschaftlich wertvollen Alteichenbestände aus der Bewirtschaftung zu nehmen.
Um einen klimastabilen Wald zu erhalten, müssten diese sogar besonders gepflegt werden. Stattdessen wolle er sich auf abseits gelegene Altbuchenbestände konzentrieren, um keine Probleme mit der Verkehrssicherheit zu erzeugen. Tölle habe noch weitere Flächen ausfindig gemacht, insbesondere Insellagen in der Feldflur sowie stark vernässte Extremstandorte, wo eine Nichtbewirtschaftung ohne große ökonomische Verluste vertretbar und gleichzeitig ökologisch sinnvoll sei. Viele dieser Flächen würden schon seit Jahrzehnten ohnehin nicht mehr genutzt. Insgesamt summiere sich die so ermittelte Fläche auf über 40 Hektar. Passend zu diesem Vorschlag gebe es jetzt ein weiteres Förderinstrument, mit dem das Vorhaben auch finanziell unterstützt werden könnte.
Angepasstes Waldmanagement wird gefördert
Das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wolle stabile und produktive Wälder erhalten oder entwickeln und dabei Anreize schaffen, den Wald über die gesetzlichen Vorschriften hinaus nach ökologischen Gesichtspunkten zu bewirtschaften. Dazu könne es eine maximale Förderung von 100 Euro pro Hektar und Jahr geben. „Viele der geforderten Kriterien werden vom Stadtwald bereits seit Jahren erfüllt“, so Tölle. Neu wäre jedoch, dass dauerhaft fünf Prozent aus der Bewirtschaftung genommen und pro Hektar dauerhaft fünf Habitatbäume markiert werden müssten, die der natürlichen Zersetzung überlassen werden. Dies wären für den Rheinbacher Stadtwald in Summe mehr als 4100 Bäume, die insgesamt bei einer geschätzten Fläche von durchschnittlich 150 Quadratmetern pro Baum noch einmal über 60 Hektar ausmachen würde – mithin fast 13 Prozent der gesamten Waldfläche. Auch dieser Vorschlag fand die Zustimmung des Ausschusses.
Besonders CDU und Grüne, die den ökologischen Umbau des Waldes mit ihrem gemeinsamen Antrag vor einem Jahr ins Rollen gebracht hatten, freuten sich über die positive Entwicklung. „In Zeiten des offensichtlichen Klimawandels und der zunehmenden Veränderung von Vegetation und Artenrückgang wird es immer wichtiger, Gebiete zu schaffen, wo die Natur sich selbst überlassen ist und ihre Selbstheilungskräfte zeigen kann“, erklärten sie in eine gemeinsame Stellungnahme. Mit der nun gefundenen Lösung werde weder die Begehbarkeit des Waldes noch dessen Nutzung als Erholungsort eingeschränkt.
Weitere Schritte sollen folgen
„Ganz im Gegenteil: In festgelegten Bereichen innerhalb des Waldes kann sich die Natur erholen, Artenvielfalt entstehen und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, so dass sich der Erholungswert weiter erhöhen wird. Was wir hier geschafft haben, hat eine wichtige Signalwirkung und ist sogar bundesweit nahezu einzigartig“, so der CDU-Fraktionschef Joachim Schneider. Rheinbach könne nicht als eine „von einer Umweltkatastrophe massiv betroffene Gemeinde die Augen vor der Wahrheit verschließen und die Hände in den Schoß legen“, ergänzte CDU-Pressesprecher Dr. Timo Wilhelm-Buchstab.
Grünen-Ratsmitglied Axel Nagel: „Wir sind froh, dass nun ein erster Schritt gemacht wird, um auf einem signifikanten Anteil der Fläche des Rheinbacher Stadtwaldes dem Naturschutz mehr Raum zu geben. Nach diesem ersten Schritt müssen aber weitere folgen!“