Die technischen Probleme bei der Ausstellung von E-Rezepten haben Ärzte verärgert und verlangen Apothekern neue Lösungen ab. Mehr Medikamente als früher werden per Boten ausgefahren, Patienten müssen ihre Versicherungskarte aus der Hand geben.
Immer Ärger mit der TechnikIn Rheinbach gibt es morgens meist Papierrezept
Morgens nur auf Papier! Dr. Oliver Funken aus Rheinbach hat die Nase voll von den dauernden technischen Problemen beim Ausstellen von E-Rezepten: „Wir sind doch keine Beta-Tester für die Technik!“
Dabei war auch der Rheinbacher Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung zuversichtlich in die Umstellung auf das E-Rezept gegangen. „Anfangs waren wir hoch motiviert. Nachdem wir die eAU, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, geschafft hatte, dachten wir, das kann so schwer nicht sein“, berichtet Funken: „Dann hatten einzelne Praxen Softwareprobleme, dachten wir, aber es stellte sich heraus, dass es ein System-Problem ist.“
Immer morgens träten Überlastungen des Systems auf, wenn alle ihre Akutsprechstunde haben und darum Rezepte ausstellen müssen. „Dann kamen die Patienten zurück, und das Rezept musste nochmals ausgestellt werden. Damit ist jetzt Schluss: E-Rezepte gibt es bei mir jetzt einfach erst ab 10 Uhr, weil dann alle Akutsprechstunden durch sind.“ Dies sei mit den Apotheken abgesprochen, denn die müssten auch in die Cloud schauen, ob das Rezept da sei. Und das nicht nur bei Husten und Schnupfen, sondern auch bei dringenderen Medikamenten. „Die Versorgung des Patienten ist so nicht sicherzustellen“, findet Funken und betont: „Das ist keine Verweigerung von uns!“
Und Abhilfe? „Ja, wir hoffen auf Abhilfe. Keiner der Kollegen hat Lust, das Experiment noch einmal zu machen. Wir erwarten einen soliden Hinweis darauf, dass es nun funktioniert“, sagt Funken. Er ist das gegenseitige Zuschieben von Schuld leid: „Schuld interessiert in der Versorgung nicht. Wir haben zu liefern.“ Und darum sagt er: „Wir sind keine Beta-Tester. Es ist unhaltbar, wenn die Arbeitslast durch vermeidbaren Blödsinn erhöht wird. Früher oder später gefährdet das Leben.“
Bei Ärztin Jacqueline Hiepler in Hennef wird jedes E-Rezept geprüft
Seine Kollegin, die KV Rhein-Sieg-Vorsitzende Jacqueline Hiepler, sieht das viel entspannter. Klar gebe es auch in ihrer Praxis in Hennef Probleme mit der Technik. Ich habe aber zunächst gar nicht mitbekommen, dass die Mädchen öfter den Server rauf und runter fahren müssen, damit es klappt. Bei ihr gibt es wegen der zusätzlichen Anstrengungen auch weiterhin morgens das E-Rezept. „Klar kommt das vor: Ich mache das E-Rezept. Dann knallt der Server runter. Das liegt aber nicht an uns, sondern am Server der KV, wo alles zusammenläuft. Bei mir sind die Mädels flott.“
Und das ist wohl auch der Unterschied zu Kollegen. Hieplers Mitarbeiterinnern buchen immer direkt und schauen dann zusätzlich nach, ob das Rezept gespeichert ist. „So sehen sie, ob es geklappt hat.“ Ansonsten werde ein Papierrezept ausgestellt, aber das sei selten geworden, so die Ärztin. Vor allem am vorigen Montag sei das der Fall gewesen, wegen des Ausfalls eines Servers. Serverprobleme seien „natürlich alles andere als hilfreich“.
„Ich muss wegen der elektronischen Signierung jedenfalls nicht mehr so viel unterschreiben wie früher“, sagt Hiepler. Dabei müsse sie sich allerdings auf ihre Helferinnen verlassen. „Ich beauftrage es, sehe aber nicht das fertige Rezept.“ So wartet sie bereits auf den Tag, dass da mal was nicht stimmt, oder der Auftrag, ein Rezept auszustellen, doppelt erledigt wird. Auch eine neue Möglichkeit des Systems.
Aus Altenheimen hat die KV-Vorsitzende gehört, dass früher Papierrezepte eingesammelt wurden, um sie in der Apotheke einzulösen. Nun müsse sich im Altenheim jemand darum kümmern, dass die Rezepte via Krankenkassenkarten zur Apotheke kommen. „Da gibt es schon noch Koordinationsprobleme“, konstatierte Hiepler.
Rheinbacher Apotheke sammelt Karten und liefert Arzneimittel aus
Karten sammeln ist übrigens auch eine Lösung für den Rheinbacher Apotheker Christian Tenzer. „Lassen Sie ihre Karte hier, wir versuchen die Verschreibung noch abzurufen und bringen es nach Hause.“ Seine Apotheke, die Stern-Apotheke, liefer ohnehin aus und haben dazu drei Fahrer, die meist abends, teils aber auch morgens auf Tour gingen. Viermal am Tag werde die Apotheke beliefert; um 17 Uhr starte die Auslieferung in die Vororte.
Teils wird dann per Vorkasse abgerechnet, ansonsten könne auch bar beim Fahrer bezahlt werden. Dieses Verfahren ist seit Tenzer vor allem nötig, weil so viele Medikamente nicht oder nur schwer lieferbar seien. „Der Gesundheitsminister hat zwar mal angekündigt, dass es bald klappt, aber: Pustekuchen!“
Die Technik, findet Tenzer, könne nicht der Grund sein, wenn nun jemand generell morgens kein E-Rezept ausstelle. „Vorige Woche war das große Problem, an zwei Stunden morgens, und es stimmt auch, dass es immer mal wieder plötzlich einen Ausfall gibt. Aber eigentlich klappt es mit dem E-Rezept, und die meisten meiner Kunden haben auch eines.“ Von einem Arzt wisse er, die Nutzung des Papierrezepts müsse im Einzelfall begründet werden.