Neu ausgewiesenen Fahrradstraßen, ein Radroutenring sowie neue Anlehnbügel: Rheinbach setzt ein Zeichen für die Verkehrswende der Stadt.
Fahrradstraßen, ein Radroutenring und bequeme VerbindungenVorrang für den Radverkehr in Rheinbach
Bei den Fahrradklimatests der Radfahrervereinigung ADFC hat Rheinbach trotz leichter Verbesserungen in der Vergangenheit stets schlecht abgeschnitten. Mehr als eine „Vier“ und hintere Plätze im Bundes- und Landesvergleich kamen dabei nie heraus. Möglicherweise gelingt demnächst aber ein deutlicher Sprung nach vorne, denn nicht nur die großzügige Mobilstation am Bahnhof ist ein Zeichen für die Verkehrswende in der Stadt.
Am Mittwoch wurden mit der Bachstraße und dem Stadtpark die nächsten Fahrradstraßen ausgewiesen. Die Kriegerstraße und die Kleine Heeg bis zum Eulenbach sind ebenfalls Teil des Konzepts, das der Stadtrat noch vor der Kommunalwahl 2020 beschlossen hatte. Der ADFC und engagierte Bürger hatten daran mitgearbeitet. Im Internet haben die Arbeiten der Stadtverwaltung eine heftige Diskussion ausgelöst. Von „ideologischem Aktionismus ohne ein vernünftiges Verkehrskonzept“ war da die Rede. Zahlreiche Schreiber äußerten die Meinung, die Straßen dürften nicht mehr mit dem Auto befahren werden. Das ist aber falsch, eine entsprechende Beschilderung vorausgesetzt. „Veränderungen sind am Anfang immer schwer“, versuchte SPD-Ratsfrau Martina Koch die Gemüter zu besänftigen.
„Verkehrswende mit Köpfchen“
Die FDP Rheinbach begrüßt die erhöhte Sicherheit für Radfahrer, lehnt das Durchfahrtsverbot für andere Verkehrsteilnehmer allerdings ab. Ihr sachkundiger Bürger Marc Frings hat für die nächste Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Mobilität beantragt, dass alle in Rheinbach umgewandelten Fahrradstraßen um ein Zusatzschild ergänzt werden und so Kraftwagen und Krafträdern die Benutzung erlaubt wird. Der Schutz der Radfahrer bleibe erhalten. Frings: Die angestrebte Mobilitätswende funktioniert nur, wenn wir alle Bürger mitnehmen und nicht Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen.
Die Straßenverkehrsordnung erlaubt in Fahrradstraßen eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Falls Pkw und Motorräder zulässig sind, dürfen sie den Radverkehr weder behindern noch gefährden. Sie dürfen also nicht drängeln, wenn Radler nebeneinander fahren – was hier ausdrücklich erlaubt ist. Entlang von Kreuzungen heben rote Straßenmarkierungen und Piktogramme die Einfahrt in eine Fahrradstraße hervor. Die Arbeiten werden voraussichtlich in der nächsten Woche abgeschlossen. Im Anschluss daran erfolgt die Beschilderung. Die Fahrradstraßen sind Teil des Projekts „Zukunftsorientiertes Radverkehrsnetz Rheinbach“, das bis 2026 umgesetzt werden soll. Sie sind auch Teil des Radroutenrings auf „Nebenstraßen“ in der Innenstadt. Diese komfortabel zu befahrenden Verbindungen sollen auch zu den größeren Ortschaften außerhalb der Kernstadt geschaffen werden, die eine Arbeitsgruppe des Stadtrats erarbeitet hat.
Radweg Merzbach-Rheinbach
Von der Mitte Merzbachs aus kann man jetzt mit dem Fahrrad über Wohnstraßen, Wirtschaftswege und den Radweg an der Landstraße sehr gut bis nach Rheinbach auf durchgehend asphaltierten oder gepflasterten Wegen fahren — ohne Ampel und ohne Mischverkehr mit Autos auf einer Hauptverkehrsstraße. Die Route im Netz der Radregion Rheinland führt über einen Waldweg durch den Stadtwald, ist aber eher für Freizeitradler attraktiv. Die Route, die die Arbeitsgruppe festgelegt hat, führt dagegen auf direkterem Weg über den neu geteerten Radweg neben der Landstraße am Waldhotel vorbei und ist für den Alltag deutlich besser geeignet. So sollen die Bürger animiert werden, mehr kurze Fahrten im Stadtgebiet mit dem Rad statt mit dem Auto zurückzulegen.
„Das nützt der Umwelt, dem Klima, der Gesundheit des Einzelnen und sogar denen, die weiterhin mit dem Auto fahren, denn auf den Hauptverkehrsstraßen ist dann weniger los“, so SPD-Verkehrsexperte Georg Wilmers, der Leiter der Arbeitsgruppe, der je zwei Mitglieder der fünf Fraktionen angehörten: Neben ihm Thomas Burke und Mechthild Heil (CDU), Eva Vary, Urte Seiffert-Schollmeyer und Niels Lenke (Grüne), der Ratsherr Dieter Huth und der Sachkundige Bürger Albert Wessel von der UWG sowie Carlo Knapp und der damalige Ratsherr Sebastian Ruland von der FDP. Sie verständigte sich auf Qualitätskriterien, identifizierte und befuhr mögliche Routen mit dem Rad, legte die endgültigen Routen und Maßnahmen zur Herstellung einer guten Qualität fest und machte einen Vorschlag für die Beschilderung.
Am Uhlandweg trifft der Radweg auf den geplanten Radroutenring Richtung Innenstadt. Ähnlich gut befahrbare Routen hat die Arbeitsgruppe zur Anbindung von Wormersdorf, Flerzheim, Ramershoven, Peppenhoven, Niederdrees, Oberdrees, Loch/Queckenberg, Irlenbusch und Neukirchen festgelegt — insgesamt über 25 Kilometer. Bis auf 170 Meter Schotterweg auf der Route nach Irlenbusch und Neukirchen ist eine gut befahrbare Oberfläche vorhanden. Lediglich Todenfeld und Hilberath sind derzeit auf den vorgesehenen Routen nur über die Landstraße 492 zu erreichen. Hier müsste ein Radweg gebaut werden. Die übrigen Routen sollen noch dieses Jahr rote Schilder erhalten, die bereits für das NRW-Radwegenetz und das Knotenpunktnetz der Radregion Rheinland verwendet werden. Die gute Qualität der Routen soll dabei durch ein Logo erkennbar sein. „Außerorts, wo keine Beleuchtung ist, sollen die Routen später weiße Begrenzungsstreifen erhalten, die im Dunklen eine gute Orientierung ermöglichen, selbst wenn man durch entgegenkommende Fahrzeuge geblendet wird“, so Wilmers, der auch im ADFC aktiv ist.
Anlehnbügel für ein sicheres Abstellen der Räder
Zum Ausbau der Radinfrastruktur gehört das sichere Abstellen von Fahrrädern an ausgewählten Standorten. Auch diese Maßnahme hat begonnen. Die ersten Ergebnisse sind an der Martinstraße entlang dem Springbrunnen bis hin zu Bushaltestelle, auf dem Prümer Wall, dem Altstadtplatz und vor dem Friedhof Sankt Martin sichtbar. Weitere Anlehnbügel in zentraler Lage sind im Bereich der Hauptstraße, dem Lindenplatz, Deinzer Platz und Bürgerhausplatz, der Polligsstraße, Grabenstraße, Vor dem Dreeser Tor und vor dem Rathaus vorgesehen. Teilweise fallen dafür Pkw-Stellplätze weg.
Darüber hinaus wird auch das Angebot im Bereich der Stadthalle, der Spielplätze im Stadtpark und der Zugänge zum Freizeitpark optimiert, wo ebenfalls die alten „Felgenkiller“ verschwinden. Wo es möglich ist, sollen die Abstände so groß gewählt werden, dass auch Lastenräder angeschlossen werden können, teilte die Stadt mit, die Geld aus dem Sonderprogramm „Stadt und Land“ erhalten hat.