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ADFC-FahrradklimatestRheinbach nur als „ausreichend“ bewertet

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Bauarbeiten Rheinbach Mobilitätsstation Bahnhof

Die im Bau befindliche Mobilitätsstation am Rheinbacher Bahnhof soll auch für den Radverkehr Impulse bringen.

Mit einer Gesamtbewertung von 4,3 landete die Glasstadt beim ADFC-Fahrradklimatest 2022 erneut weit hinten im bundesweiten Ranking der Städte zwischen 20.000 und 50.000 Einwohnern.

In Rheinbach sei der Aufschwung von 2020 verflogen, bemerkte dazu Dr. Georg Wilmers von der ADFC-Ortsgruppe Rheinbach. Gemeinsam mit Mitstreiter Fritz Spiering legte er im Rathaus dem Technischen Beigeordneten Torsten Bölinger und Mobilitätsmanagerin Nicole-Karolina Rokicki eine detaillierte Auswertung vor. Vor zwei Jahren habe sich die Stadt von einer durchschnittlichen Bewertung von 4,9 im Jahr 2014 auf eine Durchschnittsnote von 4,2 hochgearbeitet, so Wilmers.

Das Scheitern des geplanten Radverkehrsnetzes mit den „Blauen Straßen von Rheinbach“ am Widerstand des Kreises habe sich in einer schlechteren Bewertung niedergeschlagen. Das Nachfolgekonzept des „Zukunftsorientierten Radverkehrskonzepts“ sei für die Befragten noch nirgendwo erkenn- oder gar erfahrbar gewesen, führte Wilmers als Leiter der ADFC-Verkehrsplanungsgruppe aus: „Rheinbach bietet gute Voraussetzungen zum Radfahren, aber das große Potenzial wird bislang nicht genutzt.“ Der Fachmann für Verkehrsplanung prognostizierte ein besseres Ergebnis beim nächsten Test, „wenn Rheinbach das zukunftsorientierte Radverkehrsnetz und das Konzept der Radverkehrsanbindung der Ortschaften umgesetzt hat“.

162 Rheinbacher nahmen an Befragung teil

Von September bis November nahmen 162 Rheinbacher an der Befragung teil und beurteilen, wie gut die Radwege sind – ob sie beispielsweise im Winter geräumt werden, oder ob die Fahrer sich unterwegs sicher fühlen. Die Radler beantworteten 27 Fragen und zum ersten Mal Zusatzfragen zu Schwerpunkten im ländlichen Raum. Mit der Note 4 und schlechter bewertet wurden zahlreiche Kategorien, dazu zählen enge, zugewachsene und allgemein schlecht gepflegte Fahrradwege mit problematischen Oberflächen, fehlende Abstellmöglichkeiten, unvorteilhafte Ampelschaltungen für Radfahrer vor allem an der Umgehungsstraße, eine miserable Führung an Baustellen und generell ein mangelhaftes Sicherheitsgefühl.

Zwei Drittel der Befragten, also 108 von 162, fühlen sich nicht sicher und sie geben an, dass Radfahren für sie Stress bedeute. Ein knappes ausreichend (4,3) gab es für die Fahrradfreundlichkeit. Unzufrieden seien Radfahrer auch mit der Fahrradförderung in jüngster Zeit, so Wilmers. Lichtblicke hab es beim öffentlichen Fahrradleihsystem (Note 3,1) gegeben, das leider auch als eines der unwichtigsten Themen wahrgenommen werde, so Wilmers.

Als positiv erachtet wurden die für Radler in Gegenrichtung befahrbaren Einbahnstraßen und die Erreichbarkeit des Stadtzentrums. Ein Kommentar zur Hauptgeschäftsstraße beschreibt die Innenstadt allerdings als „fürchterlich“ und „völlig überlastet von Autos und Abgasen“. Ein weiterer Kommentar beschreibt Radfahren in der Stadt als eng, hektisch und sehr gefährlich: „Meine Ziele erreiche ich über Umwege.“ Als unsicher wurde die Führung des Radverkehrs im Mischverkehr erachtet: „Ein paar Markierungen auf der Straße machen noch lange keinen Radweg.“ Für Radfahrer sei kaum Platz geschaffen worden, Radwege seien zurückgebaut zugunsten der Autofahrer. Eine ausreichende Zahl an Fahrradwegen gebe es hingegen zu den Nachbarorten, schrieb ein weiterer Teilnehmer.

Mobilstation und Co.

Maßnahmen zur Verbesserung des Fahrradklimas in Rheinbach kündigte Bölinger an: „Radfahren muss in Rheinbach sicher sein und Freude machen.“ Noch in diesem Jahr sollten Projekte umgesetzt werden, andere befänden sich in Planung. Ende des Sommers etwa werde eine Mobilstation am Bahnhof fertig. Dort solle es so komfortabel zugehen, wie am Haltepunkt „Rheinbach Römerkanal“, wo der Radverkehr mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gut verknüpft sei. Vorgesehen sind 172 überdachte Fahrradabstellplätze mit 86 Anlehnbügeln, 29 abschließbaren Fahrradboxen zum Anmieten und einer E-Bike-Verleihstation, „das Herz der Fahrradabstellanlage“, so Bölinger.

Die neue Anlage ergänze die vorhandene Infrastruktur mit Bahnhaltepunkt, Busbahnhof, Taxistand und Parkplätzen. Die Mobilstation am Bahnhof soll den Wechsel zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln ermöglichen und das sichere Abstellen des Fahrrads gewährleisten. Die alten Fahrradhalterungen, auch „Felgentöter“ genannt, wie sie noch im alten Unterstand gegenüber dem Bahnhof zu finden seien, gehörten dann der Vergangenheit an. Ziel sei es, so Bölinger, die Bevölkerung zur stärkeren Nutzung von Bus, Bahn und Rad zu animieren und den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Auch eine Querungsmöglichkeit ins Majolika-Areal sei geplant. Am Pflaster wird schon gearbeitet.

Aktuell werde zudem ein Radweg parallel zur Bahn entlang der Keramikerstraße gebaut. Geplant seien ferner ein Radroutenring in der Kernstadt und die Entwicklung eines Wegekonzeptes zur Anbindung der Ortschaften. Die Routen sollen Fahrradfahrer in die Lage versetzen, „einfach, zügig und mit möglichst wenig Gefahren durch Kreuzungs- und motorisierten Verkehr durch Rheinbach zu fahren“. Auf ausgewiesenen Wegen sollen Radfahrer, die sich weiterhin mit Autos die Straße teilen, Vorrang haben, Kreuzungen werden mit Fahrradpiktogrammen markiert, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 Stundenkilometer. Bölinger: „Die Idee des Ringes ist es, zügig durchzukommen.“ Der Ring sei ein weiterentwickeltes Konzept der sogenannten „blauen Straßen“, für die sich die ADFC-Ortsgruppe einsetzt. Fritz Spiering ist immer noch überzeugt, dass diese Wege blau sein müssten.