In der seit Monaten kontrovers geführten Auseinandersetzung über die Nachfolge des zum Jahresende 2022 in den Ruhestand getretenen Rheinbacher Kämmerers Walter Kohlosser hat sich Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) vorerst gegen die schwarz-grüne Mehrheit im Stadtrat durchgesetzt.
Bürgermeister setzt sich durchChristian Lanzrath soll Kämmerer in Rheinbach werden
Banken hat den derzeitigen Co-Vorsitzenden des SPD-Ortsverbandes Alfter, Christian Lanzrath (35), eingestellt - allerdings nicht als Kämmerer, sondern zunächst nur als Fachbereichsleiter für das Finanzmanagement und das Wasserwerk. „Der Bürgermeister beabsichtigt, ihn anschließend zum Kämmerer der Stadt Rheinbach zu bestellen“, erklärte Stadtsprecher Norbert Sauren in der vergangenen Woche gegenüber der Bonner Rundschau. Dies seien ausweislich der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Beamtenrechts zwei unterschiedliche Vorgänge. Wobei Sauren betont, dass Lanzrath entgegen der Ansicht von CDU und Grünen im Stadtrat die Anforderungen erfülle. Dem Kämmerer stünden deutlich mehr Rechte zu als einem Fachbereichsleiter, so besitze beispielsweise laut Gemeindeordnung ausschließlich dem Kämmerer das Recht, die Haushaltssatzung der Stadt aufzustellen.
Wann der Alfterer seine Stelle antritt, ist noch nicht klar. Derzeit ist er beim Eisenbahn-Bundesamt in Bonn beschäftigt. „Die beiden Behörden sind im Augenblick noch im Austausch hinsichtlich des Wechseltermins“, weist Sauren auf die noch laufende Kündigungsfrist hin.
Ein halbes Jahr kontroverse Diskussionen
Im Vorfeld der Personalentscheidung hatte es über ein halbes Jahr lang kontroverse Diskussionen gegeben. CDU und Grüne fanden die aus zwei Ausschreibungen hervorgegangenen Bewerber allesamt nicht ausreichend qualifiziert und blockierten mit ihrer Mehrheit die eigentlich vorgesehene Wahl von Lanzrath. Allerdings präsentierten sie auch keinen Gegenkandidaten und verfügten zudem nicht über eine Zwei-Drittel-Mehrheit, mit der sie den Kandidaten hätten ablehnen können. Als Folge dieser Pattsituation fiel Banken, der ohnehin das Vorschlagsrecht für diese Stelle besitzt, laut Gemeindeordnung das Recht zu, die Stelle in eigener Verantwortung zu besetzen.
Zumindest bei der SPD findet die Entscheidung Zustimmung. Fraktionsvorsitzende Martina Koch: „Da das Einvernehmen mit den von der Rheinbacher Bevölkerung gewählten politischen Vertretern nicht hergestellt werden konnte, hat der Bürgermeister die Entscheidung gemäß der Hauptsatzung der Stadt und der Gemeindeordnung NRW getroffen. Das hält die SPD für richtig.“ Es sei nicht das geringste Anzeichen erkennbar, dass weitere Ausschreibungsrunden die Bewerberlage verbessert hätten. „Der Beste sollte es werden, und den Besten hat der Bürgermeister nun ausgewählt“, ist Koch überzeugt. Das monatelange Blockieren und Scharmützeln sei von Schwarz-Grün auf unerklärliche Weise auf die Spitze getrieben worden. „Aber nur, um die Arbeit der Stadtverwaltung um Bürgermeister Ludger Banken zu lähmen“, ist sich Koch sicher.
Ein solches Verhalten sei für die Rheinbacher Sozialdemokraten nicht weiter akzeptabel und schade nicht nur der Verwaltung. „Es schadet nachhaltig auch dem Image der Stadt Rheinbach, vor allem als attraktive Arbeitgeberin.“ Ganz anders sieht das die Rheinbacher CDU und teilte ihrerseits mit: „Entgegen den Veröffentlichungen hat Rheinbach keinen neuen Kämmerer und wird diesen auch auf absehbare Zeit nicht haben.“ Bürgermeister Banken habe nämlich einen Bewerber eingestellt, der die Qualifikation nicht vorweisen könne.
„Obwohl der Bürgermeister im Vorfeld erklärte, keine Entscheidung gegen die breite Mehrheit des Rates zu fällen, hat er nun genau das getan“, kritisiert Pressesprecher Dr. Timo Wilhelm-Buchstab. CDU und Grüne hätten sich bereits Mitte Oktober für eine Neuausschreibung der Stelle ausgesprochen. „Stattdessen versuchte der Bürgermeister nun, seinen Wunschkandidaten mit aller Macht durchzudrücken.“ Aufgrund der Flut, Corona und der erneuten angespannten Flüchtlingssituation wäre es nach Ansicht der CDU immens wichtig gewesen, einen ausreichend qualifizierten und von allen Seiten akzeptierten Kämmerer zu haben. „Da es diesen weiterhin nicht geben wird, muss nun der Bürgermeister zusätzlich die Funktion des Kämmerer übernehmen.“ Bereits jetzt seien die vom Rat beschlossene Vorhaben erheblich ins Stocken geraten, und es sei zu befürchten, dass die Situation durch die „einsam gefällte Entscheidung des Bürgermeisters“ nicht besser werde.
Zur Person
Christian Lanzrath wurde 1987 in Bonn geboren und wuchs in Bonn-Lessenich und Alfter-Gielsdorf auf. Sein Abitur machte er 2007 am Collegium Josephinum in Bonn und legte anschließend 2010 die Staatsprüfung zum Diplom-Verwaltungswirt an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung in Köln ab. Beim Eisenbahnbundesamt ist er als Beamter im Aufgabenbereich der Organisationsentwicklung/Prozessmanagement tätig. Zuvor war er zwölf Jahre lang bei der Stadtverwaltung Bonn beschäftigt.
Lanzrath ist verheiratet und hat drei Kinder, er engagiert sich in vielen Vereinen. So ist er Mitglied der Löschgruppe Gielsdorf der Freiwilligen Feuerwehr Alfter, unterstützt den Junggesellenverein „Männerreih“ Gielsdorf und den Trägervereins des Dorfgemeinschaftshauses. Auch die Wasserturmfreunde Gielsdorf und der Förderverein für Heimat und Naturschutz Oedekoven können auf seine Mitgliedschaft zählen. In seiner Freizeit ist er gerne mit dem Rennrad in Vorgebirge und Voreifel unterwegs. Zur Arbeit nach Bonn pendelt er ebenfalls mit dem Fahrrad. Mit Blick auf das noch laufende Abstimmungsverfahren zwischen aktuellem und künftigem Arbeitgeber wollte Lanzrath keine weitere Stellungnahme abgeben.