ADFC-GruppeFür die „blauen Straßen von Rheinbach“ eingesetzt
Rheinbach – Radfahrer haben in Rheinbach keinen leichten Stand. Diese Erfahrung hat der 150 Mitglieder starke Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in den vergangenen Jahren gemacht. Für diese Einschätzung spricht auch das Ergebnis des Fahrradklima-Tests 2018, bei dem die Stadt erneut miserabel abschnitt und mit einer Schulnote von 4,5 lediglich auf Platz 300 von 311 teilnehmenden Städten und Gemeinden in Deutschland kam. Um die Situation der Fahrradfahrer zu verbessern, hat der ADFC bei der Stadtverwaltung ein Bürgerbegehren „Radentscheid Rheinbach“ initiiert, in dem vier Forderungen aufgestellt werden.
„Wir setzen uns für einen besseren Radverkehr in Rheinbach ein“, erklärte der Ortsgruppenvorsitzende Dietmar Pertz jetzt bei einem Pressegespräch. Bereits 2016 habe der ADFC ein 60-seitiges Konzept erarbeitet, „doch bis heute ist so gut wie nichts davon umgesetzt.“ Deshalb habe man nun einen neuen Ansatz gewählt und eigentlich vorgehabt, den „Radentscheid Rheinbach“ als Bürgerbegehren zu starten. Das teilte der ADFC auch der Verwaltung mit, deren Aufgabe es sei, eine Kostenschätzung für die Forderungen zu ermitteln.
Auf offenen Ohren gestoßen
Sehr zur Freude der Fahrradfreunde sei man dort auf offene Ohren gestoßen, und nicht nur das, Bürgermeister Stefan Raetz (CDU) habe die Vorschläge so gut gefunden, dass die Stadtverwaltung nun selbst das Thema im Stadtrat einbringen wolle und dafür eine Vorlage erarbeite. Noch in dieser Legislaturperiode soll das Thema behandelt werden. Deshalb hat der ADFC das Bürgerbegehren zunächst zurückgestellt, denn wenn der Rat den Forderungen zustimme, sei das Ziel ohnehin erreicht.
Viele würden gerne in Rheinbach mit dem Rad fahren, täten es aber nicht, weil sie es für zu gefährlich und beschwerlich hielten, so der ADFC-Verkehrsexperte Dr. Georg Wilmers. „Es ist einfacher, das Auto zu benutzen, das in Rheinbach absolute Priorität hat.“ Deshalb brauche man in Rheinbach endlich eine Verkehrspolitik, die nicht das Auto in den Mittelpunkt stelle, sondern das Bedürfnis der Menschen, mobil zu sein. Insbesondere im Kernstadtbereich sowie bei Entfernungen bis zu sieben Kilometern sei das Fahrrad eine sinnvolle Alternative, die bisher aufgrund mangelnder oder unsicherer Struktur für viele Menschen in der Stadt nicht attraktiv sei. Das treffe auf etwa 60 Prozent der Bürger zu, was ein enormes Potential für den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad bedeute und damit eine gigantische CO2 -Einsparung nach sich ziehen könnte.
Netz von Radrouten durch die Stadt
Hauptforderung sind die „blauen Straßen von Rheinbach“, ein Netz von autoverkehrsarmen Routen für Radfahrer in der Innenstadt mit ebenen Wegen, ohne Stolperkanten und anderen Hindernissen. Die „blauen Straßen“ sollten auf jeden Fall mit Tempo 30 ausgeschildert sein und wenig Autoverkehr aufweisen. Für die gewünschten sieben Kilometer rechne man mit Kosten im einstelligen Millionenbereich.
Außerdem sollen innerhalb von fünf Jahren zügig und direkt befahrbare Radverkehrsachsen in der Kernstadt sowie zwischen den Ortschaften und der Kernstadt geschaffen werden, ergänzte Mitorganisatorin Miriam Wüscht. Dafür könne unter anderem das in den 80er Jahren gut ausgebaute Radwegenetz reaktiviert und modernisiert werden. Weiter sollen in den nächsten fünf Jahren 250 gut zugängliche, öffentlich nutzbare Abstellplätze in der Kernstadt eingerichtet werden – mit stabilen Gelegenheiten, ein Fahrrad anzuschließen. Nicht zuletzt soll die Stadt fahrradgerechter Schulwegrouten festlegen. Dazu gehöre auch, dass alle städtischen Schulen überdachte Fahrradabstellanlagen mit Möglichkeiten erhalten, ein Rad daran anzuschließen.
Verkehre voneinander trennen
„Ein gedeihliches Nebeneinander funktioniert nur, wenn man die Verkehre voneinander trennt“, weiß Fritz Spiering, einer der Autoren des Radverkehrskonzepts von 2016. Mit den „blauen Straßen von Rheinbach“ könne man eine intuitive Führung für Radfahrer erreichen und ihnen so das Leben leichter machen. Und auch die Finanzierung sei nicht das große Problem, denn für die Förderung des Radverkehrs gebe es zahlreiche Fördertöpfe mit Zuschüssen bis zu 90 Prozent, die man nur anzapfen müsse. Nun hoffe man darauf, dass die Stadt die Forderung des ADFC auf freiwilliger Basis umsetzte, denn andernfalls werde man doch noch das Bürgerbegehren „Radentscheid Rheinbach“ in die Wege leiten.
Unlängst hatte auch die SPD im Stadtrat Bürgermeister Stefan Raetz (CDU) aufgefordert, unverzüglich ein Fußgänger- und Radwegekonzept für Rheinbach in Angriff zu nehmen. Es gehe darum, das größte Potenzial zur Reduzierung der CO2 -Emissionen in der Stadt zu nutzen. Das sei 2010 als Ziel im Handlungskonzept Klimaschutz genannt worden. Dass die Stadt es erst 2023 im Zusammenhang mit der Entwicklung eines integrierten Verkehrsentwicklungsplanes vorlegen wolle, sei viel zu spät, kritisiert Koch.