„Abiturprüfungen! Bitte Ruhe“, sollte es eigentlich am gestrigen Mittwoch heißen. Doch eine technische Störung beim Herunterladen der Aufgaben machte den Abiturienten, Lehrkräften und allen anderen Beteiligten einen Strich durch die Rechnung: die schriftlichen Prüfungen mussten auf Freitag verschoben werden. Wie haben die Schulen der linksrheinischen Kommunen dieses Chaos erlebt?
Reaktion auf Abitur-Panne in Rhein-SiegAchteinhalb Stunden Unsicherheit
„Es ist eine Situation, die so nicht vorgesehen ist und uns überrascht hat“, erklärte der stellvertretende Schulleiter des Städtischen Gymnasiums Rheinbach Marcelo Jansen. Es habe ihn und seine Kollegen in einen Schwebezustand gebracht und beschäftige viele Menschen, die in die Planung der Prüfungen involviert sind. „Letztendlich müssen wir uns danach richten, was möglich ist und was nicht möglich ist“, so Jansen.
Einen Tag vor der Prüfung könnten die Aufgaben im Normalfall heruntergeladen werden, dann beginne die Arbeit für die Lehrkräfte: „Es ist ein nicht ganz unaufwendiger Vorgang, der sich über mehrere Stunden erstreckt“, erläutert der stellvertretende Schulleiter die Vorbereitungen auf die Abiturprüfungen.
Absage der Prüfungen kam um 20.30 Uhr
Um 20.30 Uhr seien die Prüfungen am Dienstagabend endgültig abgesagt worden, per E-Mail an die Schulleiter. „Davor gab es achteinhalb Stunden Unsicherheit darüber, ob sie stattfinden oder nicht und ob die Probleme behoben werden konnten“, berichtete Jansen von den Ereignissen. Kollegen und Schulleitung hätten sich in der Zeit bereithalten müssen. Das sei unangenehm für alle Beteiligten gewesen. „Erst nach der endgültigen Absage war es möglich, die Schülerschaft zu informieren. Es war eine sehr lange Zeit, die wir warten mussten, um weitere Handlungsschritte in die Wege zu leiten.“ Bei dieser Störung handele es sich um eine Premiere, das Zentralabitur gebe es schon seit einigen Jahren, aber das sei das erste Mal, dass eine solche Problematik vorlag, so Jansen.
„Ich habe keine Reaktionen der Schüler erlebt, trotzdem ist es eine nicht ganz zufriedenstellende Situation. Aber es ist heute kein Schüler aufgetaucht, der dachte, er müsse heute Klausur schreiben“, fügte der stellvertretende Schulleiter schmunzelnd hinzu. Das Kollegium habe professionell reagiert. „Aber das Gefühl, nichts machen zu können, hat uns gestern bewegt“, stellte Jansen fest. Der ganze Tag müsse nun wieder neu organisiert werden. Jansen: „Wir sind gespannt, ob alles reibungslos mit dem Download klappt.“
Auch am Gymnasium in Meckenheim stand das Lehrerkollegium vor dem Problem, nicht an die Prüfungen ranzukommen: „Gespannt sitzt man hier und wartet darauf, dass man die Aufgaben bekommt“, berichtete der Schulleiter des Konrad Adenauer-Gymnasiums, Dirk Bahrouz. Lange habe sich nichts getan. „Mehrfache Versuche, sich einzuloggen, scheiterten.“ Alle seien jedoch relativ ruhig geblieben.
Irgendwann habe sich jedoch die Frage gestellt, wie lange die Lehrkräfte abwarten sollten. „Ich habe meine Lehrer um 16 Uhr nach Hause geschickt“, so Bahrouz. Wäre ein Download im Laufe des Nachmittags oder Abends wieder möglich gewesen, hätten sie noch Mittwochmorgen die Vorbereitungen treffen können. Das wäre jedoch nur möglich gewesen, weil sie nicht so viele Schüler hätten, die in den betreffenden Fächern geprüft werden, erklärte der Schulleiter. „Wir waren nicht aufgeregt, aber enttäuscht“, erläuterte Bahrouz die Situation. „Ich sehe das gelassen, aber mir tut es für die Schüler leid, und die Kollegen, die warten mussten“.
Viel gewohnt wegen der Corona-Pandemie
Bahrouz sehe das nicht als Chaos an. Sie seien wegen der Corona-Pandemie und den Folgen dessen einiges gewohnt. „Es handelt sich dabei um einen weiteren Mosaikbaustein der Digitalisierung des Schulsystems, so sehe ich das. Wir tragen das mit Fassung. Und es ist schließlich wichtig, dass das Abitur ordentlich abläuft“, führ der Schulleiter weiter aus. „Die Kommunikation hätten wir uns anders gewünscht“, so Bahrouz. Das sei auch die größte Kritik an der Panne und den damit einhergegangenen Schwierigkeiten, die seines Erachtens auch berechtigt sei. Der Schulleiter habe Schüler und Lehrer über die Verschiebung der Prüfungen informiert, als die Entscheidung des Ministeriums feststand. „Die Absage kam erst um 20.30 Uhr. Ich weiß, dass sich viele Schüler geärgert haben“, erklärt er. Es sei nun ein Mehraufwand, da neu geplant werden müsse. „Heute hat der Download reibungslos geklappt“, freute sich Bahrouz und blickt optimistisch auf die kommenden Prüfungstage.
Petra Hennigfeld, stellvertretende Schulleiterin am Erzbischöflichen St. Joseph-Gymnasium Rheinbach, ist verantwortlich für den Download der Abiturprüfungen: „Normalerweise klappt alles geschmeidig, am Dienstag aber nicht“, schilderte Hennigfeld. Sie hätten um 12.30 Uhr angefangen, die letzte Mail sei dann gehen 20.30 Uhr gekommen. Um halb sieben hätten sie sich entschieden, Pizza zu bestellen, während Hennigfeld alle paar Minuten die Webseite aktualisiert habe, berichtete sie gegenüber der Rundschau. „Zunächst dachten wir, dass es am eigenen Internet liegen könnte. Dann haben wir uns aber mit den Schulleitungen der Gegend vernetzt und festgestellt, dass bei allen das gleiche Problem vorliegt“, so die stellvertretende Schulleiterin.
Kritik an Kommunikation des Ministeriums
Die Kollegen seien nicht begeistert gewesen, aber sie hätten Glück gehabt: „Alle sind geblieben und die Stimmung ist nicht ganz gekippt“. Nur Abends hätten sie sich Sorgen gemacht, dass ihre Schüler über die Presse von den Schwierigkeiten erfahren, als die Meldung über technische Probleme beim Download in den Medien kursierte. „Wir haben eine beruhigende Nachricht an unsere Schüler geschickt“, erklärte Hennigfeld. Die Kommunikation laufe über das Portal Moodle. Darüber seien die Abiturienten auch informiert worden, als klar war, dass die Prüfung verschoben wird. „Zusätzlich dazu haben wir unsere Schüler persönlich kontaktiert und kurz mit ihnen gesprochen“, sagte die stellvertretende Schulleiterin.
Die Reaktionen seien unterschiedlich ausgefallen, im Endeffekt hätten sie und ihre Kollegen die jungen Erwachsenen aber „ganz gut beruhigen können“. „Ich glaube es war ganz wichtig, dass dann endlich eine Entscheidung fiel. Vielleicht hätten wir uns die noch etwas früher gewünscht“, führte Hennigfeld an. Ihr Hauptkritikpunkt sei nicht, dass es zu technischen Störungen kam: „Es wurden uns Mails angekündigt, aber diese kamen nicht zu der angekündigten Zeit. Das nervt. Wenn ich ein Zeitfenster setze, bemühe ich mich ja, das auch zu erfüllen“. Hennigfeld wünsche sich demnach, dass solche Ansagen eingehalten werden. „Ich sehe sehr gespannt dem Download am Donnerstag entgegen. Am Mittwoch hat alles super funktioniert und ich hoffe, dass alles auch weiterhin so gut klappt“, zeigte sie sich zuversichtlich.