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PflegeberufeWie ein Kurs in Bonn Menschen mit Migrationshintergrund den Einstieg erleichtert

Lesezeit 5 Minuten
Miriam Chinwendu

Miriam Chinwendu hat den MüMi - den "Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“-Kurs besucht.

Der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe bildet viele Anwärter mit Migrationshintergrund aus.

„Ich vermisse den MüMi-Kurs. Dort habe ich richtig Deutsch sprechen gelernt.“ Uzoukwu Miriam Chinwendu (34) erinnert sich nur zu gerne an die Zeit im so genannten „Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“-Kurs. Der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe bot diesen Kurs Bewerbern mit Migrations- und Fluchthintergrund als Vorbereitung für ihre Ausbildung an. „Ich habe nur tolle Erinnerungen daran, habe mich immer aufgehoben gefühlt und Freundinnen gewonnen“, so Chinwendu, die 2015 aus Nigeria nach Deutschland gekommen ist. Neben der Sprache habe man auch viel über Deutschland gelernt, worauf es hier im Alltag ankomme und wie das Land funktioniere.

Birgit Schierbaum, stellvertretende Geschäftsführerin der Ausbildungseinrichtung im Bonner Ortsteil Dransdorf bedauert, dass dieses Angebot nicht weiter fortgeführt wird und kritisiert die Politik. „Dass sehr erfolgreiche Projekte wie der MüMi-Kurs nach dem Ablaufen der Förderung nicht weiterfinanziert wird, verstehe ich nicht. Da appelliere ich an die Politik, Konzepte, mit denen wir gesellschaftliche Herausforderungen nachweislich lösen können, institutionell zu fördern.“ Stand jetzt, hangele man sich von Projektförderung zur nächsten – zum Preis von Planungsunsicherheit und hohem Verwaltungsaufwand.

Uzoukwu Miriam Chinwendu hat nach den erforderlichen und knapp ein Jahr andauernden Integrations- und Deutschkursen ein Praktikum in der ambulanten Pflege bei einem Betreuungsdienst in ihrem Wohnort in Alfter absolviert und dann ihre Ausbildung in der Pflegeschule in Dransdorf begonnen. Schulleiterin Marion Kowe stellt heraus, worauf es bei dem Angebot in der Ausbildungseinrichtung ankommt: „Mit unserem Bonner Modell können wir auch sehr viele Anwärter aufnehmen, die von ihren Schulstandards und Sprachkenntnissen noch nicht geeignet sind und sie auf die Anforderungen der Ausbildung vorbereiten.“

Sämtliche Kurse unter einem Dach

Der große Vorteil: Alles sei unter einem Dach – angefangen bei den Integrationskursen und weiter über die Berufsplanungen, Hauptschulabschluss, Pflegeausbildungen sowie die Fortbildungen in den Pflege- und Gesundheitsberufen. In der Bonner Ausbildungseinrichtung liege der Anteil der Anwärter mit Migrations- und Fluchthintergrund somit regelmäßig bei bis zu 40 Prozent. Kowe ist sicher, dass dieser Ansatz in ganz Nordrhein-Westfalen zum Einsatz kommen könnte.

Birgit Schierbaum, die auch den Bereich „vorbereitende Sprachkurse und Integrationsprojekte“ leitet, fügt hinzu, dass dieses Modell vor allem Anwärtern, die noch nicht lange in Deutschland leben, Sicherheit gibt. „Sie wissen, dass es nach Kurs A im nächsten Ausbildungsmodul im Haus weitergeht. Dadurch spüren sie, dass wir ihnen eine echte Chance bieten können.“

Die Troisdorferin Lina Hagemeier (25) ist da schon ein Stück weiter. Sie hat ihre Ausbildung als Pflegefachfrau in Bonn-Dransdorf bereits erfolgreich abgeschlossen und ihr Zeugnis in der Tasche. „Beeindruckt hat mich vor allem meine Hospitanz zur Betreuung von behinderten Kindern – auch wenn es nicht immer ganz leicht war.“ Dazu hätten ihre Ausbilder in den Schulkursen gelehrt, dass man über die eigenen Erlebnisse mit den Kollegen und Vorgesetzten reden und die Probleme nicht unausgesprochen mit nach Hause nehmen sollte, erläutert Hagemeier.

Lina Hagemeier

Lina Hagemeier hat ihren Abschluss bereits in der Tasche und führt eine Pflegesituation im neuen Übungsraum der Pflegeschule in Bonn-Dransdorf vor.

„Das kann auch mal emotional werden. Da bin ich, glaube ich, nicht alleine.“ Um abzuschalten, helfen ihr aber auch Spaziergänge und Sport. Die Bonner Pflegeschule bietet den Anwärtern die seit 2020 gesetzlich vorgeschriebene generalistische Ausbildung in der Pflege an. Lina Hagemeier gehört zu den ersten Generalisten-Absolventinnen. „Unsere Schüler haben damit bei uns die Möglichkeit, für sich herauszufinden, welcher Bereich in der Pflege sich nach dem erfolgreichen Abschluss für sie eignen könnte“, so Schulleiterin Kowe. Das könne eine Aufgabe in der Altenpflege einer Senioreneinrichtung sein oder im ambulanten Dienst oder in der Gesundheitspflege im Krankenhaus.

Gute Chancen auf einen Job nach der Ausbildung

In rund 2500 Praxisstunden in Klinikaufenthalten, in der Ambulanz, Pflegeheimen und Psychiatrien können sich die Schüler ausprobieren, so Kowe weiter. „Unsere Ausbilder haben uns immer motiviert, den Pflegeberuf wertzuschätzen und Freude dabei zu haben“, erinnert sich Lina Hagemeier. Eine wichtige Rolle in den Kursen habe die sogenannte „ethische Fallbesprechung“ eingenommen. „Hier haben wir in Rollenspielen geübt, wie wir respektvoll und empathisch mit unseren Patienten und zu Betreuenden umgehen, die zum Beispiel Demenz haben oder im Sterben liegen“, so Hagemeier. Anschließend habe man sich in der Kursgruppe bewertet. „In meiner Ausbildungsstation im Altenheim habe ich das übrigens vermisst.“

Die Chancen von Lina Hagemeier und Uzoukwu Miriam Chinwendu, im Anschluss an ihre Ausbildung einen Job in der Pflegebranche im Raum Bonn zu bekommen, stehen gut. Laut Schulleiterin Marion Kowe haben die allermeisten mit ihrem Abschluss sogar bereits eine feste Anstellung. Die 25-jährige Lina Hagemeier möchte allerdings erst noch ein aufbauendes Studium anschließen. Uzoukwu Miriam Chinwendu hat in rund drei Monaten ihre Abschlussprüfung. Die Mutter von zwei Kindern plant danach noch eine Fortbildung in Wundpflege zu absolvieren, bevor sie auf Berufssuche geht. Sie kann sich sogar vorstellen, irgendwann wieder nach Nigeria zurückzugehen, um dort vor allen Dingen den Frauen in ihrem Heimatland zu helfen.

Pflege-Ausbildung in Bonn-Dransdorf

Der Bonner Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe in Bonn-Dransdorf bietet Anwärtern dreijährige generalistische Ausbildungen zur Pflegefachfrau/-mann sowie staatlich anerkannte einjährige Abschlüsse als Pflegefachassistent/in an. Die aktuell rund 350 Schülerinnen und Schüler werden von rund 40 Pflegepädagogen und Fachlehrkräften unterrichtet. Ein Hauptschulabschluss ist ebenfalls im Angebot. Für Auszubildende ist die Schule kostenlos. Die Pflegeschule bietet mit ihrer Bildungskette insbesondere Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund die Chance auf eine folgende Ausbildung. Dabei stehen am Anfang Integrations- und pflegespezifische Sprachkurse, um die Anwärter auf die Pflege-Ausbildung vorzubereiten und „so dem Fachkräftemangel zu begegnen“, wie die Dransdorfer Ausbildungseinrichtung herausstellt.