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Nach dem Kuscheln ging alles schiefAnklage wegen Vergewaltigung und Körperverletzung

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Der Eingang des Bonner Landgerichts.

Bonn/ Bornheim – Beide hatten sie eine große Sehnsucht nach Nähe, wohl auch heimliche Vorstellungen von ihrer Sexualität. Beide aber waren sie offenbar unerfahren; weiter als zu Händchen halten und Kuscheln hatten sie sich noch nicht vorgewagt.

Als sich das junge Paar, dass sich im Internet auf einer Partnersuche-App entdeckt hatte, am 5. Dezember 2021 zu einem ersten Treffen verabredet hat, ging etwas fundamental schief: Denn nach dem einmaligen „Rendezvous“ hat das 14-jährige Mädchen den 19-Jährigen angezeigt. Vor einer Jugendkammer des Bonner Landgerichts muss sich der Heranwachsende jetzt wegen Vergewaltigung und Körperverletzung verantworten. Und versteht seitdem die Welt nicht mehr.

Zwei unterschiedliche Versionen der Geschichte

An dem Tag, so erzählt der 19-Jährige seine Geschichte zum Prozessauftakt, habe er sie am Bahnhof Roisdorf abgeholt: „Ich fand die sehr nett, sie mich auch.“ Zunächst seien sie spazieren gegangen, dann zu ihr nach Hause, wo er sich artig bei ihrer Mutter vorgestellt habe. Dann verschwand das Paar in ihrem Mädchenzimmer, wo sie zunächst – beide seien sie sehr schüchtern gewesen – eine Stunde lang einen Vampirfilm im Fernsehen angeschaut hätten; dabei sei es zu Knutschereien und kleinen Annäherungen gekommen. Dann hätten sie sich auch beide ausgezogen – und vorbereitet.

Aber als das Mädchen sich auf ihn gelegt habe, habe er Angst vor seiner eigenen Courage bekommen. „Ich mochte nicht mehr“, erzählte der Angeklagte, der bis dahin mit keiner Frau Sex gehabt habe. So habe er sie gebeten, wieder runterzugehen. „Aber sie wollte das nicht akzeptieren.“ Da habe er sie zur Seite geschoben. „Aber sie konnte das nicht verstehen, ich wollte unbedingt nach Hause“ Dann habe sie gesagt: „Du wirst schon sehen, was Du davon hast.“

Die 14-Jährige jedoch schildert die verunglückte Begegnung genau anders herum: Laut Anklage habe sie nach „einvernehmlichen Küssen“ nicht mehr gewollt und deutlich Nein gesagt. Da soll der Angeklagte ihr in Hals und Nase gebissen, sie ins Gesicht geschlagen und auch gewürgt haben. Da sie Angst vor weiteren Schlägen gehabt habe, habe sie es zugelassen, dass er sie auszieht und den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzieht.

Angeklagter hat eine Entwicklungsstörung

Der Angeklagte, der wegen einer Entwicklungsstörung in einer betreuten Wohngruppe lebt, machte mit seiner schlichten Sprache und seinem gutmütig naiven, eher zurückhaltenden Auftritt eher den Eindruck eines Zehnjährigen: Stolz erzählte der Förderschüler dem Gericht, dass sein Traumberuf Fußballtrainer sei. Tatsächlich soll der Angeklagte seit seinem dritten Lebensjahr gekickt haben und in seiner Mannschaft die Position der „Zehn“ innehaben.

Am nächsten Prozesstag wird die Kammer die mittlerweile 15-jährige Zeugin hören – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.