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Junge TalenteWeihnachtstheater-Labor im Mosaik Kulturhaus Meckenheim

Lesezeit 5 Minuten
Ein Junge steht rechts vor einem

Casting zum ersten Weihnachtstheater-Labor in der Geschichte des Mosaik-Kulturhauses, mit Jugendamtsleiterin Anna Sitner (links) und Roman Antoniuk, Projektleiter und Mitarbeiter des Mosaik-Kulturhauses.

Zu dem Casting für das Weihnachtstheater-Labor in waren ukrainische und deutsche Kinder gekommen und zeigten dort ihr Können.

Es ist ein winterlicher Freitagabend und bereits dunkel; im Meckenheimer Mosaik-Kulturhaus brennt allerdings noch Licht. Dort scheinen tatsächlich kurz Schwalben zu fliegen. Nur wo? Die kleinen Flugkünstler segeln stromlinienförmig unter der hohen Decke des Veranstaltungsraumes entlang. Ein zartes Stimmchen hat sie herbeigerufen, das der achtjährigen Taisia gehört.

In schnellem Rhythmus, der an den hastigen Flügelschlag der Vögel erinnert, singt das Mädchen ein traditionelles ukrainisches Neujahrslied, das im englischsprachigen Raum auch als Weihnachtslied „Carol of the Bells“ bekannt ist – nur mit einem anderen Text. In seiner klassischen Form basiert das Stück jedoch auf einem sehr alten Volkslied, genannt „Shchedryk“, was so viel wie „reicher Abend“ bedeutet. Es wird traditionell bei der Feier des sogenannten „Alten Neujahr“ am Abend des 13. Januars gesungen und es erzählt die Geschichte einer Schwalbe, die im Frühling zu einer Bauernfamilie fliegt und ihr ein reiches Jahr prophezeit: „Eine kleine Schwalbe fliegt und fing an zu zwitschern, um den Herrn herbeizurufen …“

Und so singt das musikalische Mädchen ohne Stimmtonverlust in ihrer klangvollen Muttersprache darüber, wie wunderbar alles ist, wie die Schafe Lämmer gebären, die Vorratskammern voll sind und wie wunderschön die Frau des Hauses ist, mit ihren schwarzen Augenbrauen. Sie habe das Lied von ihrer Familie gelernt, erzählt Taisia nach einigen für sie aufregenden Minuten beim Casting, zu dem ukrainische und deutsche Kinder gekommen waren. Es wurde vorgesungen und es wurden Texte vorgetragen.

Neues Projekt im Kulturhaus zwischen den Jahren

Die wohlwollende Jury bestand aus Sozialarbeiter Roman Antoniuk, Projektleiter und Mitarbeiter des Mosaik-Kulturhauses, seiner Chefin Anna Sitner, Leiterin des Meckenheimer Jugendamtes, und einer weiteren Kollegin. Das Team spricht Deutsch und Englisch, Ukrainisch und Russisch. Anlass war ein völlig neues Projekt: Ein „Weihnachtstheater-Labor“ für alle Meckenheimer Kinder und Jugendlichen, das zwischen den Jahren im Kulturhaus stattfindet.

Bei dieser Veranstaltung sollen junge Talente aus der gesamten Stadt zusammenkommen und zeigen, was sie können; es wird gesungen, Theater gespielt und auch musiziert. Oder vielleicht doch lieber nicht? Regisseur Roman Antoniuk raufte sich die Haare und überlegte. Am Ende des Castings war der 35-Jährige, der vor 20 Jahren aus Russland nach Deutschland kam, zumindest von der Idee, nun auch noch Instrumente in das Theaterlabor miteinzubeziehen, etwas abgerückt.

Engagiert gab er Tipps und half, Schüchternheit zu überwinden. Die jungen Akteure bestärkte er darin, ihre Gedichte frei zu erzählen. „Schau nach oben und stell dir vor, die Lampen sind Vögel und du sprichst zu den Vögeln“, riet er etwa der achtjährigen Polina, die ein ukrainisches Kindergedicht aufsagte. Und siehe da, durch den zur Decke gelenkten Blick wurde die Haltung des Kindes gleich viel gelöster und die Befangenheit verschwand, weil es niemandem mehr in die Augen blicken musste.

Lieber Theater-Labor als mit dem neuen Handy spielen

Dem 15-jährigen Jan wiederum hielt Antoniuk seine geöffneten Handflächen entgegen und forderte ihn auf, dagegen zu boxen, um damit seine Gefühle herauszuholen. Der sportliche Schüler trug ein schnelles Gedicht vor. Beim Weihnachtslabor wolle er mitmachen, um sich zu beweisen, dass er außer Sport und Schule noch etwas anderes kann, sagte er: „Ich möchte etwas Neues ausprobieren und Theater spielen.“

Der elfjährige Kiril wiederum präsentierte ein ukrainisches Traditional, das von der Stärke des ukrainischen Volkes handelt. Er kennt Antoniuk aus dem Offenen Treff des Mosaiks und von der Halloween-Party dort. Nach dem Grund seiner Teilnahme am Weihnachtstheater-Labor gefragt antwortete der Schüler: „Ich möchte in meinen Ferien etwas anderes machen, als mit meinem neuen Handy spielen, dadurch mache ich nur meine Augen kaputt.“

Die Teilnehmer sollen dank des Projektes miteinander in Kontakt treten können

Mit dem Angebot des Weihnachtstheater-Labors sollen die Kinder zwischen den Jahren eine interessante Beschäftigung bekommen, erklärte Roman Antoniuk, der seit anderthalb Jahren im Mosaik arbeitet. Sein Schwerpunkt sind Theater und Kulturveranstaltungen. Jugendamtsleiterin Anna Sitner freut sich, mit ihren Fachkräften das Theaterprojekt ermöglichen zu können, bei dem die Teilnehmer miteinander in Kontakt kommen. Das Weihnachtstheater-Labor sei ein Integrationsprojekt, das zeige, „dass Kunst und Kultur eine eigene Sprache haben, ohne religiösen, nationalen oder politischen Hintergrund“. Theater sei eine Kunst, die verbinde, und darüber hinaus Musik, Tanz, Gesang und Literatur zusammenbringe.

Regisseur Antoniuk wird sich über die in Deutschland üblichen Feiertage überlegen, welche Rolle jedes Kind bekommen soll, dann werden Dekoration und Kostüme gemeinsam zusammengestellt. Der Theaterprofi betrachtet dabei jedes Kind als Seite eines Buches, das noch zusammengefügt werden soll: „Die Frage ist: Wie kann ich alle Blätter zu einem schönen Buch binden, lesbar und attraktiv.“ Dass das keine einfache Aufgabe ist, wurde schon während des Castings deutlich, denn jeder Teilnehmer ist anders: „Jedes Blatt hat seine eigene Textur: Einige sind vielleicht Buchseiten, andere eignen sich für Origami – und diese Faltblätter werden dann auch eingebaut!“

Mosik-Kulturhaus als wichtige Institution in Meckenheim

Das Interessante an der Arbeit mit Kindern liegt für Anna Sitner ebenso darin, deren vielfältige Fähigkeiten auszubilden und zusammenzubringen. Für die Pädagogin aus Leidenschaft ist alles möglich: „Jeder kann etwas beisteuern, wichtig sind Freude und Begeisterung.“ Entscheidend seien der Wille und ein Begleiter, „der zeigt, spricht, an die Hand nimmt, motiviert und mitkommt“. Auf diesem Weg sei das Mosaik-Kulturhaus eine wichtige Institution für die Kinder und Jugendlichen in Meckenheim.

Das multikulturelle Projekt wird voraussichtlich in zwei Sprachen geführt, das sind Deutsch und Ukrainisch. Die von Antoniuk an die Teilnehmer ausgeteilten Texte sind international und sollen dadurch viele Menschen ansprechen. Die Proben beginnen am 27. Dezember; am Nachmittag des 6. Januars ist eine öffentliche Vorstellung geplant, deren Inhalt mehrere kurze Geschichten sein werden, die auf berühmten literarischen Werken basieren. Sitner: „Das Ergebnis ist bis jetzt offen, aber das ist ja gerade das Schöne.“