Es geht um weit mehr als nur eine schöne Optik: Die Kommission des Kreiswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ ist wieder unterwegs. Jetzt stellten sich Lüftelberg und Altendorf-Ersdorf vor.
KreiswettbewerbIm Vier-Minuten-Takt durch die Dörfer
Nach exakt vier Minuten bimmelte die Glocke erbarmungslos. So viel Zeit blieb jeweils, um einen der Anlaufpunkte im Meckenheimer Ortsteil Altendorf-Ersdorf vorzustellen. Und das waren nicht gerade wenige. Bürger und Vereine wollten gerne ihr Engagement für den Doppelort dokumentieren, wollten zeigen, dass es großen Zusammenhalt im Ort gibt, trotz des Streits im Vorfeld. Da hatten sich der Ortsausschuss und Simone Düllmann-Peckert noch in den Haaren, weil Peckert den Ort im Alleingang beim Wettbewerb angemeldet hatte. Davon war am Donnerstag nichts mehr zu spüren.
Pünktlich am Nachmittag fuhr „Der flotte Kaldauer“, das weiße Büschen der Kommission, an der Burg Altendorf vor, wo bereits Kaffee und Kuchen, Apfelspezialitäten und Sitzgelegenheiten warteten. Die 53 Frauen starke kfd Ersdorf-Altendorf hatte dort alles gastfreundlich vorbereitet, vor der Burg spielten unter Sonnenschirmen Kinder mit ihren drei Tagesmüttern. Initiatorin Düllmann-Peckert hieß die 15-köpfige Kommission um die Vorsitzende Renate Becker-Steinhauer (CDU-Kreistagsfraktion) auf dem Burgplatz willkommen – und hielt ihre Begrüßung in Reimform.
Begrüßung in Reimform
Eine Kostprobe: „Wir haben fast 20 Vereine im Dorf und hoffentlich bald auch noch mehr. Unsere tanzenden Männer haben wirklich die allerschönsten Beine und kommen immer hochglanzglitzernd daher. Die Kita, sie platzt zurzeit aus allen Nähten, drum planen wir fleißig den Neubau und telefonieren dazu auf wirklich allen heißen Drähten.“ Dieter Ohm, Vorsitzender des Vereins „Meckenheimer Stadtmuseum und Kulturforum“, nutzte die Gelegenheit, das kleine Museum in der Burg Altendorf vorzustellen.
Viel Zeit blieb naturgemäß nicht, die Gruppe musste weiter zum Hof von Anselm Kalff. Der Hausherr hatte mit Fotos die Flutsituation 2021 dokumentiert, die an der Rheinbacher Straße erhebliche Schäden angerichtet hatte. Das sei so ein „einschneidendes Erlebnis“ gewesen, sagte Kalff, dass die Anwohner ein Hochwasserschutzkonzept für sich entwickelt hätten. Sie haben Schutzvorrichtungen installiert. Alarmgeber Josef Kessel informiert die Nachbarschaft, wenn das Wasser eine bestimmte Höhe erreicht.
Die türkisfarbenen Shirts der Karnevalsfründe Al-Ersch leuchteten schon von Weitem. Vorsitzende Uschi Braun berichtete von der Vereins- und Jugendarbeit, aber auch von Flutschäden, die mittlerweile behoben seien. „Die Straße war komplett weggerissen. Wir hatten hier das neue Freibad von Altendorf.“ Davor ist das neue Baugebiet Viethenkreuz eher gefeit. 400 Bewerber gab es für die 44 Grundstücke, die mit schicken, meist weißen Häusern bebaut sind. Viele junge Familien wohnen hier. Der neue Spielplatz, informierte Dieter Brinkhaus, Vorsitzender des Ortsausschusses, werde in Kürze eröffnet.Die Kommission musste mit dem Bus durchfahren, sonst wäre der Zeitplan nicht zu halten gewesen.
Am Spielplatz vorbeigefahren
Die straffe Vorgabe erlaubte es nicht, am Spielplatz in Ersdorf Halt zu machen und sich den umstrittenen „Basketballkorb“ mal aus der Nähe anzuschauen. Auch die Sportjugend, die sich eigens auf dem Sportplatz eingefunden hatte, sah die Kommission nur aus der Ferne. Gestoppt wurde an der Kita St. Jakobus, die dringend erweitert werden müsse, und an der Katholischen Grundschule. Die Kommission erfuhr Näheres über das Projekt Teilstandort der Katholischen Grundschule Meckenheim, das vor zehn Jahren den Erhalt der Dorfschule gesichert hat, nachdem die Schülerzahlen zu gering waren. Lehrer Gerd Engel machte auch noch deutlich, dass durchaus Interesse am Gelände zwischen Schulgebäude und Friedhof bestehe, das eigentlich als neuer Dorfplatz im Gespräch ist.
Das Glöckchen rief zur letzten Station, dem Schützenhaus der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Ersdorf-Altendorf. Gerade finden dort die Schießtage für jedermann statt, erklärte Brudermeister Hendrik Beer und führte die Gruppe durch die Räume. Noch immer laufen hier Trockengeräte, denn auch das Vereinshaus hatte von der Flut ordentlich etwas abbekommen. In Eigenarbeit haben es sich die Schützen wieder aufgebaut.
Die Kommission zog sich mit gut halbstündiger Verspätung zur Beratung in den Bus zurück, während Dieter Brinkhaus und Simone Düllmann-Peckert Bilanz zogen: „Wir sind viel gelaufen, wir haben viel gesehen und haben uns gut verkauft.“ Und ganz gleich, ob ein Preis dabei herauskomme, die Teilnahme habe der Gemeinschaft im Ort jetzt schon gutgetan. Die Jury ließ sich natürlich nicht in die Karten schauen, sie will das Ergebnis am 8. November bekanntgeben.
Punktlandung in Lüftelberg
Eine Punktlandung haben die Lüftelberger am Donnerstagmittag hingelegt, die sich zum ersten Mal am Dörferwettbewerb beteiligten: „Wir sind bei Glockenschlag 11.30 Uhr gestartet und mit dem letzten gesprochenen Wort um 13 Uhr ertönte der Stundenschlag aus dem Kirchturm“, fasste es Ortsvorsteher Daniel Südhof zusammen. „Die Kommission hat sich die ganze Zeit über offen und interessiert gezeigt. In den 90 Minuten ist kein einziges ,Loch' entstanden, da wir auch die Wege zwischen den Punkten stets mit erklärenden Beiträgen gefüllt haben“, so Südhof. Ein mobiler Lautsprecher half, dass alle in der fast 40-köpfigen Gruppe die Informationen gut verstehen konnten.
Treibende Kraft bei der Lüftelberger Bewerbung war Norbert Gierenz. Er ist als stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Lüftelberger Dorfgemeinschaft“ im Dorf kein Unbekannter. Zusammen mit dem Vereinsvorsitzenden Daniel Südhof und dem restlichen Vorstand entschloss man sich, das Thema anzugehen. Dazu wurde jeder Haushalt mittels Flyern informiert und zur Teilnahme eingeladen.
„Ein erster Austausch erfolgte im Sommer im Rahmen des Dorfklatsches. Kurze Zeit später fand dann das erste Planungstreffen statt. Zu unserer positiven Überraschung kamen 20 Personen zusammen. Zudem stellten wir erfreut fest, dass aus jedem Verein und jeder Gruppe des Dorfes jemand dabei war“, erklärte Gierenz die Vorgeschichte nicht ohne Stolz. „Ab dem Treffen haben wir uns dann alle 14 Tage getroffen, unsere Ideen besprochen und ein Konzept für die Begehung erarbeitet“, schilderte Südhof das weitere Vorgehen. „Schlussendlich haben wir in zwei Probedurchläufen überprüft, ob unser Zeitkonzept aufgeht und wir all unsere Themen in die zur Verfügung stehenden 90 Minuten integrieren können.“
Bausteine für die Zukunft
Weil der Ort über keine großen Gewerbebetriebe oder andere zukunftsträchtige Einrichtungen verfügt, haben die Lüftelberger ein ganz eigenes Konzept der Dorfzukunft entworfen und in der Begehung mit der Bewertungskommission dargestellt. Südhof: „Der Ort hat viele kulturhistorische Bauwerke zu bieten und viel Geschichte. Diese zu bewahren und aufzuarbeiten, um sie so der Nachwelt weiterhin zugänglich zu machen, ist ein Teil der Lüftelberger Zukunft.“ Aber auch das geplante Neubaugebiet „Rücklage Kottenforststraße“ sowie der Neubau des Feuerwehrgerätehauses stellen wichtige Bausteine für die Zukunft dar.
Was die Dorfgemeinschaft ausmache, sei ihr Zusammenhalt: „Nicht selten hilft ein Verein dem anderen, und am Ende wird gemeinsam gefeiert und Brauchtumspflege betrieben“, fasste es Südhof zusammen. Eins sei auch für die Lüftelberger schon jetzt klar: „Die Teilnahme hat das Dorf, die handelnden Personen, Gruppen und Vereine nochmals deutlich näher zusammenrücken lassen und einen großartigen Austausch ermöglicht.“ Auch Bürgermeister Holger Jung lobte nach der Begehung in seinem Schlusswort das Engagement im Dorf.
Zum 24. Mal findet der Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ im Rhein-Sieg-Kreis statt. Der Wettbewerb verfolgt das Ziel, das Gemeinschaftsleben mit seinen vielfältigen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Bereichen sowie Eigenverantwortung für die Gestaltung des Lebensumfeldes zu fördern. Einzigartige dörfliche Strukturen sollen erhalten, Perspektiven und Ideen zur Weiterentwicklung von Dorf und Region umgesetzt werden. Daneben sollen Natur und Umwelt geschützt und gestärkt werden. All diese Ziele werden gleichzeitig als Bewertungskriterien herangezogen. Als Preisgelder werden vom Rhein-Sieg-Kreis insgesamt 15 000 Euro ausgelobt.