Mehr als 250 Menschen kamen am Abend zu einer Friedenskundgebung der Rheinbacher Partnerschaft des Friedens auf den Himmeroder Wall. Aus Bucha, dem Ort in der Ukraine, der traurige Berühmtheit wegen der Greueltaten an der Zivilbevölkerung erlangte, haben Helfer ein Friedenslicht mit nach Meckenheim gebracht.
Ein Jahr Krieg in der UkraineFriedenslichter leuchten im Rhein-Sieg-Kreis
„Ich bin ihrer Stadt sehr dankbar!“
Mehr als 250 Menschen aus Rheinbach und dem Umland, darunter auch etwa ein Dutzend Kriegsflüchtlinge, zeigten am Freitagabend bei einem Flashmob auf dem Himmeroder Wall Solidarität mit dem Menschen in der Ukraine. Altbürgermeister Stefan Raetz zeigte sich als Vorsitzender der Partnerschaft des Friedens und Initiator erfreut über die Resonanz. Auch ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges halte das ukrainische Volk an seinem Traum vom Frieden im eigenen Land und in Europa fest. Das Kalkül von Wladimir Putin gehe nicht auf.
Bürgermeister Ludger Banken appellierte, trotz der schlimmen Nachrichten nicht in Gleichgültigkeit und Mutlosigkeit zu verfallen. Schülerinnen des Städtischen Gymnasiums drückten ihre Solidarität mit einem Tanz aus. „Wir stehen zusammen“ war dessen Botschaft. Bewegt hörten die Teilnehmer der Schilderung einer ukrainischen Krankenschwester, die in Rheinbach eine Bleibe gefunden hat. Sie berichtete von der Bombardierung ihrer Heimatstadt Mariupol im Februar und März 2022, von der Sorge um Angehörige, von Massakern und Toten. Sie dankte für die Aufnahme in Rheinbach: „Ich bin ihrer Stadt und den freundlichen Menschen sehr dankbar!“
Als er Anfang März 2022 zum ersten Mal in der Ukraine war, da habe er „ein Land, total im Kriegsmodus“ vorgefunden, erinnert sich Stefan Pohl. Der Unternehmer aus Meckenheim, der zuvor mit der Initiative „Meckenheim hilft“ Flutopfern beigestanden hatte, hatte sehr schnell reagiert, in seinem Warenlager Hilfsgüter gesammelt und Lkw organisiert und nur wenige Tage nach Kriegsbeginn den ersten Konvoi als Hilfstransport an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht.
„Die Hilfe wird dort wirklich gebraucht“, weiß Pohl, „aber es ist auch die moralische Unterstützung, die wichtig ist.“ Mittlerweile hat die private Initiative 20 Transporte absolviert, bei 14 war Pohl dabei. Viele Betroffene habe man besser kennengelernt. Schnell sei der Verein von Hilfslieferungen mit Kleidung abgerückt, hin zu Gerätschaften für den Zivilschutz. Gerade jetzt werde ein großer Transport von Feuerwehrtechnik vorbereitet: „Wir bringen die Feuerwehrfahrzeuge direkt nach Kiew, dort werden sie übernommen“, so Pohl.
Mittlerweile funktioniert ein Netzwerk. Im April sollen vier Feuerwehrautos auf die Reise gehen. Er fragt bei Kommunen an, ob sie ältere Fahrzeuge spenden können, spricht auch mit dem Europaminister. „Die Grenze ist kein Problem mehr“, sagt Pohl, der enge Kontakte zum State Emergency Service der Ukraine unterhält, ebenso zum Generalkonsulat der Ukraine.
Die Luftangriffe der Russen hätten aber viel geändert, das bedeute viel mehr Stress und Angst. Die deutschen Helfer verfügen über eine ukrainische Warn-App: „Dann hat man in der Regel 20 Minuten Zeit, sich in Sicherheit zu bringen“, erklärt Pohl. Ihr Hotel sei beispielsweise damit ausgerüstet. Während sich die deutschen Helfer nach einem Luftalarm schnurstracks in Bunker begeben, seien viele Ukrainer schon abgestumpft, kriegsmüde, sie blieben draußen.
Der junge Verein "Rheinbach hilft" fährt vornehmlich nach Charkiw
Alfred Eich, Vorsitzender des Vereins „Rheinbach hilft“, war seit Kriegsausbruch schon sechsmal in der Ukraine, um Hilfsgüter dorthin zu bringen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Die nächste Tour ist bereits in Planung. Die Transporte gehen nach Charkiw: in das dortige Krankenhaus, in Flüchtlingslager und die umliegenden Dörfer. Eich nennt sie die „vergessenen Dörfer“, denn hier komme fast niemand her.
Fahrten ins Kriegsgebiet seien „selbstverständlich furchteinflößend, aber die Dankbarkeit der Menschen ist das wert“, sagt Eich. Neben Sachspenden liefere „Rheinbach hilft“ auch Hoffnung, und das sei immer wieder aufs Neue ein überwältigendes Erlebnis. Alfred Eich ist hoch motiviert. Erst vergangene Woche Freitag ist er von einer Tour zurückgekommen. Auf die Frage, wie lange er das noch machen will, antwortet der 68-Jährige: „Solange der da oben mich lässt.“
Was momentan vor allem gebraucht werde, seien medizinische Produkte jeder Art und im weitesten Sinne, zum Beispiel Pflaster und Mullbinden. Aber auch Ultraschallgeräte hat Eich bereits transportiert. Sein Dank gilt Dr. Marc El-Sawaf, Kinderarzt aus Rheinbach, der medizinische Geräte spendet.
Benötigt werden aktuell außerdem Hygieneartikel wie Windeln oder Waschmittel, Bettwaren sowie Lebensmittel wie Nudeln und Reis. Gerne gesehen sei jetzt auch wieder Kleidung für Frühling und Sommer. Der nächste Transport wird Ende März stattfinden. Besonders dringend brauche der Verein aber Geldspenden, schließlich koste jeder Transport um die 5000 Euro.
Eich möchte trotz aller Belastung nichts von dem missen, was er seit Kriegsbeginn vor Jahresfrist in der Ukraine erlebt hat. Er habe so viele hilfsbereite Menschen kennengelernt, Freunde gewonnen und Verbindungen aufgebaut. Die Unterstützung von allen Seiten lasse auch nach zwölf Monaten nicht im Geringsten nach, betont Alfred Eich.
Bornheim betet für den Frieden
„Ein Jahr Krieg in der Ukraine ist ein Jahr Krieg zu viel“, sagte Diakon Adi Halbach beim Friedensgebet in der Roisdorfer Pfarrkirche St. Sebastian. Am Vorabend des Jahrestages des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte die Ökumene Bornheim dazu eingeladen. Pfarrer Dieter Katernberg und sein katholischer Kollege Diakon Halbach empfingen die Gäste an den beiden Eingängen der Kirche und überreichten Kerzen.
Die ukrainische Flagge lag auf einem Tisch vor dem Altar, darauf stand das Friedenslicht, an dem die Besucher ihre Kerzen anzündeten und dann auf den Altar stellten. „Es ist uns wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass wir den Krieg nicht einfach so hinnehmen“, erklärte Ewald Klein, warum er zu dem Gottesdienst gekommen war. Liesel Rentschler ist überzeugt: „Beten kann man nie genug.“ Sabine Heckels war aus Hemmerich nach Roisdorf gekommen. Es tue ihr gut, dass solche Friedensgebete jetzt wieder stattfinden. Gleich nach Kriegsbeginn hätte es viele solcher gemeinsamen Gebete für den Frieden gegeben. Im Laufe des Jahres seien sie jedoch seltener geworden. Dabei finde sie diese Anlaufstellen ganz wichtig.
„Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erfüllt viele Menschen mit Angst, Schecken, Verzweiflung und großer Sorge“, so Dieter Katernberg. Er sprach die Furcht der Ukrainer um Leib und Leben an und das unendliche Leid und den Tod der Menschen dort in den Städten und Dörfern. „Wir bringen unsere Ohnmacht und Angst vor Gott und bitten um Frieden“, sagte er.
Dezent untermalten Thomas Bremm und Thomas Kreutzer den Gottesdienst mit Klavier und Querflöte, abwechselnd sang der Gospelchor. Am Eingang hatten die Geistlichen den Besuchern auch Handzettel mit Gebets- und Liedtexten überreicht. Auf dem Deckblatt war ein Bild vom Kreuz der Apsis der evangelischen Kirche St. Paul in Odessa zu sehen. Im weiteren Verlauf des Friedensgebets erfuhren die Christen die Geschichte der Kirche und des Kreuzes: Wie die Geistlichen erklärten, war die Kirche 1937 von Stalin enteignet worden. 1965 sollte sie gesprengt werden. Eine Brandstiftung habe sie dann zur Ruine gemacht. Als mahnendes Zeichen habe sie jahrzehntelang in der Altstadt von Odessa gestanden, bis sie 2010 dank vieler Spender und Sponsoren renoviert, aufgebaut und wieder geweiht werden konnte – ein Symbol für Hoffnung.