Mit einem Brandbrief haben sich die 19 Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis, unterstützt vom Landrat, an Integrationsministerin Josefine Paul in Düsseldorf gewandt. Sie fordern Unterstützung bei der Unterbringung Geflüchteter mit schweren oder psychischen Erkrankungen.
Mangel an UnterbringungsmöglichkeitenBürgermeister aus dem Rhein-Sieg-Kreis fordern Unterstützung bei der Umsetzung der Flüchtlingshilfe
Der Strom der Flüchtlinge, die den Kommunen zugewiesen werden, reißt nicht ab. „Der Wohnungsmarkt ist erschöpft, wir finden keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr“, beschreibt der Meckenheimer Beigeordnete Hans Dieter Wirtz die Dramatik. Besonders schwierig werde es, wenn Flüchtlinge zugewiesen werden, die unter schweren oder psychischen Erkrankungen leiden und nicht in der Lage sind, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen – und die Stadt im Vorfeld nichts davon weiß. Die Lage ist so prekär, dass sich die 19 Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis und Landrat Sebastian Schuster jetzt mit einem Brandbrief an Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) gewandt haben. Wirtz nennt es „einen weiteren Hilferuf der Kommunen“.
„Hintergrund war die Soziadezernentenkonferenz im September“, skizziert Wirtz die Vorgeschichte. „Wir können uns nicht mehr retten vor lauter Zuweisungen“, sagt der Beigeordnete, und das gehe allen Kommunen so. Im vergangenen Monat sei es das Problem gewesen, dass jedwede Information gefehlt habe, dass Geflüchtete mit psychischen Problemen oder Handicaps in die Stadt kommen. Erst am Tag selbst habe man gesehen, dass Schutzsuchende medizinische Hilfe brauchten, oder auf einen Rollstuhl angewiesen sind. „Diese Menschen können wir nicht einfach unterbringen, sie brauchen besondere Betreuung.“
Hilfe im Alltag
Noch eklatanter werde es, wenn die Geflüchteten traumatisiert sind, und zwar so, dass sie ihrem Alltag nicht ohne Hilfe bewältigen können. Bis zu zehn Leute pro Jahr bedürften dieser besonderen Zuwendung. Das alles zu organisieren sei eine zusätzliche Belastung für die Verwaltung. „Wenn wir es im Vorfeld wissen, buchen wir eine Einrichtung“, sagt Wirtz, etwa betreutes Wohnen oder einen Platz im Pflegeheim. Auch die seien aber schon sehr schwer zu finden.
Ein Beispiel: Für einen Flüchtling mit Querschnittslähmung wurde ein Pflegeplatz in der Eifel gefunden. Dort habe er aber nicht bleiben wollen, kam zurück nach Meckenheim und werde jetzt von einem Pflegedienst betreut. Kernproblem ist, dass die speziellen Einzelbedarfe je nach Beeinträchtigung die ohnehin bereits angespannte Unterbringungssituation der Städte und Gemeinden zusätzlich belasten, wie es in der Sitzungsunterlage zur nächsten Sozialausschusssitzung in Meckenheim am 20. Oktober heißt. „Wir können die Menschen nicht mit sechs anderen Leuten in einer Wohnung unterbringen“, sagt Hans Dieter Wirtz. Und so werde die Stadt den Bedürfnissen der Menschen nicht gerecht. Wirtz: „Man muss doch auch das Einzelschicksal sehen.“
Land soll Einrichtung vorhalten
Außerdem habe die Stadt nur Personal für die allgemeinen Leistungen, keine Psychosozialbetreuer. „Wir haben hier mehr als 500 Personen in der Betreuung“, sagt Wirtz, „das ist für alle Kommunen ein Problem“. Aufnahmestelle wäre sinnvollUnd was wünschen sich die Kommunen, abgesehen von frühzeitiger Information? „Aus dem Kreis der Hauptverwaltungsbeamten des Rhein-Sieg-Kreises wurde unter anderem angeregt, hierfür spezialisierte Einrichtungen des Landes zur Aufnahme dieser Personen vorzuhalten“, heißt es dazu in der Sitzungsunterlage. Will sagen: Das Land soll die Betreuung besonders zuwendungsbedürftiger Geflüchteter selbst übernehmen und organisieren. Möglichst in einer zentralen, landeseigenen Aufnahmestelle.
Weit über dem Soll liegt laut Wirtz auch die Zahl unbegleiteter Jugendlicher, die in Meckenheim aufgenommen worden sind. Die Obergrenze habe mal bei neun gelegen, jetzt sind es 20 junge Leute. Für deren Betreuung gebe es einen Kooperationsvertrag mit Rheinbach.